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Jubiläumsfest in Altenau

Heimatbund Altenau: „Wir sind die Botschafter des Harzes“

Ein Foto aus den frühen 1950er Jahren mit Otto Türk (Geige), Albert Badstübener (Harzzither) und Friedhelm Bruns (Akkordeon). Foto: Privat

Ein Foto aus den frühen 1950er Jahren mit Otto Türk (Geige), Albert Badstübener (Harzzither) und Friedhelm Bruns (Akkordeon). Foto: Privat

Der 72-jährige Rüdiger Kail ist dem Heimatbund in Altenau bereits im Jahr 1959 beigetreten. Da war er neun Jahre alt. Nun steht der Vereinsvorsitzende vor einem besonderen Höhepunkt: Dem 90. Jahrestag der Gründung „seines“ Barkamtes Altenau/Oberharz.

Von Guido Berg Dienstag, 21.11.2023, 19:00 Uhr

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Altenau. Rüdiger Kail bereitete einen nahenden Höhepunkt vor: Am kommenden Samstag feiert das Barkamt Altenau/Oberharz im Heimatbund Oberharz sein 90-jähriges Bestehen. Im Kursaal des Kurgartenzentrums in Altenau werden über 100 geladene Gäste erwartet. Eingeleitet wird der Abend durch einen Festvortrag von Dr. Kai Gurski, der seine Promotion über den Heimatbund-Gründer Karl Reinecke-Altenau (1885-1943) schrieb.

Kail ist nicht nur Vorsitzender des Barkamtes Altenau, sondern auch des Heimatbundes Oberharz. Er ist also nicht nur „Geschworener“ – auf den Verein Eingeschworener – sondern auch Obergeschworener“; in der Oberharzer Mundart ausgesprochen: „Ewergeschwurener“, wie der 72-Jährige am Montag der GZ erklärt. Heimatbündler sei er „durch und durch“.

Rüdiger Kail: „Ich bin Volksmusikant!“

Bereits als Neunjähriger, im Jahr 1959, ist er dem Heimatbund beigetreten. „Wir waren eine sehr musikalische Familie.“ Dass im Heimatbund gesungen, getanzt und gejodelt wird, war ihm sehr recht. „Wer nicht singen konnte, ging zur Feuerwehr oder zum Fußball.“ Wobei das Fußballspielen auch bei ihm nicht zu kurz kam, denn die Jungs seiner Generation hätten noch Zeit gehabt. „Es gab ja noch kein Fernsehen.“

Rüdiger Kail. Foto: Berg

Rüdiger Kail. Foto: Berg

Dem Heimatbund ist Kail zeitlebens treu geblieben. Auch nach seiner Mopedzeit, als er als „Hilfsrocker“ auf die Beatles und die Rolling Stones stand, sei er zum Heimatbund zurückgekehrt. „Die Verlockungen waren groß, doch ich habe standgehalten“, sagt Kail lachend. Als er nach einer zwölfjährigen Zeit bei der Marine nach Altenau zurückkehrte, wurde er sogar gefragt, ob er nicht Politiker werden wolle. Seine ablehnende Antwort lautete: „Ich bin Volksmusikant!“

Gleichschaltung durch die Nazis

Dass die Gründung des Vereins durch 18 heimatverbundene Altenauer Bürger am 23. Mai 1933 ins Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten fiel, ist Kail zufolge eher ein Zufall: Die Bruchbergsänger, die die Basis des Vereins bildeten, habe es schon Jahre vorher gegeben. Zudem: Der maßgebliche Mitbegründer, Karl Reinecke-Altenau, unternahm nach 1933 erhebliche Anstrengungen, um den Heimatbund vor der Gleichschaltung der Nazis frei zu halten, wie Kai Gurski erst im September bei einem Vortrag in Altenau klarstellte. Letztlich ist es dem Maler und Oberharzer Heimatdichter nicht gelungen, so Gurski damals: „Er wurde kaltgestellt.“

Um so mehr sei es nach Kriegsende 1945 darum gegangen, „zu den Wurzeln zurückzukehren“, erläutert Kail. Die Protagonisten damals hätten den Heimatbund „von der Basis her“ neu aufgebaut. Kail: „Von da an hat es sich stark entwickelt.“ Der Begriff „Heimat“ ist für ihn und für die 350 Vereins-Mitglieder äußerst positiv besetzt. Die Heimat sei „ein wichtiges Fundament für die Identität der Menschen im Oberharz“.

Heimatbund heute: Gemeinsamkeit

Irgendwelche Fremdzuschreibungen, die den Heimatbund in der rechten Ecke verorten wollen, weist Kail scharf zurück. Insbesondere nach dem Wiederaufleben des Vereinslebens nach 1945 sei es vor allem darum gegangen, „dass man mit den Leuten gemeinsam etwas macht“. Den Fernseher gab es noch nicht. „Der Verein war das zweite Zuhause“, berichtet Kail.

Das Jodeln hat auch in Altenau eine lange Tradition.  Archivfoto: Privat

Das Jodeln hat auch in Altenau eine lange Tradition. Archivfoto: Privat

Stolz ist das Barkamt Altenau auf ihre erste Tonaufnahme, entstanden 1933 während der Funkausstellung in Berlin. Eine damals von der Firma Sennheiser hergestellte Schellackplatte mit den Aufnahmen dreier Lieder ist Kail zufolge heute noch im Besitz der Familie des verstorbenen Heimatbund-Urgesteins Friedhelm Bruns. Bis heute wurden drei weitere Schallplatten, drei Musikkassetten und zwei CD‘s durch das Barkamt Altenau produziert und erfolgreich vermarktet, berichtet Kail.

Kindergruppe besteht nur aus Mädchen

Nach der Zukunft gefragt, erzählt Kail zunächst froh, dass die Altenauer doch eine recht große Kindergruppe mit 14 Mitgliedern habe. Allerdings: „Es sind alles Mädels.“ Warum das so ist? Kail überlegt. „Es geht ums Singen, Jodeln und das Tragen von Trachten ...“ Vielleicht, dass die Jungs das nicht so mögen? Und es gebe ja noch immer, genauso wie in seiner Kindheit, den Wettbewerb mit dem Fußball und der Feuerwehr. Nur dass die Kinder heute viel weniger Zeit hätten und sehr viel mehr Möglichkeiten.

Kail geht dennoch davon aus, dass es auch in Zukunft Brauchtumsarbeit im Oberharz geben wird. Es könne sein, dass die fünf Barkämter des Heimatbundes eines Tages zusammengelegt werden. Doch klar sei, so Kail: „Wir sind die Botschafter des Harzes!“ Auch in Zukunft.

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