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Geschichtsverein und Spurensuche

Auf der Suche nach Goslarer Euthanasie-Opfern der Nazizeit

Auf den Spuren der Euthanasie-Opfer: Mitglieder des Geschichtsvereins und des Vereins Spurensuche Harzregion besuchen die Gedenkstätte auf dem Gelände der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Bernburg. Die Leiterin der Gedenkstätte, Judith Gebauer (4. von links), führte die Besucher durch die Räume.

Auf den Spuren der Euthanasie-Opfer: Mitglieder des Geschichtsvereins und des Vereins Spurensuche Harzregion besuchen die Gedenkstätte auf dem Gelände der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Bernburg. Die Leiterin der Gedenkstätte, Judith Gebauer (4. von links), führte die Besucher durch die Räume. Foto: Privat

Nach Goslarer Opfern des Nationalsozialismus forschten der Geschichtsverein und der Verein Spurensuche in Bernburg. Sie besuchten die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt, eine Euthanasie-Einrichtung der Nazis, in der 14.000 Menschen vergast wurden.

Donnerstag, 06.06.2024, 16:00 Uhr

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Goslar. „Das Schweigen ist gebrochen“ mahnt der Gedenkstein mit den sterblichen Überresten von Tausenden von Opfern der NS-Patientenmorde in der „Heil- und Pflegeanstalt Bernburg“. Auf der Suche nach Hinweisen auf Opfer aus Goslar besuchten der Verein Spurensuche Harzregion und der Geschichtsverein Goslar die Gedenkstätte.

Psychiatrie-Patienten in der Gaskammer ermordet

Auf dem Gelände des heutigen Fachklinikums Bernburg befand sich ab 1940 eine der sechs zentralen „Euthanasie“-Anstalten, in denen Psychiatrie-Patienten mit Gas getötet wurden. Allein rund 14.000 Menschen aus 39 Heil- und Pflegeanstalten sowie später Häftlinge aus Konzentrationslagern starben in der Gaskammer in Bernburg. Es gibt kaum originale Gaskammern, die heute noch besucht werden können.

Der Verein Spurensuche und der Geschichtsverein Goslar hatten eine Exkursion zur Gedenkstätte Bernburg angeboten, um sich mit dem so lange verdrängten Schicksal von „Euthanasie“-Opfern auch in Goslar auseinander zu setzen. Grundlage hierfür sind Recherchen von Spurensuche Harzregion über diese NS-Opfergruppe. Bisher sind drei Schicksale von Goslarern bekannt, die in Bernburg vergast wurden. Es dürften nach Einschätzung des Vereins aber wesentlich mehr gewesen sein.

Leiterin informiert über Nazi-Ideologie und „Rassenhygiene“

Die Leiterin der Gedenkstätte, Judith Gebauer, schilderte eindrücklich und faktenreich die sich ab Ende des 19. Jahrhunderts entwickelnde Ideologie der „Eugenik“ der sogenannten „Rassehygieniker“, das heißt die Lehre von den guten Erbanlagen, die in der Nazizeit ihren mörderischen Höhepunkt erreichte. Beispielhaft und lebendig berichtete Gebauer über das Schicksal einzelner Opfer, die in der Gaskammer in Bernburg den Tod fanden.

Die Täter waren Ärzte, Pflegekräfte, Juristen und Verwaltungsangestellte. Als im August 1941 die Ermordung kranker, behinderter und alter Menschen eingestellt wurde, wurden KZ-Häftlinge unter der „Sonderbehandlung 14f13“ in der Gaskammer in Bernburg ermordet und ihre Leichen verbrannt. Ein umfangreicher Verwaltungsapparat sorgte mit falschen Angaben für die Täuschung von Angehörigen.

Nur das Krematorium ist nicht mehr erhalten

Die dafür eingebaute technische Anlage umfasste eine Gaskammer, einen Sektionsraum, einen Leichenraum und ein Krematorium mit zwei Öfen. Bis auf das Krematorium sind die Anlagen noch im Original erhalten.

Mitarbeiter des Krankenhauses richteten 1975 eine kleine Gedenkstätte ein, die 1988 zur Mahn- und Gedenkstätte erweitert wurde. Im Mittelpunkt steht der authentische Ort der Vernichtungsanlage, ergänzt durch eine Ausstellung über die Historie, die Einbettung in den gesellschaftlichen Kontext und seine Nachkriegsgeschichte.

Der Verein Spurensuche möchte im Gedenken an die aus Goslar stammenden Euthanasie-Opfer Stolpersteine verlegen. Dabei sei ein Verstehen und Einordnen in einen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhang ausgesprochen wichtig, erklärt der Verein. red

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