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NABU und Peta geben Tipps

Der Wolf vor den Toren Goslars: So verhalten Sie sich richtig

Ein Wolf wurde vorige Woche in der Nähe des Tierheims Goslar von einer Wildtierkamera fotografiert.

Ein Wolf wurde vorige Woche in der Nähe des Tierheims Goslar von einer Wildtierkamera fotografiert.

Der Wolf rückt immer näher Richtung Harzstädte. Doch ist das Tier wirklich so gefährlich für den Menschen? Wie können sie im Falle einer Begegnung handeln und wie sind Hunde und Weidetiere am Besten zu schützen? Die Antworten finden sie in diesem Artikel.

Mittwoch, 08.02.2023, 16:00 Uhr

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Goslar. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und regte mit fast 2700 Kommentaren auf Facebook heiße Diskussionen an: Am Goslarer Tierheim wurde von einer Wildtierkamera ein Wolf entdeckt. Durch die wachsende Verbreitung des Tieres werden auch die Menschenkontakte zunehmen, vermutet Lutz Renneberg, Vorsitzender der Jägerschaft Goslar.  Doch wie verhalten Sie sich am besten bei einer Wolfsbegegnung? Die Natur- und Tierschutzorganisationen Peta und NABU geben Tipps. 

 Ein alter Bekannter

Besonders bei Weidetierhalftern sorgt das Heranrücken des Raubtiers für Beunruhigung. Nach Angaben der NABU leben in Niedersachsen rund 36 Wolfsrudel und Paare, in Sachsen-Anhalt sind es um die 21 Rudel. Das stärkste Verbreitungsgebiet ist Brandenburg mit 56 Rudeln und Wolfspaaren. Lange Zeit galt der Wolf in Deutschland als ausgestorben. Die letzten Rudel wurden laut der Naturschutzorganisation NABU gegen 1850 im heutigen Brandenburg gesichtet. Mitte der 90er-Jahre wanderten immer mehr Tiere aus Polen in die östlichen Bundesländer ein. Doch durch die in der DDR noch existierende Jagd auf die Tiere, überlebten sie nicht. Mit der Wiedervereinigung wurde der Wolf in ganz Deutschland unter Naturschutz gestellt und so bildete im Jahre 2000 ein Wolfspäärchen aus Ostpolen den Anfang für das erneute Aufleben der Wolfsrudel in Deutschland.  Im November 2022 lebten dem offiziellen Monitoring des NABU zufolge 161 Rudel, 43 Paare und 21 sesshafte Einzeltiere in ganz Deutschland. Die Population ist in einem stetigen Wandel. 

Verhalten bei einer Wolfsbegegnung

Das wichtigste ist, die Ruhe zu bewahren, wenn Sie einem Wolf begegnen. In den meisten Fällen handelt es sich um interessierte und neugierige Jungtiere, ohne aggressive Absicht. Halten Sie genug Abstand, damit sich das Tier nicht bedrängt fühlt und die Chance hat, sich in Ruhe zurückzuziehen. Beobachten Sie den Wolf ruhig, ohne ihn direkt anzustarren, empfiehlt die Tierschutzorganisation Peta. Sollte er sich nicht wegbewegen, entfernen Sie sich langsam. Falls Sie sich bedroht fühlen, können Sie sich mit lauten Rufen und Händeklatschen bemerkbar machen. Weitere Möglichkeiten sind, mit der Jacke zu schwenken oder einen Regenschirm aufzuspannen. In der Regel haben die Wölfe Angst vor dem Menschen und ergreifen die Flucht. Wichtig ist, den Raubtieren nicht nachzulaufen, keine Jungtiere anzufassen, niemals die Tiere zu füttern und Abstand von Bauten oder Wurfhöhlen zu halten. Sind die Jungtiere alt genug, entfernen sie sich von ihrem Rudel. Durch die Abwanderung können sich immer mal wieder Tiere in Städten oder Dörfern aufhalten, doch meist ist ihr Aufenthalt nur von kurzer Dauer und die jungen Wölfe suchen schnell wieder Lebensräume mit genügend Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung, berichtet der NABU.  Gesunde Tiere, die nicht angefüttert oder provoziert werden, stellen also eigentlich keine Gefahr für den Menschen dar. 

