Haushalt 2023 macht Landkreis noch keine Sorgenfalten

Der Goslarer Kreistag berät: Am Montag hat er sich zur letzten Sitzung im Jahr 2022 getroffen und den Haushalt 2023 verabschiedet, der ein Minus von 3,14 Millionen Euro ausweist. Foto: Strache
Noch bietet der Haushalt des Landkreises keinen Anlass für Sorgenfalten. Für kommendes Jahr weist das Zahlenwerk ein überschaubares Defizit von 3,14 Millionen Euro aus. Bald aber häufen sich wegen Ausgabensteigerungen in vielen Bereichen die Schulden.
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Goslar. Die sorgenfreien Zeiten sind aus finanzieller Sicht für den Landkreis vorbei. Zwar weist der im Kreistag beschlossene Haushalt für 2023 noch ein überschaubares Defizit von 3,14 Millionen Euro aus, doch die Kreisverwaltung rechnet in den kommenden Jahren mit Kostensteigerungen in mehreren Bereichen und bis 2026 mit Schulden von mehr als 100 Millionen Euro, derzeit sind es 13,7 Millionen Euro.
Die Zeiten mit finanziellem Spielraum „sind leider vorbei“, sagte Landrat Dr. Alexander Saipa (SPD) in der Haushaltsdebatte am Montag und fügte mit Blick auf freiwillige Leistungen hinzu: „Wir werden künftig wieder genauer hinschauen müssen, was Pflicht und was Kür ist.“ Wie berichtet, wurde der Haushalt mit großer Mehrheit gegen die Stimmen von CDU und Linken verabschiedet.
Kreisumlage gesenkt
Dass die Situation aktuell noch entspannt ist, zeigte sich an zwei Punkten: Erstens wird die Kreisumlage um 1,5 Prozentpunkte gesenkt, um die Kommunen zu entlasten. Der Landkreis verzichtet auf2,78 Millionen Euro. Zweitens gab es in der Debatte keine grundsätzlichen Kontroversen um den Haushalt. Diskutiert wurde über manche Aussage aus den Fraktionen und über politische Anträge.
So hatte Christoph Cless, Fraktionssprecher der AfD, der im Unterschied zu manchem seiner Vorgänger einen ausgleichenden Ton anschlägt, Widerspruch provoziert. Er monierte die „irrsinnig große Menge“ der Änderungsanträge zum Haushalt. Die meisten der mehr als 20 Anträge gehöre in die Ausschüsse, um zunächst dort diskutiert zu werden. Zudem fragte Cless, ob allein der Krieg in der Ukraine Ursache für die „durch die Decke“ gehenden Energiepreise sei, oder ob nicht auch die Energiewende dazu beitrage. Darauf warf ihm Mathias Schlawitz (Grüne) eine „Klimaleugner-Ideologie“ vor, dem trat wiederum AfD-Mann Oliver Hachmeister entgegen.
Linken-Sprecher Rüdiger Wohltmann und Ulrich Eberhardt von der CDU verteidigten die vielen Anträge aus ihren Reihen und verwiesen darauf, dass damit Politik gestaltet werde. Der Grüne Mathias Schlawitz erinnerte indes daran, es sei vereinbart worden, nur „haushaltsneutrale“ Anträge einzubringen, die keine Ausgaben verursachen. Eckhard Wagner, Fraktionschef der SPD, meinte, in der Mehrzahl handele es sich um „Showanträge“, mit denen sich die Fraktionen profilieren wollten. Gefragt sei fortan der „effektive Einsatz von Ressourcen“.
Die rot-grüne Kreistagsmehrheit hatte, wie üblich, alle Anträge abgebügelt oder sanft modifiziert und dann beschlossen. Diesen Umgang hatte nicht nur Rüdiger Wohltmann moniert: „Anträge werden permanent abgelehnt.“ Auch der Appell von CDU-Fraktionschef Bernd Rotzek half nicht, der angemahnt hatte, die Gruppe solle „parteipolitische Grenzen überwinden“.
500.000 Euro
Unterschiedliche Ansätze gab es beispielsweise auch mit Blick auf das Krankenhaus in Clausthal-Zellerfeld. So lag ein Antrag der Linken-Fraktion vor, die 500.000 Euro für den Aus- und Umbau der Klinik für diesen Zweck aus dem Haushalt zu streichen und zur allgemeinen medizinischen Versorgung vorzusehen, weil bald mit der Schließung der Klinik zu rechnen sei. Die CDU wollte die 500.000 Euro nutzen, um ein medizinisches Versorgungszentrum oder Fachärztehaus in Clausthal-Zellerfeld aufzubauen und rügte, dass der Landkreis im Streit mit Asklepios viel Geld im Berufungsverfahren verbrannt habe, um ein „marodes Krankenhaus“ zu retten.
Ärztehaus im Oberharz
Für die FDP erklärte Sprecher Dr. Jürgen Lauterbach kritisch, medizinische Versorgungszentren würden mittlerweile häufig von Konzernen betrieben, und die würden sich auf „große Städte konzentrieren“. Mathias Schlawitz (Grüne) warb schließlich für ein „neu zu denkendes Konzept der medizinischen Versorgung“: Die Gruppe hatte eine Vorlage eingebracht und auch durch den Kreistag gebracht. Danach wird die Verwaltung beauftragt, mit der Kassenärztlichen Vereinigung Braunschweig einen Förderrahmen zu schaffen, um im Landkreis niedergelassene Ärzte anzusiedeln. Dafür sollen 200.000 Euro der 500.000 Euro verwendet werden.
Heike Wodicka von der WGL hatte zur Idee eines medizinischen Versorgungszentrums gesagt, die Politik solle sich auf „Realistisches“ konzentrieren und erinnerte daran, dass Seesen mit seinem Versuch, Ärzte anzusiedeln, es in eine Satiresendung geschafft habe. Schließlich überraschte Sozialdemokrat Manfred Klose aus Clausthal-Zellerfeld mit der Nachricht, dass es im Oberharz bereits Pläne für ein Ärztehaus gibt, er sagte: „Wir haben ein solches Zentrum, und es gibt die Absicht von Ärzten, ein solches Zentrum aufzubauen.“ Die Vorschläge der CDU wären eine Konkurrenz dazu.
Darauf zeigte sich Kreistagsmitglied Lars Weitemeyer von der CDU verwundert, denn als CDU-Fraktionschef im Stadtrat wisse er nichts davon und mutmaßte, es habe Informationen „hinter verschlossenen Türen“ gegeben. Klose konterte, er könne nichts dafür, dass es die CDU nicht für nötig befunden habe, für ein „gewisses Gremium“ Mitglieder zu benennen. „Das ist nicht mein Problem.“
Einstimmig und ohne Diskussion einigte sich der Kreistag darauf, die drei Tafeln im Landkreis stärker zu unterstützen. Sie erhalten statt bisher 900 Euro nicht 3000, wie die Bürgerliste/WGL ursprünglich gefordert hatte, sondern nun sogar zusammen 9000 Euro. Darauf hatten sich alle Fraktionen vor der Kreistagssitzung verständigt. Mit dem Geld reagiert der Kreistag auf die steigende Nachfrage, die die Tafeln in Oker, Seesen und Clausthal-Zellerfeld verzeichnen.