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Adolf-Grimme-Gesamtschule

Schüler erkunden eigenes Potenzial und ihre Persönlichkeit

Zwischen emotionalen Momenten und ernsten Gesprächen wird auch eine Polonaise gebildet und getanzt.  Fotos: Otte

Zwischen emotionalen Momenten und ernsten Gesprächen wird auch eine Polonaise gebildet und getanzt. Fotos: Otte

Mithilfe der Agentur Impuls Events haben die Schülerinnen und Schüler der Adolf-Grimme-Gesamtschule intensiv über sich selbst und ihren Wert nachgedacht und gesprochen. Viele fühlen sich jetzt anders und auch Tränen sind geflossen.

Von Alessa Otte Dienstag, 07.06.2022, 08:00 Uhr

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Oker. Um den Schülerinnen und Schülern der Adolf-Grimme-Gesamtschule (AGG) in Oker zu zeigen, dass die Schule nicht nur ein Ort zum Lernen ist, hat sich ihre Lehrerin Andrea Haniak etwas ganz besonderes überlegt. Sie hat die Agentur Impuls Events aus Wolfenbüttel engagiert. Diese soll den Jungen und Mädchen ihr Potenzial aufzeigen, auf positive Dinge ihrer Persönlichkeit aufmerksam machen und ihnen ein gutes Gefühl für den Schulalltag mitgeben.

Normalerweise beschäftigt sich Impuls Events mit Persönlichkeitsevents und Coachings für Erwachsene und Firmen. Erstmals waren sie nun auch in einer Schule unterwegs und haben ein Programm ganz auf die Schüler zugeschnitten.

Gedanken werden geteilt

Die Schülerinnen und Schüler sitzen in einem Halbkreis im Forum der Adolf-Grimme-Gesamtschule zusammen. Das Licht ist gedimmt, leise Musik spielt und sowohl Luftballons als auch aufblasbare Plastikbälle liegen auf dem Boden verteilt. Die Vorhänge sind zugezogen und niemand von außen kann in das Forum hineinschauen. Laut dem Verantwortlichen von Impuls Events, Fadi Tchallo, soll so ein „sicherer Raum“ für die Schüler geschaffen werden.

Die Teammitglieder von Impuls Events möchten, dass die Gruppe negative Dinge über sich selbst auf einen Zettel schreiben. Egal ob es Sachen sind, die sie über sich selbst denken, oder andere schon mal zu ihnen gesagt haben. Diese sollen vor der Klasse laut vorgelesen werden. „Hebt Euren Scheiß auf die Bühne und stellt den Spotlight drauf“, fordern sie die Veranstalter auf. Um das Vertrauen der Klasse zu gewinnen und ihnen die Möglichkeit zu geben sich zu öffnen, erzählen auch die Mitglieder der Agentur verschiedene Erlebnisse aus ihrem Leben, die sie persönlich getroffen haben. „Ich bin fett und deshalb nichts wert“ ist ein Satz, den ein Teammitglied sehr geprägt hat.

Nach anfänglichem Zögern tun es ihr die Jungen und Mädchen gleich und lesen vor, was auf ihrem Zettel steht – sie halten den Spotlight drauf. Im Anschluss gibt es eine Aufgabe dazu. Die Gruppe soll nun die sogenannten „hässlichen Glaubenssätze“ über sich selbst nehmen, und ins Gegenteil verwandeln: „Ich bin nicht gut genug“ wird zu „Ich bin gut genug.“ Dabei wird der Gruppe ein Satz wieder und wieder mitgegeben: „Niemand entscheidet für Euch, außer Ihr selbst.“

Die Meinung anderer

Um von den negativen Gedanken wegzukommen, soll die Klasse aufschreiben, worin sie besonders gut ist – je weiter das Event fortschreitet, desto offener werden alle. Sie erzählen von ihren Stärken und Schwächen. Ein Schüler aus der Gruppe sagt: „Ich fühle mich jetzt anders, mehr wie ich selbst.“

Auf die Meinung anderer Menschen sollte nicht immer gehört werden. Besonders nicht wenn die Meinung verletzend ist. Die nächste Übung der Gruppe zielt genau darauf ab. Denn sie sollen auf den Zettel der anderen schreiben, wie sie diese Person wahrnehmen. Damit nicht klar ist, wer was aufgeschrieben hat, kommt es auf die nötige Beschäftigung und Ablenkung der anderen an.

