Sebastian Krumbiegel: „Was ist eigentlich mit dieser Welt los?“

Sebastian Krumbiegel beim Konzert in der Kaiserpfalz. Foto: Habel
Sebastian Krumbiegel spielt beim Abschlusskonzert des „H. E. Steinway-Festivals“ in der Kaiserpfalz. Die Besucher lassen sich auf Gesang und Melodie ein. Krumbiegel erinnert an die Beschränkungen durch die Pandemie.
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Goslar. Musiker Sebastian Krumbiegel eilt an den Konzertflügel, dem Publikum in der Kaiserpfalz schenkt er keinen Blick. Sogleich beginnt er zu spielen, einen jahrzehntealten Schlager: „Irgendwo auf der Welt ist ein kleines bisschen Glück." Die Besucher des Abschlusskonzerts des „H. E. Steinway-Festivals“ lassen sich gerne auf Gesang und Melodie ein. Die letzte Zeile singt Krumbiegel gedehnt: „Irgendwo, irgendwie, irgendwann.“ Dann schlägt er den Schlussakkord an, lässt ihn ausklingen.
Vielen im Saal ist Krumbiegel bekannt als Mitglied der Gruppe Die Prinzen. Doch auch solo unterhält er seine Fans meisterhaft. Der Musiker aus Leipzig spielt die nächsten zweieinhalb Stunden Lieder aus Gegenwart und Vergangenheit, darunter viele eigene Kompositionen. Er wendet sich zum Publikum, blickt in Hunderte erwartungsvolle Gesichter. Zu einer weiteren Melodie meint er: „Schön, dass ihr zuhört. Das zeugt von gutem Geschmack.“ Ein Glucksen geht durch die vollen Sitzreihen.
„Bin ein Klimperheini“
Krumbiegel erinnert an die Beschränkungen durch die Pandemie und seine Sehnsucht nach Auftritten. Die Fans erfahren: „Ich bin kein Pianist, ich bin ein Klimperheini.“ Ihm ginge es darum, eine „Message“ zu verbreiten: „Fuck, was ist eigentlich mit dieser Welt los?“
Er präsentiert ein neu komponiertes Musikstück: „Freiheit, Hoffnung und Liebe für alle Menschen auf der ganzen Welt, das ist, was wir alle woll’n.“ Vom Publikum erntet Sebastian Krumbiegel Zwischenapplaus. Er macht Mut: „Das ist nicht nur ein Traum!“
Seinen Zuhörern schildert er Eindrücke von Demonstrationen in seiner Heimatstadt Leipzig, als er gegen Ultrarechte auf die Straße ging. Er haut in die Tasten des Steinway-Flügels, Musik entfaltet sich im Kaisersaal. Krumbiegel singt: „Die Demokratie ist weiblich. Ich weiß nicht, aber ich glaube, dass die Liebe und die Hoffnung ihre Schwestern sind.“ Auch gibt der Sänger im Lied zu bedenken: „Demokratie ist so verletzlich.“ Donnernder Beifall brandet auf, etliche im Publikum pfeifen zustimmend.
Hammerkrasse Typen
Locker wechselt Krumbiegel das Thema, erinnert sich an nächtliche Touren durch das Hamburger Vergnügungsviertel gemeinsam mit Udo Lindenberg. Stellenweise imitiert er sogar dessen näselnde Stimme, was mit lautem Lachen quittiert wird. Im nächsten Song singt er: „Wir waren zwei hammerkrasse Typen. Nimm dir das Leben und lass es nicht mehr los.“ Tosender Beifall. Noch ein Wechsel – „nun geht es um Hochkultur und Sex.“ Viele im Saal horchen richtig auf. Krumbiegel singt mit frischer Stimme: „Neulich las ich Silke ein Gedicht von Rilke vor. Sie war ganz hin und weg. Silke war vergessen, Silke war versessen und plötzlich war sie nackt.“
Im Lied „Schade“ wiederfährt dem Sänger Ähnliches auch bei Juliane mit Fontane und Susann mit Thomas Mann. Krumbiegel und Publikum trällern noch „Ein Sauflied“. Dann verneigt er sich zum Abschied: „Kunst und Kultur ist lebenswichtig.“ Langer Beifall hallt durch die Kaiserpfalz.
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