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Im Saal des Lindenhofs

Karneval in Goslar: Session mit Zauberern und Zombies

Wer ist denn hier die „Pirate Queen“? Die räuberischen Frauen geben alles, und die vierstündige Session der Großen Karnevalsgesellschaft nimmt Fahrt auf. Fotos: Frank Neuendorf

Wer ist denn hier die „Pirate Queen“? Die räuberischen Frauen geben alles, und die vierstündige Session der Großen Karnevalsgesellschaft nimmt Fahrt auf. Fotos: Frank Neuendorf

„Wir sind bereit für Karneval in Goslar“, singen die Aktiven der Großen Karnevalsgesellschaft  (GKG). Im Saal des Lindenhofs sitzen am 3. Februar Hunderte Gäste; darunter sind Hexen, Wikinger, Zauberer, Zombies und andere schrille Gestalten.

Von Ernst-Diedrich Habel Montag, 05.02.2024, 10:30 Uhr

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Die Karnevalisten haben die Bühne erreicht; dort stehen und sitzen sie zusammen: der Elferrat, die Funkengarde, die Gesangsgruppe Lollipops und Büttenredner. Das Klatschen und Pfeifen im Publikum verstummt, ein Narr tritt vor: „Ich bin der Till, und ich darf sagen, was ich will.“ Die GKG wird in den nächsten vier Stunden ein Programm präsentieren, voll mit Musik, Tanz und Comedy. Doch zwischen all dem Spaß ist auch mancher Wermutstropfen. Till macht gleich klar: „Das Nettsein fällt mir schwer.“ Er tritt ab. Sitzungspräsident Andreas Möller moderiert. Er fragt das Publikum: „Habt ihr Lust?“ Ein vielstimmiges „Jaaa!“ schallt ihm entgegen. „Dann wollen wir ’ne schicke Party machen!“

Funken begeistern

Darf’s ein Schoko-Bon sein? Gleich eine ganze Gästegruppe kommt im Outfit der süßen Verführung daher – und macht ordentlich Stimmung.

Darf’s ein Schoko-Bon sein? Gleich eine ganze Gästegruppe kommt im Outfit der süßen Verführung daher – und macht ordentlich Stimmung.

Die Frauen und Mädchen der Funkengarde exerzieren in ihren rot-weißen Uniformen. Sie schwingen bei Trommelschlägen Holzgewehre, schlagen Rad, springen, dass die Röckchen fliegen. Den Gästen zeigen sie ihr strahlendes Lächeln. Möller stellt fest: „Mädels, das habt ihr toll gemacht!“ Am Rand der Feier plaudert die Funke Denise Mengeler. Sie ist „seit 13 Jahren dabei“ und es macht ihr „riesigen Spaß. Noch vor Weihnachten haben wir mit den Proben begonnen und viel geübt.“ Die Begeisterung der Aktiven springt über.

Ernst wird es, als sich „der Kritiker“ vor das Publikum setzt: Michael Bauersachs verfolgt über das Jahr Nachrichten aus der Umgebung. Manches stößt ihm bitter auf, er wandelt es in Lieder um. Bauersachs, in Jeans, tiefrotem Hemd und Bandana, hängt sich eine Akustikgitarre um. Er singt seine Texte zu bekannten Schlagermelodien. „Bei Galeria Kaufhof wird’s mal wieder knapp fürs Personal, weil der Konzern macht schlapp. Bei H&M und C&A sieht’s nicht besser aus.“ Nun singt er: „Ich geh durch Goslars Straßen an leeren Häusern, Shops vorbei. Bin dann am Überlegen, warum muss das denn so sein. Aber eines gebe ich zu, das lässt mir keine Ruh.“ Er fährt fort: „Ohne Geschäfte kann kein Leben sein, fühle mich in Goslar nicht daheim. Ohne Shops ist unsere Stadt bald leer, kommt keiner zu uns her.“ Das gleiche gelte für die Kneipenszene.

Witzig: Die „Gartentanten“ Anja Fischer und Karin Großstück in der Bütt.

Witzig: Die „Gartentanten“ Anja Fischer und Karin Großstück in der Bütt.

Der Kritiker bedauert auch die Auflösung einiger Chöre. Traditionen würden Neuerungen verhindern. Nun singt er: „Anstatt nur ein bisschen moderner zu werden, heißt es lieber in Tradition zu sterben.“ Dann nimmt er sich das Streitthema „Pfalzquartier“ vor. Dafür würden Millionen ausgegeben, statt in den Wasserschutz der Abzucht. „Im Pfalzquartier soll ein neues Hotel bald entstehen. Mit drei bis vier Etagen, man kann’s von weitem dann sehen. Fürs Hotel Kaiserworth und Brusttuch hat das keinen Nutzen.“ Bauersachs singt nach der Melodie des Lieds „Wahnsinn“ von Wolfgang Petry. Er fasst mit kräftiger Stimme zusammen: „Lasst doch unser Kulturgut, wie es immer schon war, sonst kommt das Weltkulturerbe in Gefahr.“ Der Elferrat schunkelt, manche im Publikum stimmen mit ein. Der Kritiker erntet donnernden Beifall und eine dreifache Rakete.

Feiern trotz dieser Zeiten

Ehrengäste werden auf die Bühne geladen, darunter Bürgermeister Axel Siebe. Er trägt zum schwarzen Anzug ein weißes Hemd mit schwarzer Fliege. Ums Wort gebeten meint er: „Wir leben in Zeiten, die sind nicht ganz leicht.“ Doch trotzdem sollten alle feiern. „Genießen Sie den Abend!“ Ausdrücklich dankt er den vielen Frauen, Männern und Unternehmen, die mit Mühe, Arbeit und Zuwendungen erst diese Prunksitzung möglich machen. Die Verkleideten stimmen zu mit Beifall und Fußstampfen. Funken eilen auf die Bühne, legen den geehrten Personen Orden um.

Blick in den gut gefüllten Lindenhof-Saal mit vielen verkleideten Gästen.

Blick in den gut gefüllten Lindenhof-Saal mit vielen verkleideten Gästen.

Witzig kommen „die Gartentanten“ daher. Anja Fischer und Karin Großstück quasseln auch über Urlaub und Affären. Ein Gigolo habe sie am Strand angebaggert mit: „Du bist für mich die Königin der sieben Meere.“ Doch ihre Antwort: „Du bist für mich der Fluch der Karibik.“ Eine Lachsalve geht durch den Saal.

Kurz vor Mitternacht verabschieden sich die Aktiven der GKG. „Nun ist es vollbracht. Es hat uns viel Spaß gebracht.“ Doch bis in den Morgen geht die Party zwanglos weiter.

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