Die Schüler werden in zwei Gruppen geteilt und bilden eine Polonaise. Die leise Hintergrundmusik verabschiedet sich und wird durch laute Partymusik ersetzt. Ausgelassen laufen alle durch den Raum. Zum Teil in einer Schlange, ein paar tanzen auch nur in der Gegend rum. Keiner macht sich Gedanken darüber, was andere von ihm denken. Während getanzt, gelacht und gefeiert wird, gehen immer mal wieder Schüler zu den Zetteln und schreiben ihre Meinung oder Wahrnehmung über die Person, die der Zettel gehört, auf.

Ernsthaftes Nachdenken über andere und einfach nur Spaß haben und den Kopf ausschalten liegen bei dieser Übung nah beieinander – es soll nämlich gar nicht lange drüber nachgedacht werden.

Die neunte Klasse der Adolf-Grimme-Gesamtschule bedankt sich bei ihrer Lehrerin Haniak und nehmen sie in die Arme.

Die neunte Klasse der Adolf-Grimme-Gesamtschule bedankt sich bei ihrer Lehrerin Haniak und nehmen sie in die Arme.

Blick auf die Stärken

Nachdem die Gruppe auf jeden Zettel eine Stärke, die sie persönlich an ihrem gegenüber wahrnimmt, aufgeschrieben hat, wird die Musik wieder leiser und die Klasse setzt sich. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Dinge gerichtet, mit denen jeder am wenigsten gerechnet, oder was ihnen am meisten bedeutet hat – diese Stärken werden dann wieder laut vorgelesen. Von besonders sportlich, musikalisch, hilfsbereit bis extrem zuverlässig ist alles dabei.

Um die genannten Stärken nicht kontextlos stehen zu lassen, wird nun überlegt, welchen Beruf man daraus machen könnte, beziehungsweise welche Eigenschaften für welchen Job besonders wichtig sind. So können die Schülerinnen und Schüler erste Verknüpfungen zwischen ihrem Können und ihrer Zukunft finden.

Tränen fließen

Nach der lauten Musik, dem Tanzen und der Einschätzung der Stärken anderer wird es wieder etwas ernsthafter im Forum der AGG. Das Thema ist nun ein vergiftetes System. Um der Gruppe nicht nur verschiedene Dinge zu erzählen, wird das vergiftete System anschaulich dargestellt.

Zwei Flaschen mit klarem Wasser stellen das reine und saubere System der Schülerinnen und Schüler da. Sprüche, die viele von ihnen schon einmal gehört haben, werden nun in den Raum geworfen. „Du kannst ja gar nichts“, „Du bist dumm“, oder „Du bist nicht gut genug.“ Nach jedem Spruch wird eine Tube Lebensmittelfarbe in das klare Wasser gekippt. Bis es tiefschwarz ist. Das System ist vergiftet.

Mit lauter Stimme, in ernsthaftem Ton und voller Überzeugung spricht Tchallo zu den Schülerinnen und Schülern. „Ihr seid alle etwas Besonderes und jeder, wirklich jeder von Euch kann etwas gut.“

Danach wendet er sich an die Lehrerin Haniak, um sich dafür zu bedanken, dass sie zu den Schülerinnen und Schülern der AGG sprechen dürfen. Daraufhin brechen alle Dämme. Nicht nur die Veranstalter, auch die Schülerinnen und Schüler bedanken sich bei Haniak. Sie bilden einen großen Kreis und umarmen sich. Tränen fließen. Nicht nur bei der Lehrerin, auch bei einigen Schülern.

Ziel der Veranstaltung

Fadi Tchallo erzählt, was das Hauptziel der Veranstaltung ist. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Schule nicht nur als Institution sehen, sondern auch als einen Ort, an dem man Hilfe bekommt – egal wobei.

Ihnen soll deutlich gemacht werden, dass jeder seinen oder ihren ganz individuellen Träumen nachgehen darf und dass sich vieles auch in eine berufliche Zukunft einbauen lässt. Besonders vor den ersten Praktika, die demnächst bevorstehen, ist es wichtig, dass die Jungen und Mädchen sich über ihre Fähigkeiten im Klaren sind.

Tchallo ist bewusst, dass nicht jeder der gerne zockt, ein erfolgreicher Gamer wird. Aber wer Spaß an Videospielen und Technik hat, muss dies in seiner beruflichen Zukunft nicht aufgeben, sondern kann diese Leidenschaft nutzen. Zum Beispiel in der IT oder als Entwickler.

Es geht um Ideen, Stärkung der Persönlichkeit und die Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls.

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