750 weitere Flüchtlinge erwartet: Landkreis sucht Unterkünfte

Sommer 2016: Auf dem Gelände des Integrationszentrums in Goslar an der Clausthaler Straße spielen Kinder. Archivfoto: Epping
Weil mit weiteren Flüchtlingen gerechnet wird, muss der Landkreis Goslar sich bis zum Sommer auf 750 zusätzliche Menschen einstellen. Sie stammen aus unterschiedlichen Ländern. Um sie unterzubringen, will der Kreis zentrale Anlaufstellen schaffen.
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Goslar. Erste Gespräche laufen bereits: Weil der Landkreis Goslar bis zum Sommer zusätzlich 750 Geflüchtete aufnehmen muss, sucht er eine oder mehrere zentrale Aufnahmestellen. Die Menschen sollen vermutlich für drei bis vier Wochen zentral untergebracht werden, bevor der Umzug in eine Wohnung ansteht.
Zwar kommen weiterhin Ukrainerinnen mit Kindern in den Landkreis, aber sie nutzen meist persönliche Kontakte, um eine Wohnung zu finden. Bei den 750 Menschen, die demnächst erwartet werden und die zunächst zentral untergebracht werden sollen, handelt es sich um Geflüchtete aus mehreren Ländern und Kontinenten und „derzeit fast ausschließlich um allein reisende junge Männer“, wie es in einer Verwaltungsvorlage für die politischen Gremien des Kreistags in Goslar heißt.
Aktuell verhandelt der Landkreis mit Inhabern leer stehender Hotels und einem ehemaligen Mutter-Kind-Heim in Altenau, das überwiegend Mütter mit ihrem Nachwuchs aufnehmen soll. Eine Pension in Hahnenklee, die derzeit bereits für Geflüchtete genutzt wird, soll weiterhin bereitstehen.
Aktuelle Verteilquoten
Dass der Landkreis weitere Flüchtlinge unterbringen muss, ist seit längerer Zeit bekannt, bereits im Oktober 2022 berichtete die Verwaltung über neue Verteilquoten des Landes und nannte die Zahl 1257. Weil die Region bisher aber mehr Flüchtlinge aufgenommen hat, als sie müsste, bleibt eine „Aufnahmeverpflichtung“ von 750 Menschen, wie es in einer Beschlussvorlage für die Kreistagssitzung am Montag heißt.
Das Thema steht auf der Sitzung des Gremiums: Der Kreistag soll Gespräche der Verwaltung erlauben, um zentrale Unterkünfte anzumieten. Der nicht öffentlich tagende Kreisausschuss, der in dieser Woche zusammenkam, hatte keine Einwände und gab eine einstimmige Empfehlung ab.
Das Thema birgt dennoch Konfliktpotenzial: Wie am Dienstag berichtet, formuliert Bad Sachsas Bürgermeister Daniel Quade (FDP) grundlegende Bedenken. Sein Ort beherberge bereits 300 Geflüchtete und müsse 500 weitere aufnehmen. Quade meint, die touristisch geprägte Kommune würde das nicht verkraften, die Einwohner dürften nicht „überstrapaziert“ werden. Aus anderen Kommunen sind Proteste bekannt. In Nordwestmecklenburg demonstrierten Ende Januar mehr als 100 Menschen am Rande einer Kreistagssitzung gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft.
Nicht ausgelastet
In Goslar gab es von Februar 2016 bis zum Herbst 2017 eine Flüchtlingsunterkunft, die im Februar 2016 in der Clausthaler Straße als Integrationszentrum eröffnet wurde und überwiegend Syrer unterbrachte. Weil der Zuzug der Menschen früher als erwartet nachließ, wurde das Haus mehrere Monate früher als geplant geschlossen und war zuvor nicht immer ausgelastet. Trotz des Entgegenkommens der Vermieter finanzierte die öffentliche Hand einen längeren Leerstand.
Die Kostenfrage
Ob dem Landkreis durch die Unterkünfte, über die derzeit verhandelt wird, Mehrkosten entstehen, ist unklar. Aufwendungen durch Mietzahlungen werden durch eine „Kostenabgeltungspauschale“ gedeckt, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Diese werde voraussichtlich ausreichen. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält der Landkreis pro Asylbewerber eine jährliche Pauschale von 11.871 Euro. Weiter erklärt die Verwaltung: „Ein Haushaltsrisiko besteht für den Fall, dass angemietete Objekte ungenügend ausgelastet sind und Vorhaltekosten auslösen, denen keine Kostenerstattungen gegenüberstehen.“ Unwägbar für den Landkreis ist, ob er tatsächlich mit 750 Menschen rechnen kann. Pressesprecher Maximilian Strache sagt: „Unklar ist, ob das so kommt.“ Derzeit würden pro Woche etwa elf Menschen zugewiesen.
Der Landkreis Goslar richtet sich darauf ein, dass die Geflüchteten sich vergleichsweise lange in den Sammelunterkünften aufhalten. Für allein reisende Männer und Familien sei es schwer, Vermieter zu finden.
Derweil berichtet Andreas Memmert, Bürgermeister der Gemeinde Schladen-Werla, angesichts zunehmender Debatten um die Aufnahme von Flüchtlingen mit Freude von gelungener Integration. Acht oder neun Kinder aus geflüchteten Familien würden die Kinderfeuerwehr verstärken. Und ein Kleingartenverein habe von seinem Landesverband einen Preis erhalten, der die Integration von Migranten würdigt. In ihren Gärten würden sie „beliebte Gemüsesorten“ anbauen, „die man hier nicht kaufen kann“, wie Bürgermeister Memmert sagt.
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