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Red-Bull-Chef Mateschitz

Mit kleinen Dosen zum Imperium

Dietrich Mateschitz im Formel-1-Fahrerlager beim Grand Prix von Österreich. Foto: Georg Hochmuth/picture alliance/dpa

Dietrich Mateschitz im Formel-1-Fahrerlager beim Grand Prix von Österreich. Foto: Georg Hochmuth/picture alliance/dpa

Es begann mit einem Getränk in den frühen 1980er Jahren. Dietrich Mateschitz baute ein Imperium auf - eines, das die Sportwelt veränderte und mitprägte. Auch in Deutschland. Jetzt ist der einzige Oligarch Österreichs gestorben.

Dienstag, 25.10.2022, 07:30 Uhr

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München. Kennen Sie Krating Daeng? Dietrich Mateschitz entdeckte das Getränk, das auf Deutsch „Roter Stier“ heißt, 1982 in Thailand. Mateschitz war damals Handelsvertreter von Jacobs Kaffee. Er kaufte die Rechte, übernahm sogar das Logo. Das war der Beginn von Red Bull – und der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte in Wirtschaft, Sport und Medien. In der Nacht zum Sonntag verstarb Mateschitz im Alter von 78 Jahren. Weltweit trauern Athletinnen und Athleten um den Unternehmer.

Er habe geschafft, „wovon andere nicht gedacht hätten, dass es möglich ist – egal in welcher Hinsicht“, sagte Formel-1-Pilot Sebastian Vettel. „Jetzt ist es ein großer Schock für alle, die ihn auf diesem Weg begleitet haben“, sagte Vettel, der einst als Fahrer von Red Bull vier Weltmeistertitel (2010, 2011, 2012 und 2013) mit Mateschitz gefeiert hatte.

Soziales Engagement

Auch die Politik verneigt sich. Österreich verliere nicht nur einen der erfolgreichsten Unternehmer und einen großen Innovatoren, „sondern auch einen Menschen, der sich Zeit seines Lebens in höchstem Maße für soziale und gesellschaftliche Zwecke engagiert hat“, würdigte Bundeskanzler Karl Nehammer den reichsten Bürger seines Landes.

Das US-Magazin „Forbes“ listete Mateschitz in diesem Jahr mit einem Vermögen von 27,4 Milliarden Dollar (27,8 Milliarden Euro) auf Platz 51 im weltweiten Milliardärs-Ranking. Er prägte mit Red Bull Sportlergenerationen. Lifestyle, Abenteuer, Risiko, Grenzerfahrungen. Extremsport mit Hochglanzoptik, Hauptdarsteller als Helden.

Jenseits der Renn- und Extremsport-, Fußball- oder Energydrink-Inszenierung versteckte sich Mateschitz viel eher, als dass er die Bühne suchte. Was Gerücht war und was nicht, das war seit jeher schwer zu unterscheiden. Zuletzt war es still geworden um Mateschitz. Aufgetreten war er seit geraumer Zeit nicht mehr. Seit Monaten hatte es Gerüchte über eine schwere Krebserkrankung gegeben.

Sohn folgt wohl nach

Über ihn selbst ist wenig bis nichts bekannt. Da gibt es eine Ex-Partnerin und einen 1993 geborenen Sohn. Berichten zufolge soll nun Sohn Mark die Geschicke führen in der Firmenzentrale, malerisch gelegen in Fuschl am See. Ende vergangenen Jahres beschäftigte Red Bull nach eigenen Angaben in 172 Ländern 13.610 Mitarbeiter. Weltweit wurden fast zehn Milliarden Dosen verkauft.

„Unglaublich visionär“

Mateschitz hat mit seinem Imperium die Dimensionen im Sportsponsoring und Marketing neu und anders definiert. Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali pries ihn als „unglaublich visionären Unternehmer“. Er hat Talente gefördert und Karrieren geebnet. „Ohne ihn würde ich jetzt hier nicht sitzen“, sagte der alte und neue Formel-1-Weltmeister Max Verstappen über Mateschitz.

Zu desen Sport-Imperium gehören neben dem Fußball-Bundesligisten RB Leipzig unter anderem auch der Eishockey-Club Red Bull München. Mateschitz verband Sport und Marketing, Hochleistung und Show – in manchen Fällen auch über die Grenzen des Machbaren hinaus. Schwere Unfälle in Extremsportarten trübten das Bild der gern makellosen Red-Bull-Überflieger-Welt immer wieder. Zugleich half er seit 2004 mit seinem Vermögen, dass Querschnittslähmungen künftig besser behandelt werden. Nebenbei baute Mateschitz ein Medienimperium auf.

Daran lässt sich vielleicht auch am ehesten erahnen, wo der Unternehmer selbst stand. Da waren und sind auf der einen Seite seriöse Medienprojekte wie die Rechercheplattform Addendum oder das eher analytische Projekt Pragmaticus. Da ist vor allem aber auch der Sender Servus TV. Gegen ihn läuft ein Verfahren der österreichischen Medienbehörde vor allem wegen seiner Berichterstattung über die Corona-Pandemie. Dem Sender wird vorgeworfen, verschwörungstheoretischen Weltanschauungen Raum zu bieten. Ermittlungsgegenstand: „Durch falsche oder irreführende Äußerungen, einseitige und unsachliche Ausführungen und durch unzulässige Eingriffe in die Rechtssphäre von Dritten, wiederholte und schwerwiegende Verstöße“, sei gegen Bestimmungen der Mediendienstrichtlinie verstoßen worden. Selbst sagte Mateschitz zu den Corona-Maßnahmen: Diese kämen ihm vor, als würde ihm jemand ins Knie schießen und dann einen Kredit für die Operation geben.

Nicht ganz freiwillig wurde Mateschitz 2017 der in den Medien präsenteste österreichische Firmenchef. In einem Interview hatte er offen den damaligen Politik-Jungstar Sebastian Kurz gelobt – und zugleich „das unverzeihliche Ausmaß der politischen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen bei der Nichtbewältigung der Flüchtlingswelle oder, besser gesagt, der Auswanderungswelle“ kritisiert.

Schon zu Beginn der Flüchtlingskrise sei „für jedermann erkennbar“ gewesen, „dass der Großteil der Menschen nicht der Definition des Flüchtlings“ entspreche. Man müsse „taub und blind“ gewesen sein, um das nicht zu erkennen. Es sei ein Fehler gewesen, die Grenzen nicht zu schließen.

Austroligarch

Dietrich Mateschitz war wohl das, was man einen Austroligarchen nennen kann: eigene Sportvereine, eigener TV-Sender, enge Beziehungen in die Politik. Ein Mann mit großen Spielzeugen. „Alles, was mir wirklich wichtig ist, kann man nicht kaufen“, sagte er einmal. „Natürlich ist es lustig, mit meinem Cobra-Cabrio in die Berge zu fahren oder fliegen zu gehen. Aber diese Spielzeuge können Sie mir sofort wegnehmen. lch merk es nicht einmal.“ mit dpa

Von Stefan Schocher, Funke Mediengruppe

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