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80 Jahre Kriegsende

Sprengung der Muna im Schimmerwald: Zeitzeugen teilen Erinnerungen

Zeitzeuge Günter Kasties aus Bad Harzburg war 1945 neun Jahre alt und berichtet den Anwesenden von seinen Erlebnissen.

Zeitzeuge Günter Kasties aus Bad Harzburg war 1945 neun Jahre alt und berichtet den Anwesenden von seinen Erlebnissen. Foto: Privat

Vor 80 Jahren endet im Nordharz der Zweite Weltkrieg – verbunden war das mit einer gewaltigen Explosion: der Sprengung der Muna im Schimmerwald. An die Ereignisse von 1945 erinnerte der Heimatverein mit einer Veranstaltung. Die Resonanz war groß.

Von Redaktion Dienstag, 15.04.2025, 10:00 Uhr

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Nordharz. Auf großes Interesse stieß am Samstagnachmittag die Veranstaltung des Heimatvereins Abbenrode zur Sprengung der Muna (Luftmunitionsanstalt) im Schimmerwald kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren.

Der 8. Mai ist der offizielle Jahrestag des Kriegsendes. Für die Nordharzer Ortschaften war der Krieg mit einem, im wahrsten Sinne des Wortes, großen Knall schon durch die Sprengung der Muna am 10. und 11. April 1945, mit der Ankunft der amerikanischen Soldaten zu Ende gegangen. Aus diesem Anlass hatte der Heimatverein Abbenrode zu einer Erinnerungsveranstaltung ins Dorfgemeinschaftshaus Abbenrode eingeladen.

Das Luftbild der Royal Air Force entstand im Herbst 1945 – es zeigt das Gelände der zerstörten Muna.

Das Luftbild der Royal Air Force entstand im Herbst 1945 – es zeigt das Gelände der zerstörten Muna. Foto: Archiv Heimatverein Abbenrode

Mehr als 130 geschichtsinteressierte Zuhörer kamen. Nach der Begrüßung und Einführung zum Thema durch Vereinschef Andreas Weihe gab es einen 40-minütigen Film über Entstehung 1936 und Ende der Muna am 10. April 1945 sowie die Bombenräumungen nach der Jahrtausendwende. Für die Vorbereitung und Umsetzung des Films hatte sich Andreas Würz vom Heimatverein verantwortlich gezeigt. Gespannt verfolgten die Gäste die Filmdokumentation, in der auch noch nicht veröffentlichte Fotos und bisher nicht bekannte Informationen einflossen.

Chaos und Ängste vor der Sprengung

Im Anschluss kamen Zeitzeugen zu Wort, die ihre Erinnerungen an die Sprengung in ihren Wohnorten schilderten. So auch Günter Kasties aus Bad Harzburg (Jahrgang 1936). Als neunjähriger Junge konnte er sich noch gut an die Ereignisse in seinem Wohnort erinnern und auch über die Schäden, die es auch im sechs Kilometer entfernt liegenden Bad Harzburg gab. Margarita Heyer aus Abbenrode schilderte das Chaos und die Ängste vor der Sprengung während der überhasteten Evakuierung von Abbenrode.

Auch die Abbenröderin Margarita Heyer (stehend) erinnert sich an die Ereignisse 1945, berichtet vom Chaos rund um die überhastete Evakuierung vor der Sprengung.

Auch die Abbenröderin Margarita Heyer (stehend) erinnert sich an die Ereignisse 1945, berichtet vom Chaos rund um die überhastete Evakuierung vor der Sprengung. Foto: Privat

Zur Sprache kam auch der entbehrungsreiche Marsch von Häftlingen aus dem Jugend-KZ Moringen bei Northeim, eine Tortur, die zum Zeitpunkt der Sprengung am Abend in Lochtum und Abbenrode zu Ende ging. Über 500 Jugendliche waren am 6. April, drei Tage vor der Befreiung des Lagers durch die Amerikaner, auf einen entbehrungsreichen Evakuierungsmarsch Richtung Harz, bewacht von der SS, geschickt worden. Ihr Leid endete, nachdem sich die bewachenden SS-Schergen aus dem Staub gemacht hatten. Ebenfalls wurde an die Sinnlosigkeit und Folgen erinnert, die die Aufstellung des Volkssturms, die Bildung von Wehrwolf-Gruppen und Fanatismus in den letzten Minuten des Krieges im Nordharz hervorgebracht hat und denen viele junge Menschen noch zum Opfer fielen. Ebenso an die mehr als 20 Toten, die nach der Sprengung durch Unglücksfälle auf dem Muna-Gelände zu Tode kamen.

Thema ist in den Köpfen noch präsent

Das sehr große öffentliche Interesse erfreute die Organisatoren. „Wir waren erstaunt, wie sehr das Thema in den Köpfen noch präsent ist“, erklärte Heimatvereinschef Weihe. Und er erläutert, weshalb seiner Meinung nach das Erinnern so wichtig ist. „Die zur Zeit aufgewühlte politische Lage in der Welt führt dazu, dass das Thema wieder an Brisanz gewonnen hat. Besonders der jungen Generation muss wieder in Erinnerung gebracht werden, was für Leid Kriege nach sich ziehen“, so Weihe. Seine dunkle Prophezeiung: „Die Zeit der Populisten, der Geschichtsverdreher und -verleugner lässt uns auf eine unruhige Zukunft zu gehen.“

Eine kleine Ausstellung mit Fotos und Exponanten begleitet die Gedenkveranstaltung des Heimatvereins.

Eine kleine Ausstellung mit Fotos und Exponanten begleitet die Gedenkveranstaltung des Heimatvereins. Foto: Privat

Eine kleine begleitende Ausstellung mit Fotos, Dokumenten und Fundstücken zog das Interesse der Gäste auf sich.

Der Heimatverein plant, die gesamte vorliegende Geschichte der Muna und die damit verbunden Kriegsereignisse im Nordharz in Form einer kleinen Broschüre ab 2026 herauszugeben. Deshalb würden sich die Heimatforscher auch über weitere Informationen zum Thema „Muna im Schimmerwald“ freuen.

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