Multiple Sklerose: Goslarerin hofft auf Spezialanzug

Mareike Hirschfeld leidet an Multipler Sklerose. Ein „Mollii Suit“ könnte ihr vielleicht helfen, aber die Krankenkasse hat die Übernahme der Kosten abgelehnt. Nun hofft die Goslarerin auf Spenden aus der Bevölkerung. Foto: Hartmann
Mareike Hirschfeld leidet seit 1994 an Multipler Sklerose (MS). Inzwischen ist die Goslarerin vollständig auf den Rollstuhl angewiesen. Kürzlich hat sie ein neues Hilfsmittel kennengelernt: Doch der „Mollii Suit“ wird von der Krankenkasse nicht übernommen.
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Goslar. Die Nervenkrankheit, die ihre Bewegungsmöglichkeiten mehr und mehr einschränkt, kommt inzwischen nicht mehr in „Schüben“, wie die 51-Jährige erzählt. „Es wird nur noch immer schlechter.“ Täglich mit dem Elektrorollstuhl Gassi-Fahren mit ihrem 13 Jahre alten Westhighland-Terrier Pepper, das schafft sie noch. Doch die Krankheit schreitet voran: „Durch die immer ausgeprägter werdende Spastik der Beine und Füße ist es schon zu schlimmen Stürzen gekommen, wobei ich mir Brüche zugezogen habe“, sagt sie. Dadurch, dass sie nur sehr schlecht bis gar nicht mehr gehen könne, baue die Muskulatur ab. Arme und Hände würden zusehends unbeweglicher und ungeschickter. „Bis vor zirka zwei Monaten konnte ich noch mit dem Physiotherapeuten an Unterarmgehstützen im Treppenhaus umhergehen und Treppen steigen, was mittlerweile überhaupt nicht mehr geht.“
Nun setzt sie ihre Hoffnungen in den neuartigen „Mollii Suit“. Ein Freund hatte in der Zeitung einen Bericht darüber gelesen. In der näheren Umgebung fand sie den Anzug noch nicht, aber ein Sanitätshaus in Hannover hatte ein Vorführmodell zur Verfügung, das sie im vergangenen Jahr testen konnte.
Eine Stunde im Anzug
„Es ist ein zweiteiliger Anzug mit Hose und Jacke, und darin sind Elektroden. Sie bewirken, dass die Spastiken gemildert werden und die Muskulatur gestärkt wird“, erzählt sie. Muskeln und Nerven würden elektronisch stimuliert. Eine Stunde habe sie den Anzug getragen und vorher und nachher unterschiedliche Übungen absolviert: aufstehen und hinsetzen, eine Strecke gehen, Treppen steigen, eine Schräge überwinden, aber auch ihre Feinmotorik bei einem Steckspiel zeigen.
„Ich war wie ausgewechselt“, sagt sie begeistert. „An dem Abend konnte ich zu Hause sogar mein Bad putzen. Ich konnte ein Glas mit nur einer Hand halten. Und ich konnte wieder mit einer Gabel umgehen!“ Ihre Augen leuchten. Einfach ein Glas halten und mit einer Gabel essen, für viele Menschen eine Alltäglichkeit, aber für Mareike Hirschfeld eine unerhörte Glückserfahrung. „Das war wirklich ein Traum. Ich war wie neugeboren.“ Leider hält die Wirkung nur anderthalb Tage an. Danach müsste man den Anzug wieder eine Stunde tragen.
Einen Dämpfer gab es kurz darauf von der Barmer, als die 51-Jährige um die Finanzierung des Spezialanzugs bat. Der Suit sei als Hilfsmittel nicht anerkannt, beschied die Krankenkasse. Auch ein Widerspruch wurde abgelehnt. Knapp 8900 koste der Anzug, sagt Hirschfeld traurig – die wenigsten MS-Patienten werden dies selbst bezahlen können.
Auch andere Kassen lehnen die Übernahme der Kosten ab, zumindest zurzeit noch. Wobei es auch schon „positive Einzelfall-Entscheidungen“ gegeben habe, wie die Deutsche Multiple-Sklerose-Gesellschaft erfuhr.
Recht skeptisch
In einer Stellungnahme allerdings äußert sich die Gesellschaft recht skeptisch zu dem neuen Hilfsmittel. „Der Einsatz kann derzeit aus Sicht der Fachgesellschaften nicht generell empfohlen werden“, heißt es in der Veröffentlichung vom 17. November 2023. „Weitere kontrollierte und doppelblinde Studien für Menschen mit Multipler Sklerose zur Wirksamkeit werden als notwendig erachtet.“ Bislang lägen lediglich Daten von 15 Patienten eines Firmenregisters mit offener Beobachtung im Vorher-Nachher-Vergleich über einen Vier-Wochen-Zeitraum vor. Aufgrund der Methodik, der Art der erhobenen Daten, aber auch weil eine Kontrollgruppe fehle und die Patientenzahl sehr niedrig sei, „sind keine Aussagen hinsichtlich einer Wirksamkeit möglich“, heißt es. Daher könne „derzeit der Einsatz des Exopulse Mollii Suit nicht generell empfohlen werden“, so die Erklärung. Die Gesellschaft hält aber auch fest, es habe schon Nachrichten über ein „Crowdfunding gegeben“. Das bedeutet, dass Patienten durch das Sammeln von Spenden einen solchen Anzug finanzieren konnten, oder es zumindest versucht haben.
Mareike Hirschfeld setzt ihre Hoffnung nun auch auf die Hilfsbereitschaft der Goslarer: Die Bürgerstiftung hat sich bereit erklärt, sie zu unterstützen und für sie Spenden zu sammeln. Wer der Goslarerin dazu verhelfen will, wieder ein Glas und eine Gabel halten zu können, kann seinen Beitrag auf das Konto der Bürgerstiftung, Sparkasse Hildesheim-Goslar-Peine, IBAN DE26 2595 0130 0030 0160 00, Stichwort „Mareike Hirschfeld“ überweisen.