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Stark gefährdete Art

Nabu will Harlingeröder Kreuzkröten bei Propsteiburg ansiedeln

Die Kreuzkröte – besonders an ihr ist der Längsstrich auf dem Rücken – hüpft nicht, sondern läuft. Dabei kann sie so schnell werden wie eine Maus. Am liebsten lebt sie auf struktur- und sonnenreichen Flächen mit kleinen Gewässern. Foto: Nabu/Bruno Scheel

Die Kreuzkröte – besonders an ihr ist der Längsstrich auf dem Rücken – hüpft nicht, sondern läuft. Dabei kann sie so schnell werden wie eine Maus. Am liebsten lebt sie auf struktur- und sonnenreichen Flächen mit kleinen Gewässern. Foto: Nabu/Bruno Scheel

Nur noch an zwei Orten im Landkreis Goslar ist die Kreuzkröte nachgewiesen - beide finden sich bei Bad Harzburg. Nun soll bei Propsteiburg ein drittes Habitat geschaffen werden. Wieso dafür unter anderem Tümpel aus Beton angelegt werden müssen.

Von Christoph Exner Montag, 16.01.2023, 12:00 Uhr

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Harlingerode/Propsteiburg. Im Rahmen des Projektes „Life Bovar“ möchte der Nabu Niedersachsen bei Propsteiburg die stark gefährdete Kreuzkröte ansiedeln. Geschafft werden soll das mit Tieren aus den bislang einzigen zwei bekannten Vorkommen im Landkreis, die sich nahe Harlingerode finden – dem im Langenberg-Steinbruch und dem in der Grube Papenburg.

Während der Jahreshauptversammlung der Feldmark-Interessentschaft Harlingerode in der vergangenen Woche haben Dr. Mirjam Nadjafzadeh und Lennart Hudel vom Nabu Niedersachsen die Pläne der Naturschützer präsentiert.

Tümpel mit Stöpsel

Die dämmerungs- und nachtaktive Kreuzkröte ist mit einer Größe von maximal acht Zentimetern die kleinste heimische Krötenart. Ab April und manchmal bis in den September hinein legen die Tiere ihren Laich ab, bevorzugt in flachen Pfützen, wo sich der Nachwuchs binnen weniger Wochen entwickelt.

Das Problem: „Die Landschaft ist heute leider nicht mehr so gestaltet, dass überall guter Lehm ist, der das Wasser hält“, erklärt Rainer Schlicht von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Goslar, die das Nabu-Projekt finanziell wie ideell unterstützt. Durch Bodenentwässerung, globale Erwärmung, aber auch durch Zersiedelung gebe es für die Kreuzkröte kaum noch natürliche Lebensräume, sagt auch Mirjam Nadjafzadeh. Viele Vorkommen seien bereits verschwunden.

Mehr als 100 Tiere

An der Oker bei Propsteiburg sollen deshalb nun kleine künstliche Tümpel errichtet werden, maximal 50 Zentimeter tief. Teils mit natürlichem, teils mit betoniertem Grund samt Wasserablass. Die Mulden sollen sich bei Regen schnell füllen können. Das Wasser soll nicht versickern und im Winter wieder abgelassen werden können. Schaffe man permanente Gewässer, sei das ungünstig, erklärt Nadjafzadeh.

Oberirdisch würden die künstlichen Mulden allerdings ganz natürlich aussehen, betonen sie und schlicht unisono. Für das Vorhaben müsse die vorgesehene Fläche – sie liegt gleich südöstlich der Lebenshilfe-Werkstätten –teilweise von Büschen befreit werden. Kreuzkröten nämlich mögen laut Nabu struktur- und sonnenreiche Flächen mit kleinen Gewässern. Bevorzugt leben sie heute auf Brachflächen, Truppenübungsplätzen oder eben in Steinbrüchen und Kieswerken – so wie im Landkreis Goslar. Hier war man noch bis vergangenen Sommer von einem einzigen verbliebenen Kreuzkröten-Vorkommen ausgegangen. Etwa 30 Exemplare lebten zu diesem Zeitpunkt im Langenberg-Steinbruch bei Harlingerode. Dann allerdings stieß Nabu-Mann Lennart Hudel in der Grube Papenburg nahe Oker auf ein zweites Vorkommen mit sogar rund 100 Tieren.

Entwickelt hat sich dieses laut Landkreis sehr wahrscheinlich aus Kreuzkröten, die aus dem Langenberg-Steinbruch die mehrere hundert Meter weite Strecke hinübergewandert sind. Das sei „sehr erstaunlich“, ordnet Rainer Schlicht ein, da die Kröten dabei doch schließlich eine viel befahrene Straße hätten queren müssen. Dass sich die Tiere von allein dieses zweite Zuhause gesucht und gefunden hätten, sei eine „Erfolgsgeschichte“. Die Kreuzkröte brauche nicht viel, aber sie brauche eben Platz.

Und den soll sie nun eben bei Propsteiburg bekommen. Ansiedeln möchte der Nabu dort Kreuzkröten aus den bisherigen zwei Habitaten, insbesondere Kaulquappen und Jungtiere. Neben den Amphibien würden auch weitere Arten vom Umbau der Fläche an der Oker profitieren, prognostiziert Mirjam Nadjafzadeh. Das Areal hat mehrere Eigentümer; die Günter Papenburg AG sowie die Feldmark-Interessentschaften Immenrode und Harlingerode. Letztere hat im Anschluss an ihre Versammlung vergangene Woche ihre Unterstützung für das Projekt zugesagt, berichtet Vorsitzender Heiner Dege gegenüber der GZ.

Straße wohl keine Gefahr

Allen Seiten – das wurde während der Versammlung deutlich – ist es wichtig, dass das Projekt auch langfristig, also über sein offizielles Ende im Jahr 2026 hinaus, gesichert ist. Dafür existiere der sogenannte „After-Life-Management-Plan“, versicherte Nadjafzadeh. Bereits jetzt würden alle Kooperationspartner in das Projekt eingebunden, Landkreis, Ökologische Station, und Landschaftspflegeverband, damit die das Vorhaben eines Tages weiterzubetreuen. Eine vertragliche Regelung darüber gebe es darüber aber bislang noch nicht, heißt es von Landkreisseite.

Die an der Wiederansiedlungsfläche bei Propsteiburg vorbeiführenden Straßen sieht der Nabu übrigens nicht als Gefahr für die Kreuzkröten an, da es genug Wanderungsmöglichkeiten entlang der Oker gebe, es für die Kröten also theoretisch keinen Grund gebe, die Fahrbahn zu überqueren. Abgesehen davon haben sie das im Fall des Langenbergs ja ohnehin sogar schon einmal erfolgreich getan.

Wenn in dem Wiederansiedlungsgebiet eines Tages doch noch einmal Kies abgebaut werden sollte, dann stünde das dem Projekt ebenfalls nicht im Weg. Schließlich würden sich die Kröten in der Grube Papenburg daran bislang auch nicht stören – im Gegenteil.

 

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