Schüler erinnern an Leid sowjetischer Kriegsgefangener

Die Tafel ist aufgestellt: Schüler der Haupt- und Realschule haben für deren Inhalt recherchiert, begleitet von Lehrer Hendrik Gattermann (l.). Sie hatten dabei Unterstützung durch Dr. Rainer Bendick vom Volksbund (2.v.r.). Redner sind am Donnerstag Lars Schmidt (Harzwasserwerke, 6.v.l.), Landrat Dr. Alexander Saipa (Mitte), Bürgermeisterin Petra Emmerich-Kopatsch (r.), HRS-Schulleiter Oliver Bollmann (kl. Bild l.) sowie daneben Walter-Johannes Herrmann (Volksbund-Bezirksverband). Fotos: Potthast
Zehntklässler der Haupt- und Realschule (HRS) Clausthal-Zellerfeld haben eine Geschichts- und Erinnerungstafel für den Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge gestaltet. Sie steht an der Okertalsperre. Ihr Thema: sowjetische Kriegsgefangene.
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Clausthal-Zellerfeld. Wie ein geöffnetes Fenster, das den Blick über Wasser, Wald und in den Himmel schweifen lässt, ist die kleine Sichtschneise mit dem großen Schild. Idyllisch? Ja. Aber auch nachdenklich stimmend ob der Textinhalte auf der Geschichts- und Erinnerungstafel. Zehntklässler der Haupt- und Realschule (HRS) Clausthal-Zellerfeld haben sie für den Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge in Kooperation mit dessen Bildungsreferenten, Dr. Rainer Bendick, und Ehrenamtlichen des Vereins Spurensuche Harzregion erarbeitet. Am Donnerstag wurde die Tafel an der Okertalsperre eingeweiht.
Zeigen, was Menschen Menschen angetan haben, damit sich Vergleichbares nicht wiederholt: Ein hehres Anliegen ist mit der Tafel verbunden und ein nachvollziehbares. Allerdings mutet es in Anbetracht des Ukraine-Krieges zugleich verzweifelt an. Nur als der Geschichtskurs der HRS mit seinem Projekt begann, war der so grauenvolle Konflikt im Osten Europas noch nicht zu erahnen. Die Schülerinnen und Schüler wollten sichtbar machen, was sich während des Zweiten Weltkrieges in der Nähe ihres Wohnortes zugetragen hat. Es sei für sie sehr schwer gewesen, das Unrecht in Worte zu fassen.
Genfer Konventionen
Für den Bau der Okertalsperre – vorbereitende Arbeiten begannen 1938 – waren nach den Recherchen der HRS-Zehntklässler auch Kriegsgefangene eingesetzt worden. Zunächst französische. Die seien jedoch im August 1941 – Deutschland hatte im Juni die Sowjetunion überfallen – durch sowjetische ausgetauscht worden. Hatten die Genfer Konventionen noch Wirkung auf westeuropäische und US-amerikanische Gefangene, traf das auf osteuropäische offenbar nicht zu. Osteuropäer im Allgemeinen galten im nationalsozialistischen Deutschland als „minderwertige Rasse“, als „slawische Untermenschen“. Begriffe, die drastisch sind, die von den HRS-Schülern genauso aufgeführt wurden im Erläuterungstext auf der Tafel.
Die Jugendlichen fanden heraus, dass eben diese Kriegsgefangenen „nicht ausreichend ernährt, untergebracht und medizinisch versorgt“ worden seien. „Durch die unmenschliche Behandlung starben insgesamt 16 sowjetische Gefangene beim Bau der Okertalsperre“, steht als einer von vielen markanten Sätzen im Text. Zehn seien auf dem Altenauer Friedhof beigesetzt worden, einer auf dem Goslarer Friedhof an der Hildesheimer Straße, fünf allerdings am Ort ihrer Zwangsarbeit. Denn 1942 sei verfügt worden, einen Beerdigungsplatz in der Nähe der Baracken einzurichten.
Bewusstsein schärfen
Auf den schaut der Besucher der Okertalsperre, wenn er über die Staumauer geht, rechts abzweigt und nach etwa zehn Minuten Fußweg die Sichtschneise erreicht hat und neben der Geschichtstafel steht. „Mit Eurer Arbeit wird das Bewusstsein, was Kriege bewirken können, geschärft“, sagte Dr. Alexander Saipa als Landrat und Vorsitzender des Kreisverbandes der Kriegsgräberfürsorge am Donnerstag. Die damaligen Taten und Schicksale sollen nicht in Vergessenheit geraten. Und das Wissen darum soll Motivation sein, „dass wir uns für Demokratie und Frieden einsetzen“. Es sei wichtig, darüber zu informieren, dass die Entstehung der Talsperre nicht nur Positives gehabt habe, fügte die Bürgermeisterin der Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld, Petra Emmerich-Kopatsch, hinzu. Sie sei, sagte Lars Schmidt als kaufmännischer Geschäftsführer des Talsperrenbetreibers, in einem der dunkelsten Kapitel Deutschlands und der Harzwasserwerke entstanden, eine Wiedergutmachung nicht möglich.
Hohe Qualität
Das aktuelle Projekt der HRS-Schüler haben die Harzwasserwerke finanziell und technisch unterstützt. Von der inhaltlichen und gestalterischen Qualität der Tafel war Schulleiter Oliver Bollmann angetan und drückte damit große Wertschätzung für seine Schüler aus. Dass sich auch junge Menschen für die Ziele des Volksbundes interessierten, sei wichtig, wie Braunschweigs Bezirksvorsitzender Walter-Johannes Herrmann betonte.
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