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23-Jähriger vor Gericht

Täter glaubt, er sei ein Soldat und will Blut sehen

Seit gestern muss sich ein 23-Jähriger (r.) vor dem Schwurgericht dafür verantworten, dass er mit Axt und Machete auf seinen Betreuer losgehen wollte. Foto: Klengel

Seit gestern muss sich ein 23-Jähriger (r.) vor dem Schwurgericht dafür verantworten, dass er mit Axt und Machete auf seinen Betreuer losgehen wollte. Foto: Klengel

Im Drogenrausch ist ein 23-Jähriger mit Axt und Machete auf seinen Betreuer losgegangen und muss sich dafür nun vor Gericht verantworten. Zeugen gaben an, der Mann habe sich für einen Soldaten gehalten. Er wollte Blut sehen.

Von Corina Klengel Freitag, 14.04.2023, 05:58 Uhr

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Clausthal-Zellerfeld. Seit gestern muss sich ein 23-Jähriger aus Bad Lauterberg vor dem Schwurgericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, seinen in Clausthal-Zellerfeld lebenden Betreuer im Mai letzten Jahres mit einer Axt dazu genötigt zu haben, ihm die Autoschlüssel auszuhändigen. Die Polizei konnte den mit Alkohol, Cannabis und Kokain abgefüllten jungen Mann vor der Wohnung des Betreuers festnehmen.

„Ich hatte zum ersten Mal Angst um mein Leben“, erzählte das 48-jährige Opfer des Überfalles. Der Mann hatte trotz Machete und Axt vor seinem Gesicht sehr besonnen reagiert. Mit dem Hinweis, sich etwas überziehen zu wollen, hatte er sich entfernt und heimlich die Polizei alarmiert. Als die Beamten eintrafen, lief er ihnen entgegen und warnte sie vor der Axt. Dann sei er an einer Hauswand zusammengebrochen, erzählte ein Polizist.

Fehlbeurteilung der Realität

Der Angeklagte hatte sich im Gerichtssaal bei dem Betreuer entschuldigt. Dieser hatte in der Zwischenzeit eine Abstandsverfügung gegen den 23-Jährigen erwirkt und die Betreuung abgegeben.

Zur Tat habe ein drogeninduzierter psychotischer Schub mit der Folge der Fehlbeurteilung der Realität geführt, so der forensische Psychologe, der als Sachverständiger hinzugezogen worden war. Der 23-Jährige hatte sich eingebildet, Soldat zu sein, was ein lang gehegter Lebenswunsch von ihm war. Den Wagen des Betreuers wollte er haben, um zu seiner Kaserne zu fahren. Dass dies nicht der Wirklichkeit entsprach, realisierte er nicht einmal, als die Polizei auftauchte.

Nach Aussage eines Beamten hat er vor ihnen salutiert und ist wie ein Soldat herummarschiert. Allerdings war die Situation der Festnahme keineswegs lustig, da der 23-Jährige noch immer ein Messer in der Hand hielt. Nachdem die Polizisten ihn mit vorgehaltener Waffe anwiesen, dieses fallen zu lassen, warf er ihnen Messer, Axt und Rucksack vor die Füße. Darin fanden die Beamten mehrere Messer, Marihuana und ein Tagebuch, in dem der 23-Jährige weitere Straftaten ankündigt. Es müsse Blut fließen, habe dort gestanden.

In der Wohnung des Angeklagten sicherte man neben Drogen weitere Messer, Schwerter und Äxte. Auch waren die Wände der verwahrlosten Wohnstatt mit gewaltverherrlichenden Sprüchen bekritzelt. Der Sachverständige erklärte, dass diese auf eine schwere psychische Erkrankung schließen ließen. Schon vor dieser Tat soll der Angeklagte vor diversen Zeugen geäußert haben, dass er zur Bundeswehr wolle, weil er Waffen geil fände und Menschen töten wolle. Ähnlich äußerte er sich auch bei seiner Festnahme. Wie in einer Dauerschleife habe er gebrabbelt, dass er Menschen töten müsse.

23-Jähriger räumt die Tat weitgehend ein

Insofern erschien es überaus verwunderlich, dass einer der drei Betreuer des 23-Jährigen das Verhalten als „Lappalie“ herunterredete. Er stellte sich auf die Seite des Angeklagten und pflichtete diesem bei, dass er keine Therapie mehr benötige, weil er es ja ohne Hilfe zur Abstinenz gebracht habe. Die Drohungen, Menschen abzustechen oder zu schlagen, waren für ihn harmlose Aufschneidereien.

Der 23-Jährige, der die Tat weitgehend einräumte, hatte bereits mehrere Therapien und Entgiftungen hinter sich. Bisher wurde er immer wieder rückfällig. Ein früherer Therapeut vermutete eine bipolare Störung. Einen Hang zu Waffen und Gewalt gegen Menschen stellte der 23-Jährige jedoch in Abrede. Tatsächlich präsentierte er sich bei seiner Aussage ruhig, offen und fokussiert. Er hatte sich in der Zwischenzeit um eine Arbeitsstelle bemüht und gab an, seit der Tat keine Drogen und auch keinen Alkohol mehr zu sich genommen zu haben. Einen Beweis dafür, etwa einen negativen Drogentest, lieferte er allerdings nicht.

Da der 23-Jährige zur Tatzeit nach Auffassung des Sachverständigen nicht schuldfähig war, steht nun die Frage einer Unterbringung im Raum. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

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