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Kunst des Spinnens

Uraltes Handwerk lebt im Museum auf

„Was leicht aussieht, braucht viel Geschick. Der Fuß treibt das Spinnrad an und die Hände ziehen die Wolle zum Faden“, erklärt Dozentin Sandra Köhne (re.). Foto: Leifeld

„Was leicht aussieht, braucht viel Geschick. Der Fuß treibt das Spinnrad an und die Hände ziehen die Wolle zum Faden“, erklärt Dozentin Sandra Köhne (re.). Foto: Leifeld

Das Spinnen von Garnen zum Stricken, Weben und Häkeln üben einige Frauen im Heimatmuseum Döhren seit einiger Zeit. Dass es nicht so einfach ist, einen gleichmäßigen Faden zu produzieren, wie es aussieht, ist bei einem Besuch der GZ  deutlich geworden.

Von Andrea Leifeld Montag, 29.01.2024, 11:00 Uhr

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Döhren. „Die spinnen, die Döhrener…“ Nein, erst im Nachsatz wird klar: „und wer es nicht kann, kann es dort lernen“, wirbt Kreisheimatpfleger Arnold Kipke für das Spinnen, das einige Frauen schon länger im Heimatmuseum betreiben. Dabei geht es nicht um merkwürdige Geschichten, sondern um Garne zum Stricken, Häkeln oder Weben aus Rohwolle.

Ende Februar startet bei der Kreisvolkshochschule Goslar zudem ein neuer Anfängerkurs „Wolle spinnen am Spinnrad“ im Döhrener Heimatmuseum. Doch schon in den Wochen zuvor wiesen dem Heimatpfleger Klappergeräusche den Weg die Treppenstufen hinab ins Museum. Dort erwartete ihn eine Gruppe spinnender Frauen im „Fortgeschrittenenmodus“. Spinnerinnen habe es in Döhren schon immer gegeben, betont Kipke, sich schmunzelnd der Doppeldeutigkeit des Wortes bewusst.

Hand und Fuß tun unterschiedliche Dinge

Scherz beiseite: Unter fachkundiger Anleitung der Dozentin Sandra Köhne aus Salzgitter kommen die Spinnerinnen immer mal wieder zusammen. Dort, inmitten des Klapperns mehrerer Spinnräder, muss sie nichts mehr erklären. Bei fröhlichem Geplauder wickeln sich die neu entstandenen Wollfäden scheinbar wie von selbst um die Spulen. Doch was so einfach aussieht, fordert viel Fachwissen. Die Kunst am Spinnen sei, dass Füße und Hände gleichzeitig unterschiedliche Tätigkeiten ausführen, sagt Köhne: Der Fuß treibt das Spinnrad an, die Hände ziehen die Wolle zum Faden.

„Ich spinne schon seit 40 Jahren“, berichtet sie. Ohne hinzuschauen, gleitet ihr der Faden über die Finger. Doch die Kunst des Spinnens wurde ihr nicht in die Wiege gelegt: Im Salzgitter-Bad der 1980er Jahre gab es in der Kniestedter Straße ein Geschäft für Wolle, Tee und Räucherkerzen, erinnert sich die Dozentin. „Bei Trudi gab es alles, was du dir damals als Teenager gewünscht hast. Da haben wir uns immer die Nase am Schaufenster platt gedrückt“, schwelgt sie in Erinnerungen . Vor allem aber gab es Wolle in ganz angesagten Farben, vor allem lila und rosa – und Stricken lag bei den Mädels damals voll im Trend. „Das Problem war, als Teenager hattest du kein Geld, die besondere und teure Wolle zu kaufen. Aber bei Trudi gab es Rohwolle zu kaufen, die nur halb so teuer war.“ Die Geschäftsinhaberin stellte den Mädchen ihr Spinnrad zur Verfügung und zeigte, wie es geht.

Langer Weg von der Rohwolle bis zum Pulli

Dennoch musste das bei Trudi erworbene Wissen noch Jahrzehnte schlummern, bevor Köhne Mitglied einer privaten Spinnrad-Gruppe wurde und dann entschied, als Dozentin das fast vergessene Handwerk weiterzugeben.

Es ist ein langer Weg von der Rohwolle zum fertigen Pullover: Die Schurwolle muss vorsortiert, gewaschen, getrocknet, gekämmt („kardiert“), gefärbt und auf eine Spule gesponnen werden. Die Fäden von zwei Spulen werden verzwirnt. Erst dann ist es ein gescheites Garn fürs Stricken oder Weben nutzbar, fasst Köhne zusammen.

Kreisheimatpfleger Arnold Kipke ist hingegen kein aktiver Spinner. „Ich weiß aber, wie es geht“, sagt er. Er steht unterstützend bereit, etwa für Reparaturen der Spinnräder. Der Erhalt alter Handwerkskunst liegt ihm besonders am Herzen. Im Museum gibt es eine Gruppe für alte Handwerkstechniken.

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