Samuel Kochs Unfall wird vor Gericht neu verhandelt

Das Bundessozialgericht hat den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen. Foto: Andreas Arnold/dpa
Samuel Koch kämpft seit Jahren um die Anerkennung seines Sturzes bei „Wetten, dass..?“ als Arbeitsunfall. Warum das Gericht jetzt eine neue Wendung ins Spiel bringt und was das für ihn bedeutet.
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Kassel. Er habe „gemischte Gefühle“, sagte Samuel Koch nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Der 2. Senat hatte zuvor verkündet, dass das Verfahren um die Anerkennung von Kochs Unfall bei der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“ vor knapp 15 Jahren als Arbeitsunfall neu aufgerollt werden muss. Das BSG hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Fall zurück an das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Er habe sich eine Entscheidung gewünscht, um Klarheit zu bekommen, „egal in welche Richtung“, sagte Koch. „Jetzt geht es halt noch weiter. Und es ist natürlich nicht schön, so in der Vergangenheit Kamellen aufzuwühlen.“
Das BSG bestätigte zwar die Entscheidung der Vorinstanzen, dass kein Versicherungsschutz als Beschäftigter oder „Wie-Beschäftigter“ und auch nicht im Ehrenamt bestehe. Weder habe die Sendung des ZDF vorrangig Gemeinwohlzwecken gedient noch habe der Kläger fremdnützig gehandelt. Auch sei Koch nach den tatsächlichen Verhältnissen im Einklang mit seinem Mitwirkendenvertrag freier Mitarbeiter und kein Beschäftigter gewesen. Aber nach Ansicht des Gerichts kommt der Versicherungsschutz als nicht versicherter Unternehmer in Betracht.
Landessozialgericht muss Frage des Schadensanspruchs klären
Mangels ausreichender Feststellung des Landessozialgerichts könne der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Unfall in der Sendung ein Arbeitsunfall ist oder wie ein solcher zu behandeln ist, erklärte die Vorsitzende Richterin Elke Roos. Es lasse sich nicht ausschließen, dass Koch als Unternehmer seines Wett-Teams wie ein Versicherter zu behandeln ist, weil der Unfall von einem Mitglied seines Wett-Teams (mit-)verursacht worden ist.

Vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg muss das Verfahren nun neu aufgerollt werden. Foto: Andreas Arnold/dpa
Nicht versicherte Unternehmer würden wie Versicherte behandelt, wenn sie durch andere im Betrieb tätige Personen einen Unfall erleiden - es sei denn, die Ersatzpflicht des Schädigers sei bereits zivilrechtlich ausgeschlossen, erläuterte Roos. Dass Koch ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch zum Beispiel gegen seinen Vater als Fahrer des Unfallfahrzeugs zusteht, sei auf der Grundlage der Feststellung des Landessozialgerichts weder ausgeschlossen noch abschließend beurteilbar. Hierzu werde das Landessozialgericht die nötigen Feststellungen nachzuholen haben.
In Livesendung schwer gestürzt
Koch hatte in der Fernsehshow „Wetten, dass..?“ gewettet, mit Sprungstiefeln im Vorwärtssalto nacheinander fünf ihm entgegen fahrende Pkw zunehmender Größe überwinden zu können. In der Livesendung am 4. Dezember 2010 stürzte der damals 23-Jährige bei dem Salto über das vierte Fahrzeug, das von seinem Vater gesteuert wurde. Dabei zog er sich eine Querschnittslähmung zu.
Der 37-Jährige kämpft seit 2020 um eine Anerkennung als Arbeitsunfall. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft lehnte einen entsprechenden Antrag ab. Koch klagte dagegen erfolglos vor dem Sozialgericht Mannheim. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wies die Berufung zurück.

Bei den Vorinstanzen war Koch mit seiner Klage gescheitert. (Archivbild) Foto: picture alliance / dpa
Koch berichtete vor dem BSG, er habe in den ersten zwei Jahren nach dem Unfall „rein ums physische Überleben gekämpft“. Bis zur Corona-Pandemie habe er sich finanziell „ganz gut über Wasser halten“ können. Dass er für alle pflegerischen Kosten selbst habe aufkommen müssen, habe er naiv hingenommen. Schließlich habe er einen Fehler gemacht und sei selbst schuld gewesen. Dafür sollten nicht „irgendwelche Gebührenzahler“ aufkommen müssen. Ihm sei auch schnell klar gewesen, dass er wieder arbeiten wolle.
Weniger Einnahmen durch Corona-Pandemie
Im Zuge der Corona-Pandemie habe es aber keine Jobs mehr gegeben. Sein wirtschaftliches Einkommen sei hauptsächlich gespeist gewesen aus öffentlichen Auftritten im Fernsehen. Zunehmend hätten Familie und Freunde finanziell einspringen müssen. Damals habe er in einer Reha-Klinik seinen Anwalt kennengelernt, der ihm dazu geraten habe, die Anerkennung eines Arbeitsunfalls zu beantragen.
Kochs Anwalt Oliver Negele bezeichnete die Entscheidung des BSG als Teilerfolg. Er rechne sich nun gute Chancen aus, „dass das Landessozialgericht dann unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts auch zum von uns angestrebten Ergebnis kommt, sprich der Anerkennung als Arbeitsunfall“.
Koch kämpft auch für andere Betroffene
Er versuche, es weiter so zu betrachten, „dass es für die Menschen ist, die mich am Leben halten und mich pflegen, dass die mal endlich anständig bezahlt werden und nicht so unter aller Sau“, sagte Koch mit Blick auf den nun andauernden Rechtsstreit. „Und für meine Familie, die mit viel Arbeitseinsatz und viel Geld auch versucht, mich am Leben zu halten und für die vielen, vielen anderen Menschen. Für die Menschen, bei denen auch diese Fälle nicht geklärt sind und wo die Familien und die Angehörigen, die Eltern, die Kinder, die Geschwister kämpfen, dass die Versorgung gesichert werden kann.“