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Tagung in Goslar

Gesundheitskonferenz: Lücken in der Kinder- und Jugendmedizin

Gäste der Landkreis-Gesundheitskonferenz, darunter ist der Hauptredner Professor Dr. Thomas Klingebiel (vorn links), Experte für Kinder - und Jugendmedizin. Foto: Strache

Gäste der Landkreis-Gesundheitskonferenz, darunter ist der Hauptredner Professor Dr. Thomas Klingebiel (vorn links), Experte für Kinder - und Jugendmedizin. Foto: Strache

Bei der Gesundheitskonferenz des Landkreises Goslar berichtet der Kinder- und Jugendmediziner Dr. Thomas Klingebiel von Lücken und Problemen in der medizinischen Versorgung Heranwachsender. Die Folgen von Corona und Cannabis sind die Hauptthemen.

Von Oliver Stade Donnerstag, 09.11.2023, 06:00 Uhr

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Goslar. „Wir haben noch viel vor uns“, so fasste Professor Dr. Thomas Klingebiel, Experte für Kinder- und Jugendmedizin, die Situation in der medizinischen Versorgung Heranwachsender zusammen. Sein Vortrag bei der Gesundheitskonferenz des Landkreises Goslar glich einer großen Mängelliste.

Die Probleme würden bereits in der medizinischen Versorgung beginnen, Kinderärzte seien knapp, der Engpass drohe sogar noch dramatischer zu werden, weil viele Mediziner aus Altersgründen ausscheiden würden. In Kinderkliniken sehe die Situation ebenfalls besorgniserregend aus. Wegen des höheren Aufwands bei der Behandlung und der aufwendigeren Diagnostik und Versorgung seien diese schlechter finanziert als andere Kliniken. Auch Pflegepersonal fehle in Kinderkliniken. „Stellen können nicht besetzt werden, weil die Gehälter zu niedrig sind“, sagte Klingebiel.

Anteil junger Menschen in der Bevölkerung steigt wieder

Der Mangel in der Versorgung sei besonders augenfällig, weil der Anteil der 14 Millionen Kinder und Jugendlichen an der Bevölkerung bei immerhin 17 Prozent liege und deren Rechte in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben seien, sagte Klingebiel, langjähriger Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Uniklinikum in Frankfurt. Er wies darauf hin, dass der Anteil junger Menschen an der Bevölkerung sogar wieder steige.

Nach der Begrüßung durch Landrat Dr. Alexander Saipa eröffnete Klingebiel die Gesundheitskonferenz des Landkreises. Das mittlerweile 7.Forum dieser Art wurde diesmal ins Kreishaus verlegt. Nur rund 30 Besucher waren der Einladung gefolgt, bei früheren Terminen im Tagungszentrum „Achtermann“ wurden mitunter 300 Gäste gezählt.

Cannabis-Legalisierung problematisch

Klingebiels Mängelliste wurde länger und länger. Um die Lücken in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen aufzuzeigen, erinnerte er außerdem an Probleme bei der Versorgung kleiner Patienten mit Husten- und Fiebersäften sowie Penicillin während der Pandemie. Auf die Folgen schaute der Mediziner ausführlich und stellte fest, die Schließung von Kitas und Schulen sei aus heutiger Sicht „unverhältnismäßig“. Heimunterricht könne die Schule nicht ersetzen, sagte er. Studien würden eine auffällige Steigerung von Angstzuständen, Depressionen, Adipositas und Essstörungen belegen. „Viele Kinder und Jugendliche haben einen hohen Preis bezahlt“, sagte er.

Aus Sicht eines Kinder- und Jugendmediziners wie Klingebiel ist zudem die geplante Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung problematisch. Er befürchtet durch verstärkten Konsum Probleme in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen und blickt darüber hinaus sorgenvoll darauf, dass sich der Drogenhandel ähnlich wie in den Niederlanden bandenmäßig kriminalisieren könnte. Mit Blick auf Aussagen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte Thomas Klingebiel, es sei ihm schleierhaft, wie dieser meine, mit der Legalisierung etwas für den Jugendschutz zu tun.

In zwei Arbeitsgruppen befassten sich Teilnehmer der Landkreis-Konferenz hinterher mit den Corona-Folgen und der Cannabis-Legalisierung für Kinder und Jugendliche.

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