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Landesverband tagt

Archivare: Goslar ist ein guter Ort zum Lernen

Ulrich Albers (r.). Foto: GZ-Archiv

Ulrich Albers (r.). Foto: GZ-Archiv

Rund 120 Archivare aus Niedersachsen und Bremen wollen mit ihren Einrichtungen raus aus dem Nischendasein und ihr Tun offensiver präsentieren. Der Landesverband tagt am neuen Stadtarchiv-Standort im Kulturmarktplatz in Goslar.

Von Frank Heine Dienstag, 16.04.2024, 13:00 Uhr

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Goslar. Wie schaffen es die Archive in Niedersachsen und Bremen, ihr Tun und ihre Bedeutung offensiver zu präsentieren? Und wie gelingt es mit strategischer Weitsicht, am Ende auch die eigene Position zu verbessern – sprich mehr Geld und Personal herauszuschlagen? Nicht unbedingt deshalb, weil das Goslarer Archiv beispielhaft stets einen langen Kampf mit seinen Stadtvorderen geführt hat – und teils auch immer noch führt, sondern weil es auch stolze 625 Jahre alt wird und im November seinen Geburtstag feiert, tagt der Landesverband noch bis heute am neuen Stadtarchiv-Standort im Kulturmarktplatz.

Fast genau 40 Jahre ist es her, dass der Vorläuferverband seine Visitenkarte in Goslar abgegeben hat. Ein für 2010 angestrebtes Treffen scheiterte an einem just zu diesem Zeitpunkt besonders ungünstigen Klima fürs Archiv, was mit einer seinerzeit maximal klammen Goslarer Kassenlage zu tun hatte. Die Verwaltungsspitze sortierte die Arbeit des Stadtgedächtnisses schlankweg an geltenden Archivgesetzen vorbei nach zehn Prozent Pflicht und 90 Prozent zu vernachlässigender Kür ein – kann man ja erst einmal versuchen.

Die Goslarer Sicht

Erster Stadtrat Klaus Germer habe damals erklärt, er sehe dieses Gesetz anders. Vieles, was in den Tiefen seiner Schatzkammer schlummerte, habe kurzerhand das Prädikat „eher musealer Charakter“ verpasst bekommen, erinnerte sich gestern Goslars Archivleiter Ulrich Albers zum Start der Tagung. Er gab einen flotten Überblick über die Historie seiner Einrichtung, die zeigte, wie für Platz- und Personalprobleme Lösungen gefunden wurden, bei denen nicht unbedingt brillante Kompetenz oder räumliche Eignung im Vordergrund stand. Ein Beispiel: Der Huldigungssaal wurde nur deshalb für Urkunden und Akten freigegeben, weil er unheizbar war und die Ratsleute selbst es lieber warm und bequem als historisch und hübsch hatten.

Albers und Marleen Mützlaff – als dessen erklärte Verbündete in Archivfragen und städtische Kulturchefin – begrüßten gestern rund 120 Teilnehmer im schicken Kulturmarktplatz, der mit seinen einzelnen Sälen eigentlich zu klein für solche Tagungen ist, aber die Wege kurz hält und im Erdgeschoss trotzdem Platz für zehn Aussteller lässt. Mützlaff erläuterte verschiedene neue Goslarer Kultur-Formate und kündigte für den Herbst ein kulturelles Bildungskonzept für Goslar an, das mit verschiedenen Akteuren erstellt werde und die Stadt als Ganzes in den Blick nehme.

Was versprechen sich die Gäste von Goslar? Neben einer „wunderschönen Stadt“ und einem „tollen Tagungsort“ suchen sie Antworten auf die Frage, wie sie effektiv aus ihrem Nischendasein herauskämen, erklärte die Verbandschefin Dr. Julia Kahleyß. Sie begrüßte mit Dr.Sabine Graf die Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs und frühere Goslarer Geschichtspreisträgerin unter den Gästen.

Keine Patentrezepte

Ratschläge zum Verhandeln mit dem eigenen Träger hatte Dr. Peter Quadflieg mitgebracht. Der Chef des Stadtarchivs in Wiesbaden hatte zwar keine Patentrezepte mitgebracht und ist insofern selbst in einer glänzenden Ausgangsposition, weil der eigene Dezernent Historiker ist und seine Promotion auf Arbeit im Archiv fußte. Aber trotzdem helfe es, in einem durchaus komplexen Prozess die eigenen Bedarfe klar zu priorisieren und Konzepte unter Chancen-Gesichtspunkten zu verkaufen, statt in einem Jammer- oder Abwehrmodus zu verfallen. Unter dem Strich heißt das wohl: Eine klare Gegenüber-Analyse und ein selbstbewusstes Eigenmarketing sind nie verkehrt.

Wo Niedersachsen und Bremer von Goslar lernen können, führte ihnen Thomas Jürgens vor Augen. Als Archivbeschäftigter und Vorstandsmitglied im längst unverzichtbaren Förderverein „pro Stadtarchiv“ kennt er beide Seiten nur zu gut. Aus einer Initiative entstanden und im Februar 2007 von 17 Goslarern als Verein gegründet, ist er mit Geld und Man-Power stets ein starker Verbündeter, der in der Stadt auch auf Stimmungen Einfluss nehmen kann.

Heinz Schallock, Christa Sauthoff und Jörg Zellmer heißen die drei bisherigen Spitzen, der aktuell rund 190 Mitglieder zählenden Organisation.

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