Landkreis verliert Klinikstreit gegen Asklepios endgültig

Im Streit um die Klinik in Clausthal-Zellerfeld hat der Landkreis vor Gericht zweimal den Kürzeren gezogen. Foto: Neuendorf
Nach der Schlappe vor dem Landgericht Braunschweig unterliegt der Landkreis auch im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht und verliert den teuren Prozess auf ganzer Linie. Für das Krankenhaus Clausthal-Zellerfeld zeichnet sich das Ende ab.
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Braunschweig/Clausthal. Erwartungsgemäß hat das Oberlandesgericht Braunschweig am Donnerstag die Berufung des Landkreises Goslar im Streit mit Klinikbetreiber Asklepios zurückgewiesen. Im Kern hält das Gericht die Forderungen für zu unbestimmt. Damit zeichnet sich das Ende der Klinik im Oberharz ab.
Mit dem Urteil nimmt ein zäher und aus Sicht des Landkreises enttäuschender Rechtsstreit ein Ende, für den rund 4,2 Millionen Euro im Haushalt bereitgestellt wurden. Der Landkreis hatte bereits in dem Urteil des Landgerichts vom Januar 2021 nicht in einem einzigen Punkt recht bekommen.
Der Landkreis hatte noch unter Landrat Thomas Brych und per Kreistagsbeschluss 2019 geklagt, weil der Klinikbetreiber seine Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag von 2003 nicht erfüllt habe. Daraus wurde eine Vertragsstrafe von 16 Millionen Euro abgeleitet, weil Asklepios die Klinik nicht weiterentwickelt habe, sondern ausbluten lasse. Das Krankenhaus sei sogar leer geräumt und baufällig.
Forderungen sind zu unkonkret
2003 waren die Kliniken in Clausthal-Zellerfeld, Goslar und Bad Harzburg für 15 Millionen Euro verkauft worden. Der Preis sei überschaubar gehalten worden, weil der Käufer verpflichtet werden sollte, alle Standorte zu erhalten, hieß es. Vor dem Oberlandesgericht zeigte sich indes wie im Urteil des Landgerichts, dass der Privatisierungsvertrag nicht taugt, um die Position des Landkreises durchzusetzen. Der 8. Zivilsenat hat am Donnerstag entschieden, dass die Forderung nach Standortsicherung zu unbestimmt sei. Der Landkreis habe nicht klargestellt, von welchen Mindeststandards er ausgehe, die laut Vertrag erfüllt beziehungsweise nicht unterschritten werden dürfen.
In den Verhandlungen wirkte der Landkreis nicht optimal juristisch vertreten. In diesem Sinne kann ein weiterer Hinweis des Oberlandesgerichts verstanden werden. In der Urteilsbegründung heißt es, der Landkreis habe nicht klar formuliert, welche Pflichten erfüllt werden sollen. Dieses sei die Hauptstreitfrage. In seinem entsprechenden Antrag habe der Landkreis nur den Vertragstext wiederholt, der aber keine spezifischen Forderungen enthalte.
Die Frage nach der Qualität der juristischen Vertretung stellt sich an einem weiteren Punkt: Der Landkreis wollte feststellen lassen, dass Asklepios seit 2003 gegen Pflichten aus dem Privatisierungsvertrag verstoße. Die entsprechenden Anträge seien ebenfalls unzulässig. Für solche „Vorfragen“ fehle das „Feststellungsinteresse“.
Anträge sind unzulässig
Das Oberlandesgericht hatte im Oktober sogar die Frage aufgeworfen, ob der Landkreis aus formalen Gründen durch die internationale Großkanzlei Latham&Watkins vertreten werden könne. Das Urteil fällt für den Landkreis katastrophal aus: Forderungen nach Vertragsstrafen sind verjährt und nicht durchsetzbar, darüber hinaus fehle eine Abmahnung an Asklepios. Eine Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.

Adelheid May
Der Klinikkonzern sieht sich durch das Urteil „eindrucksvoll“ bestätigt. Asklepios habe alles getan, um die Gremien und den Landrat über die Entwicklungen in den Harzkliniken zu unterrichten. Regionalgeschäftsführerin Adelheid May sagt: „Es ist erschütternd, dass der Landkreis diesen aussichtslosen Prozess wider besseren Wissens so beharrlich vorangetrieben hat.“ Damit habe er „das gute Verhältnis zu seinem Krankenhausträger“ beschädigt und Steuergeld in Millionenhöhe verschwendet. Asklepios-Anwalt Kai Labenski aus Seesen meint, das Oberlandesgericht habe mit seinem Urteil gezeigt, dass der Klage „handwerkliche Fehler“ zugrunde liegen würden.
Clausthal-Zellerfelds Bürgermeisterin Petra Emmerich-Kopatsch bedauert das Urteil. Sie bemängelt, dass das Gericht eine Vertragsbindung auf 15 Jahre beschränkt habe und sich dabei auf ein Urteil zum sozialen Wohnungsbau beziehe. Das passe nicht zu Kliniken, die sehr viel älter seien.

Alexander Saipa
Landrat Dr. Alexander Saipa sagt, der Landkreis habe keine andere Wahl gehabt, als sich zu wehren, weil der Konzern sich „nicht an vertragliche Vereinbarungen und Verpflichtungen“ halte. Klar sei zudem, dass es nicht nur um Clausthal-Zellerfeld gehe, „sondern wir natürlich auch immer die Standorte in Bad Harzburg und Goslar im Blick hatten und haben“. Das Urteil sei ein „Rückschlag für die Gesundheitsversorgung im Oberharz“.
Derweil zeichnet sich das Ende der Klinik ab. Während der Landkreis juristisch um den Erhalt des Hauses kämpfte, das kommendes Jahr 110 Jahre besteht, wird der Standort wohl geschlossen, weil eine gewerberechtliche Schau, die vom Land veranlasst worden war, zu viele Mängel offenbart hat.
Darüber hinaus hat das Land registriert, dass die Klinik ihren Betriebszweck nicht mehr erfüllt, weil nicht erst seit gestern keine stationären Behandlungen mehr erfolgen würden. Das Sozialministerium kündigte vor diesem Hintergrund bereits an, was der Klinik droht: Sie wird 2023 aus dem Krankenhausplan genommen.