Bäcker: „Hoffe auf Entlastung durch die Landesregierung“

Das Backen verbraucht viel Energie. Das verdeutlicht Bäcker Fritz Raffert in einem Pressegespräch. Zugleich ist es beim Verkauf von Dingen des täglichen Verzehrs schwierig den Preis anzuheben, da die Kunden preissensibel reagieren. Foto: Jambrek
Der Seesener Bäcker Fritz Raffert spricht über die Auswirkungen der Energiekrise auf sein Unternehmen. Neben der Backstube und Filiale in der Sehusastadt, bietet Raffert seine Waren auch im nur wenige Kilometer davon entfernten Hahausen an.
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Seesen/Hahausen. Nach wie vor ist die Energiekrise für Unternehmen und Privatmenschen ein wichtiges Thema – trotz Gas- und Strompreisbremse. Die Bäckerei Raffert mit Backstube in Seesen und je einer Filiale in Seesen und Hahausen bildet da keine Ausnahme: „Wir verbrauchen im Jahr etwa 120.000 Kilowattstunden Gas und eben so viel Strom“, schildert der 65-jährige Bäcker Fritz Raffert im GZ-Gespräch. Die Energiekosten seien erheblich gestiegen, aktuell hätten sich die Preise für ihn verdreifacht, zudem habe er inzwischen nur noch eine sehr kurze Vertragslaufzeit von einem Monat, sodass eine vernünftige Kalkulation kaum möglich sei, da die Preise sich sehr schnell wieder verändern könnten.
Rafferts Backofen in der Seesener Backstube läuft mit Gas – die Backfläche beträgt imposante zehn Quadratmeter. Der Verbrauch des Backofens sei mit fünf Einfamilienhäusern vergleichbar. Zugleich brauche er auch viel Strom, etwa für Kühlschränke, Gärunterbrecher oder Ähnliches.
Sortiment wird angepasst
Allerdings ist es, laut Raffert, sehr schwierig, die gestiegenen Preise bei Waren des täglichen Bedarfs an die Kundschaft weiterzugeben. Eine Verdreifachung der Preise der Backwaren sei nicht umsetzbar, da dann der Abverkauf entschieden zurückgehe. Noch wichtiger als sonst sei es, permanent sein Sortiment dahin gehend zu hinterfragen, welche Produkte gut laufen und welche das nicht tun. Generell laufen günstigere Produkte heute deutlich besser als teurere. Brot und Brötchen würden weiterhin guten Absatz finden. Nichtsdestotrotz habe er in der aktuellen Lage seinen eigenen Unternehmerlohn kürzen müssen.

Mit seinen Filialen in Seesen (auf dem Foto zu sehen) und Hahausen versorgt Bäcker Raffert den Nordharz mit frischen Backwaren. Foto: Jambrek
Bäcker Raffert ist bereits in vierter Generation tätig und beschäftigt neun Mitarbeiter. 1990 übernahm Fritz Raffert das Unternehmen von seinem Vater Heinrich Raffert. Beschäftigte mit einem Stellenumfang von dreieinhalb Stellen arbeiten in der Backstube. Sie fangen um 1.30 Uhr nachts ihre Schicht in der Seesener Kampstraße 45 an. Dort backen sie die verschiedenen Teige, wie den Sauerteig, im Laufe der Nacht, damit am nächsten Morgen die Regale voll sind. Bei Handwerksbäckern bekommen die Teige eine lange Reifezeit, was sich in Geschmack und Haltbarkeit auszahle. Auch eine bessere Verträglichkeit bei Reizdarm-Patienten wird den Backwaren von Handwerksbäckern in Studien regelmäßig nachgesagt. Raffert betont den Vorteil der kurzen Wege, die er in seinem Betrieb habe. Die beiden Filialen seien nur acht Kilometer voneinander entfernt, die Backstube direkt an die Seesener Filiale angegliedert. Nur wenige Hundert Meter entfernt von der Backstube wohnt Raffert derzeit auch. Früher einmal sei er Hahäuser gewesen, erzählt er im Gespräch.
Ausdünnung der Bäckereien
Anders sehe die Lage bei großen Filialen mit Backwaren im Supermarkt aus – hier würden die Waren allein beim letzten Verteilungsschritt oft über rund 200 Kilometer Entfernung transportiert. Und in Backöfen in Läden aufgebacken, die regelrechte Energiefresser seien, da sie viel Strom verbrauchen würden.
Generell habe sich das Geschäft für Bäcker zuletzt stark verändert. Im Landkreis Gandersheim, wo seine Backstube ehemals von der Verwaltung her zugehörig gewesen sei, habe es in den 1950er-Jahren etwa noch 158, oft sehr kleine Bäckereien gegeben. Seither gehe es bergab, heute seien es nur noch acht, da eine starke Ausdünnung stattgefunden habe.
Für seinen Berufsstand engagiert sich Raffert heute als Vorsitzender Obermeister der Bäcker-Innung Goslar-Salzgitter, zu der momentan 22 Betriebe gehören. Die Faszination fürs Backen und seinen Beruf möchte Raffert aktiv weitergeben: „Für mich ist das Backen eine sehr sinnvolle Arbeit, gerade wenn ich immer öfter sehe, wie müde und erschöpft etwa Krankenschwestern nach ihrer Nachtschicht bei uns zum einkaufen kommen“. Zwar hätte er in einer anderen Branche vielleicht ein paar Euro mehr verdienen können, aber garantiert nicht mit einer gleich schönen Tätigkeit.
Höhere Rohstoffpreise
Raffert treiben neben der Energiekrise auch gestiegene Rohstoffkosten um: „Mit Rohstoffen wird leider sehr viel spekuliert“, beklagt Raffert. Das merke er nicht nur als Bäcker, sondern auch als Inhaber des Nah&Gut in Hahausen. Gut sei, dass ein Teil der überzogenen Forderungen von Einkaufsverbünden wie Bäko und Edeka zurückgewiesen werden könne.
Sein Mehl beziehe er regional, etwa von der Getreidemühle Erich Sack in Langelsheim und verkaufe beispielsweise auch Eier aus Bad Gandersheim. Auch bei den Rohstoffen habe es für ihn beim regionalen Einkauf eine Weile eine Art „Spotmarkt“ gegeben, sodass Preise sich beim Bezug von Waren täglich verändert hätten.
Raffert hofft, dass die Proteste der Bäcker im Herbst vergangenen Jahres bei der Landesregierung angekommen sind und es zu einer finanziellen Entlastung komme. Seinem Eindruck zufolge habe Ministerpräsident Stephan Weil immer ein offenes Ohr für die Bäcker gehabt. Eine Entlastung, die im Laufe des Jahres kommen dürfte, habe er auch bereits für seine Backwaren eingepreist.