Millionen-Einnahmen aus Offshore-Wind für Wilhelmshaven?
Ein geändertes Steuerrecht könnte Wilhelmshaven im kommenden Jahr rund 36 Millionen Euro zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen bescheren. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Welche Stadt wünscht sich in Zeiten klammer Kassen nicht sprudelnde Steuereinnahmen? Wilhelmshaven könnte ab 2026 eine hohe Millionensumme zusätzlich einnehmen – eine Rechtsänderung macht es möglich.
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Wilhelmshaven. Die finanzschwache Stadt Wilhelmshaven kann für 2026 unerwartet mit zusätzlichen Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe rechnen. Möglich werden soll das durch eine geränderte Erhebung der Gewerbesteuer von Offshore-Windparks vor der Küste Niedersachsens. Die Landesregierung plant, dass von kommendem Jahr an Wilhelmshaven die Gewerbesteuer für sämtliche Windparks auf See erheben soll. Eine entsprechende Verordnung ist nun in Abstimmung.
Allein kommendes Jahr sollen sich diese Steuereinnahmen auf rund 110 Millionen Euro belaufen. Ein Großteil dieses Steueraufkommens soll laut der rot-grünen Landesregierung in der Jadestadt bleiben – aber auch andere niedersächsischen Kommunen sollen von der neuen Rechtslage profitieren.
Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos) freut sich über die zusätzlichen Steuereinnahmen. „Das viele Geld, das nach diesen Plänen für Wilhelmshaven abfallen soll, wird allerdings keine neuen Vorhaben in der Stadt ermöglichen“, sagt der Rathauschef der Deutschen Presse-Agentur. „Ganz im Gegenteil: Wir benötigen diese Gelder dringend zur Reduzierung der Defizite, die strukturell in unserem Haushalt bestehen.“
Warum es eine Neuregelung gibt
Hintergrund der Änderung ist ein Rechtsstreit um die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von „gemeindefreien Gebieten“. Das trifft vor allem auf Offshore-Windkraftanlagen in der Deutschen Bucht zu, die zwar zum Land Niedersachsen gehören, aber keiner einzelnen Gemeinde zugeordnet sind.
Bislang hatte das Land über eine Verordnung die Gewerbesteuer für diese Gebiete erhoben und zu einem Großteil für sich eingenommen. Gegen diese Praxis war die Stadt Oldenburg gerichtlich vorgegangen, denn eine Betreibergesellschaft für einen Offshore-Windpark in der Nordsee hat in der Stadt ihren Sitz.

Die Gewerbesteuer von Windparks auf See soll in Niedersachsen künftig von Wilhelmshaven aus erhoben werden. (Archivbild) Foto: Sina Schuldt/dpa
Der Bundesfinanzhof in München entschied im Dezember 2024 zugunsten der Stadt und hob in einem Revisionsverfahren ein vorangegangenes Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen auf: Da die Gewerbesteuer eine kommunale Einnahme sei, dürfe ein Bundesland nicht als hebeberechtigte Gemeinde handeln und selbst die Gewerbesteuer erheben, lautete das Urteil. Vielmehr müssen eine oder mehrere Kommunen benannt werden, die die Gewerbesteuer erheben dürfen. Das Land entschied sich nun für Wilhelmshaven.
Die Landesregierung argumentiert: Hätte Niedersachsen verzichtet, eine hebeberechtigte Kommune zu benennen, dann kämen die Kommunen zum Zuge, in denen die Windpark-Betreibergesellschaften ihren Sitz haben. Diese befinden sich laut Finanzministerium überwiegend nicht in Niedersachsen – wo genau ist wegen des Steuergeheimnisses nicht bekannt.
Wie viel Geld nun nach Wilhelmshaven fließt
Im kommenden Jahr soll Wilhelmshaven so durch die Neuregelung etwa 110 Millionen Euro einnehmen, rechnet das Finanzministerium vor. Dadurch steige die Steuerkraft der Jadestadt so stark, dass kaum noch Schlüsselzuweisungen vom Land nötig seien, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage mit.
Allerdings fließt nicht das gesamte Steueraufkommen nach Wilhelmshaven. Für 2026 sieht eine Modellrechnung so aus: Über den kommunalen Finanzausgleich sollen rund 65 Millionen Euro auf andere niedersächsische Kommunen umverteilt werden. Das Land erhält über eine Umlage neun Millionen Euro. Für Wilhelmshavens Stadthaushalt könnten etwa 36 Millionen Euro bleiben.
Warum die Wahl auf Wilhelmshaven fällt
Aber warum fällt die Wahl der Landesregierung auf Wilhelmshaven und nicht auf eine andere Stadt zum Beispiel an der Küste wie Emden oder Cuxhaven? Finanzminister Gerald Heere (Grüne) teilte mit, die niedersächsischen Kommunen würden durch diese Änderung doppelt profitieren. „Zum einen würde Wilhelmshaven einen erheblichen Teil der Mehreinnahmen in den kommunalen Finanzausgleich geben. Zum anderen würde die bisher eher finanzschwache Stadt zukünftig keine Zuweisungen mehr aus den Steuereinnahmen der anderen Gemeinden erhalten.“
Das Finanzministerium nennt auf Anfrage weitere Gründe, die für die Stadt sprächen. Wilhelmshaven sei ein Standort von Netzverknüpfungspunkten und Umspannwerken, um Offshore-Windenergie ins Stromnetz einzuspeisen, heißt es. Außerdem stelle der Hafen einen „relevanten Anlandepunkt“ für den Strom aus Windparks dar. „Damit nimmt die Stadt eine wichtige Funktion im Rahmen der Energiewende und des Netzausbaus in Deutschland ein.“
Außerdem spreche der „Wirkmechanismus“ des kommunalen Finanzausgleichs für Wilhelmshaven. „Die beschriebene Umverteilungswirkung im kommunalen Finanzausgleich ist bei der Stadt Wilhelmshaven anhand von Modellberechnung auf der Basis des kommunalen Finanzausgleichs 2025 am größten“, teilt das Finanzministerium weiter mit. Gelder aus dem kommunalen Finanzausgleich, die künftig bei der Stadt Wilhelmshaven eingespart werden, sollen auf andere Kommunen im Land umverteilt werden – welche Kommunen genau davon profitieren werden, ist noch nicht bekannt.