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„MoldTecs“ am Grubenweg

Wegen E-Mobilität: Harzburger Automobilzulieferer baut Stellen ab

Die Firma „MoldTecs“ am Grubenweg baut wieder massiv Stellen ab.

Die Firma „MoldTecs“ am Grubenweg baut wieder massiv Stellen ab. Foto: Schlegel

Eine neue Entlassungswelle rollt über den Grubenweg: Der Automobilzulieferer „MoldTecs“ (ehemals „Mann + Hummel“) baut massiv Stellen ab. Der Grund sind E-Autos. Allerdings sollen betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.

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Von Holger Schlegel
Sonntag, 08.09.2024, 11:02 Uhr

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Bad Harzburg. Erneut ein personeller Aderlass am Grubenweg: Der Automobilzulieferer „MoldTecs“, früher „Mann + Hummel“, baut 24 Stellen ab, das sind gut zehn Prozent der aktuellen Belegschaft. Als Grund wird in einem Schreiben an die Mitarbeiter die E-Mobilität genannt. Das Werk stellt nämlich in erster Linie Motorenteile Teile für Verbrennerautos her.

Die Stimmung ist nicht gut

Mit einem der GZ vorliegenden Schreiben vom 4. September wurde die Belegschaft darüber informiert, dass Stellen abgebaut werden müssen, eine entsprechende Einigung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat sei am 3. September erzielt worden. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Alexander Knoll wollte der GZ gegenüber keine Stellungnahme abgeben, nur soviel: „Die Stimmung in der Belegschaft ist nicht gut.“

Aber warum der erneute Stellenabbau, der ja nicht der erste in der Geschichte des Standortes ist? Vor gut 15 Jahren hatten dort noch 600 Menschen gearbeitet. In dem Schreiben an die Belegschaft wird das recht deutlich dargelegt: „Grund für diesen Arbeitsplatzabbau ist vor allem der Übergang in ein Zeitalter der Elektromobilität“. Die Kunden seien überwiegend Automobilhersteller und die Produkte von „MoldTecs“ für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor unerlässlich. „MoldTecs“ respektive das Werk am Grubenweg stellt Kunststoftteile, beispielsweise Rohre und Schläuche her. Ein Elektroauto benötige diese Produkte aber nicht.

Es muss sehr schnell gehen

„Unser Geschäftsmodell ist daher stark betroffen“, heißt es weiter. Und mögliche alternative Produkte und Kunden außerhalb des Automobilsektors seien nur langfristig aufzubauen. Eine kurzfristige Kompensation des stark rückläufigen Umsatzes sei nicht möglich. Deshalb müsse die Belegschaft an den bereits aktuell und zukünftig weiter schrumpfenden Umsatz angepasst werden.

Dabei sollen jedoch betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Es ist ein Restrukturierungsprogramm erarbeitet worden: Wer freiwillig geht, bekommt Abfindungen, wer sich dazu auch noch schnell entscheidet, sogar noch Speed-Prämien in Höhe von bis zu drei Bruttomonatsgehältern. Darüber hinaus wird auch eine Transfergesellschaft geben.

Am 20. September ist für viele Feierabend

Der Stellenabbau soll schnell über die Bühne gehen, bei indirekten Funktionen erfolgt er laut dem Anschreiben zum 20. September, bei direkten Funktionen zum 30. November. Direkte Funktionen sind Mitarbeiter, die an den Maschinen produzieren, indirekte beispielsweise Einrichter und Transportleute.

Seitens der Firmenleitung aber auch von der zuständigen Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie gab es bis Redaktionsschluss trotz Nachfrage keine Stellungnahmen zu der Entwicklung am Grubenweg.

DIE GESCHICHTE DES STANDORTES

Die Geschichte des Automobilzulieferers am Grubenweg ist lang und in den vergangenen Jahren auch sehr unruhig und mitunter unschön gewesen. Die „Mann+Hummel Automotive GmbH“ am Grubenweg (ehemals Helphos) war seit 2002 ein Unternehmen der international operierenden „Mann+Hummel“-Gruppe mit Sitz in Ludwigsburg. Um die 2010er Jahre herum begann die wirtschaftliche Krise in der Branche, die wieder und wieder Entlassungswellen über den Standort schwappen ließ. Mitunter mussten 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen. Zunächst war die vermehrte Produktion von Automobilen im billigen Ausland ein Grund. Später dann kam die E-Mobilität dazu. Am Grubenweg werden aber in erster Linie Bauteile für Verbrenner produziert, 2021 beispielsweise Luftansaugsysteme und Ladeluftleitungen.

Zwischenzeitlich wurde sogar schon die Schließung des Werks befürchtet, doch 2022 übernahm die Mutares SE und Co KGaA das Werk in Bad Harzburg sowie die Schwesterbetriebe in Sonneberg und im französischen Laval. „Mann+Hummel“ wollte sich mehr aufs Kerngeschäft, die Filtrationstechnik, konzentrieren.

Nach der Übernahme firmierten die drei Betriebe unter dem Namen MoldTecs. Und MoldTecs schreibt auf seiner Internetseite über den Grubenweg: „In unserem derzeit kleinsten Standort, Bad Harzburg, produzieren 250 Mitarbeiter unter Anwendung komplexer, hochautomatisierter Blasform- und Spritzgießprozesse Ladeluftrohre sowie Rein- und Rohluftrohre für führende OEMs der Automobilindustrie weltweit.“ Bei der Übernahme 2022 herrschte großer Optimismus am Grubenweg, die Werksschließung war abgewendet. Es sollte Ruhe einkehren. Wirklich lange war das nicht der Fall.

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