Einen Wolf erkennen 

Ein Wolf zeichnet sich durch seinen hellen Schnauzenbereich, seine kleinen dreieckigen Ohren und einem dunklen Sattelfleck auf dem Rücken aus. Sein Bauchfell ist eher hellbraun, der Rücken etwas dunkler und schwarz durchsetzt. Ein weiteres Merkmal ist der fast immer herunterhängende Schwanz mit der dunklen Spitze. Im Winter tragen sie ein üppiges Winterfell, im Sommer wirken sie hochbeinig und mager. Die Pfotenspuren lassen sich nach Angaben des NABU nur schwer vom Hund unterscheiden. Doch das Gangbild des Wolfes zeigt, dass die Hinterpfote immer an die Stelle gesetzt wird, wo vorher die Vorderpfote war. Diese Fußung nennt man „Tritt-in-Tritt“. Ist dieses Pfotenmuster über eine längere Distanz zu finden, kann von einem Wolf ausgegangen werden. Füchse bewegen sich ebenfalls in diesem Muster, jedoch sind ihre Pfoten deutlich kleiner. Eine sichere Fährtenbeurteilung kann durch die vielen Ähnlichkeiten zwischen Hund und Wolf aber nur von Experten erfolgen. Zufällige Beobachtungen und Spurenfunde sind meist die ersten Anzeichen, dass sich ein Wolf  in der Region aufhält. 

Ein Abdruck einer Pfote eines Wolfes im Sand. Foto: Patrick Pleul, dpa

Ein Abdruck einer Pfote eines Wolfes im Sand. Foto: Patrick Pleul, dpa

Wenn Hund auf Wolf trifft

Die Peta empfhielt, Hunde in Waldnähe grundsätzlich anzuleinen. Solange ein Mensch in der Nähe ist, beobachten Wölfe die Haustiere eher interessiert aus der Ferne und sind so keine Gefahr für den Begleiter des Menschen. Trifft ein Hund allein auf eine Wolfsmutter mit ihren Welpen, wird er möglicherweise vertrieben oder angegriffen. Bleiben Sie also auf den vorgesehenen Wegen und locken Sie keine Wölfe an – sie sollen sich nicht an den Menschen gewöhnen. 

Wichtige Hinweise für Weidetierhalter

Huftiere wie Ziegen, Schafe, Pferde, Rinder oder Gehegewild sind laut NABU für den Wolf eine beliebte Nahrungsgrundlage. Doch in Deutschland halten sich die Angriffe von Wölfen auf die Tiere in Grenzen. Seit 2015 wurden laut den öffentlichen Risikostatistiken der Länder 24 Pferde getötet und elf verletzt (Stand 2021). Meist handelt es sich dabei um Fohlen, Ponys, alte oder kranke Tiere. Gustl Bock, der Nationalpark-Revierförster in Torfhaus, fand vor Kurzem drei Risse. Der letzte war ein getötetes Rotwildkalb Mitte Januar. Die Vorfälle fanden jedoch zu 80 Prozent auf wenig oder ungeschützten Weiden statt. 

„Der böse Wolf“ – mehr Fantasie als Realität

Über 100 Jahre lang galt der Wolf in Deutschland als ausgestorben. So entwickelte sich bei vielen Menschen eine Unsicherheit. Doch mittlerweile sind wieder knapp 130 Wolfsrudel in Deutschland bekannt und es wurden noch keine Angriffe auf Menschen dokumentiert. Auch die Angst vor Tollwut ist unbegründet, da Deutschland seit 2008 frei von terristischer Tollwut ist, berichtet die Peta. 

Ein Wolf, aufgenommen Anfang Oktober von der Fotofalle des Wernigeröder Jägers Dietrich Kramer südlich von Hasserode. Foto: Privat

Ein Wolf, aufgenommen Anfang Oktober von der Fotofalle des Wernigeröder Jägers Dietrich Kramer südlich von Hasserode. Foto: Privat

Der Wolfschutz als wichtige Maßnahme

Die Tierschutzorganisation PETA setzt sich aktiv dafür ein, dass die Wölfe ihren Schutzstatus behalten und nicht mehr getötet werden. Denn der edle Waldbewohner wird immer wieder illegal von Jägern erschossen. Sie behaupten, dass der Wolf gejagt werden müsse, da seine natürlichen Feinde in Deutschland fehlen. Diese These gilt aber als längst widerlegt. In Gegenden mit vielen Übergriffen auf Weidetiere dürfen seit 2019 die Wölfe erschossen werden, bis es keine Vorfälle mehr gibt.

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