17. Dezember: Robby und die Liebe zur Weihnachtszeit

Auch Rasenroboter sind nur Menschen... und können sich mal verlaufen. Symbolfoto: Pixabay/Distelrath
In der GZ-Adventsserie „Weihnachten mit Herz“ schreiben Leser Geschichten, die Freude machen, nachdenklich sind und Hoffnung geben. Diesmal erzählt Heinz-Dieter Brandt eine turbulente Geschichte über Freud und Leid mit Robotern im Garten.
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Othfresen. Es klingelt. Juchzend steht mein Nachbar vor der Tür: „Robby ist …“ – und schon schneide ich ihm das Wort ab. Sein Robby ist schließlich nicht mein Robby. Und mein Robby ist in die Coronapause gegangen, nach der Quarantäne. Hat hier kurz vorbeigeschaut, wirkte etwas planlos, eigentlich schon grenzenlos und kam in die Reha.
Der gehört zur Familie
Ich bin zwar nicht übermäßig stolz auf ihn, aber seinen Namen darf man nicht missbrauchen. Seitdem meine Frau diesen Rasenroboter angeschafft hat (angeblich als Arbeitsentlastung, in Wirklichkeit aber zur Untergrabung meines Männlichkeitsgefühls), gehört er zur Familie – bekanntlich ist Blut dicker als Wasser.
Das Aberwitzige ist: Mein Nachbar hat sich von seinem (meinem Turborasenmäher weit unterlegenen) Motorrasenmäher ebenfalls abgewandt und, nachdem er meinen Robby gesehen hat, sich auch einen schwachsinnigen Algorithmus abdudelnden Automaten gekauft, sich davorgesetzt und stolz beobachtet, wie der zwar im Garten wie deppert rumrennt, aber jede Strecke zehnmal laufen muss, bevor er vom Rasen nur einen knappen Zentimeter abgesäbelt hat.
Die lieben Nachbarn
Meine Warnungen hatte er in den Wind geschlagen. Eine Woche nach seinem Spaßkauf war sein Robby weg. Verschwunden! Kann ja vorkommen: Der Automat wollte sich eine Pause verdienen, hat sich seitwärts in die Büsche geschlagen, vermisste eine intensivere Betreuung durch seinen „Herrn“, hat vergessen, dass er den Strom holen muss – denkt vielleicht, dass man ihm den löffelweise bringt – und, und, und. Jedenfalls war er weg.
Nachbarschaft ist Nachbarschaft. Ich möge ihm bitte suchen helfen. Also habe ich den Grill angeworfen, Bier kaltgestellt, seinen Namen gerufen. Er kam nicht. Wir haben dann erst mal das Allernotwendigste am Grill erledigt: Fleisch gebraten, kalte Getränke genossen und gingen dann erneut zu den üblichen Lockrufen über. Er kam aber nicht.
Also mussten wir selber in die Büsche und alles absuchen, jeden Busch umkrempeln, teilweise den Boden ausheben. Sein Robby (für mich die Nummer 2 – ich nenne ihn mal kurz so und nur ausnahmsweise) blieb verschwunden. Drei Stunden später wussten wir: „Robby 2“ wurde geklaut.
Damit war diese Aufgabe erledigt, und wir konnten uns der Hauptaufgabe widmen: einer Flasche feinsten irischen Whiskeys. Natürlich haben wir trotzdem „Robby 2“ noch liebenswerte Grüße nachgesandt.
Ein Whisk(e)y in Ehren
Mein Nachbar stellte Strafanzeige, benachrichtigte die Versicherung, bekam das Geld erstattet und war heilfroh, aus der Sache rausgekommen zu sein. So dachte ich jedenfalls. Er aber hatte nichts begriffen: Zwei Wochen später dudelte ein neuer Automat – „Robby 3“ – durch seinen Garten. Und nur eine Woche später war auch „Robby 3“ verschwunden!
Weinerlich beschwerte sich nun mein Nachbar über die Dreistigkeit der Diebe, die keinen Respekt mehr zeigen würden. Keinen Respekt vor fremden Gärten und erst recht keinen Respekt vor fremden, in seinen Augen „hochintelligenten“ Maschinen. Ich war nicht ganz so traurig – und das mit Recht. Ich hatte mich auch nicht getäuscht: Es folgte die gleiche Prozedur wie vor zwei Wochen – nur diesmal schlossen wir den Tag mit schottischem Whisky ab. Alles andere wie gehabt, und die Suche blieb wieder erfolglos.
Es wurde November. Die Gärten wurden winterfest gemacht. Am 1. Advent stand mein Nachbar plötzlich vor der Tür – freudestrahlend und juchzend. Noch ahnte ich Böses, denn er wollte mir das Ergebnis seiner Überlegungen mitteilen: Zu Weihnachten soll Robby Nummer 4 unter dem Tannenbaum liegen.
Auf Grund gefahren
Doch mitnichten: „Hey, stell dir vor!“, schreit er das ganze Haus zusammen, „ich habe beide Robbys wiedergefunden! Ja! Ich hatte den Teich gestern abgelassen … und da lagen sie, friedlich und liebevoll vereint auf dem Grund des Teiches.“ – Nun erzähl‘ mir einer, dass nicht auch Maschinen füreinander Gefühle entwickeln können.