Braunschweiger Museum zeigt ältesten Vogel Norddeutschlands

Das spektakuläre Fossil: Skelett- und Flügelteile sind gut zu erkennen. Kopf und Halswirbelsäule (oben links) sind abgetrennt. Foto: Mike Reich/Museum
Das spektakuläre Fossil wurde vor 50 Jahren am südlichen Harzrand gefunden. Im Frühjahr erwarb es das Naturhistorische Museum Braunschweig für seine Vogelsammlung. Nun beflügelt der es die Forschung und kann noch bis zum 27. November besichtigt werden.
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Er stammt gewissermaßen aus einem Land vor unserer Zeit, das allerdings auch Ausblicke auf die Zukunft erlaubt. Rund drei Millionen Jahre alt ist der älteste Vogel Niedersachsens. Die meiste Zeit ruhte er umschlossen von Karbongestein nahe dem heutigen Willershausen im Kreis Northeim.
Teil des Geoparks
Vor 50 Jahren wurde das gut erhaltene Fossil in einer früheren Tongrube entdeckt, die heute als „Fenster in die Erdgeschichte“ Teil des Geoparks Harz/Braunschweiger Land/Ostfalen ist. Es blieb in Privatbesitz, bis es das Naturhistorische Museum Braunschweig im Frühjahr für seine Vogelsammlung erwerben konnte, wie Direktor Dr. Mike Reich berichtet.
Vom 18. November an bis Sonntag, 27. November, wird der spektakuläre Ankauf nun erstmals im unlängst neu gestalteten Vogelsaal des Museums ausgestellt. „Das Besondere ist, dass das Skelett, einige Federn und Weichteile noch erhalten sind“, schwärmt Reich. Brustbein, Speiche und Elle, Teile des Körpers und der Flügel sind in das Gestein eingedrückt gut zu erkennen – ebenso wie die Halswirbelsäule, die vom Rest des Körpers abgetrennt ist.
Für die Wissenschaft gehe es nun darum, den bislang unbeschriebenen Singvogel näher zu bestimmen, sagt Reich. Klar ist: Er war zierlich, ungefähr von Meisengröße, Flügelspannweite circa 20 Zentimer. So zwitscherte er durch die Spätzeit des Pliozäns, einer warmzeitlichen Phase der Erdgeschichte, die bis etwa 2,6 Millionen Jahre vor unserer Zeit währte und durch das Eiszeitalter (Pleistozän) abgelöst wurde. Vor rund 12.000 Jahren setzte dann unsere erdgeschichtliche Gegenwart, das Holozän, ein.
Natur ähnlich wie heute
Zu Lebzeiten des Vogels habe die Durchschnittstemperatur etwa 2 bis 3 Grad über der heutigen gelegen, erläutert Reich. Anstelle Willershausens gab es einen See, um den auch Säbelzahnkatzen und große Rüsseltiere strichen. Ansonsten seien Flora und Fauna – etwa 400 Tier- und Pflanzenarten wurden bereits bestimmt – der heutigen nicht so unähnlich gewesen, meint Reich. Vor allem aber könnten der Pliozänvogel, aber auch andere Willershäuser Insekten- und Pflanzenfunde Rückschlüsse darauf erlauben, wie sich unsere Flora und Fauna künftig entwickeln werden.
Als Urvogel kann man das Willershäuser Vögelchen allerdings nicht bezeichnen. Als solcher gilt der rund 150 Millionen Jahre alte Archäopteryx, dessen Fossile bei Solnhofen in der Fränkischen Alb entdeckt wurden. Einige Millionen Jahre zuvor habe sich bei einigen Saurier-Reptilien ein Federkleid entwickelt, zunächst wohl, um die Körpertemperatur zu stabilisieren, dann auch um Weibchen zu imponieren, erklärt Reich. Auf diese Weise bildete sich ganz allmählich die Welt der Vögel heraus.
Einen Archäopteryx will Reich im Februar in Braunschweig zeigen, als Leihgabe aus Solnhofen. Umgekehrt werde auch der älteste Vogel Niedersachsens immer mal wieder auf Reisen gehen, um der Forschung international zu dienen.
Das neue Vogelfossil ist bis 27. November Di.-So. 9-17, Mi. 9-19 Uhr zu sehen.
Von Florian Arnold, Funke-Mediengruppe