Goslarer (29) vor Gericht: Viele Nachfragen zum angeblichen Alibi

Die Beweisaufnahme im Prozess gegen einen 29-jährigen Mann aus Goslar, dem man Vergewaltigung, Bedrohung und versuchte sexuelle Handlungen zum Nachteil seiner Ex-Freundin vorwirft, wurde abgeschlossen.
Ein 29-jähriger Mann aus Goslar soll seine 24 Jahre alte Ex-Freundin vergewaltigt haben. Doch die Entscheidungsfindung bleibt für die 9. Strafkammer des Landgerichts Braunschweig schwierig. In dem Fall gibt es viele Ungereimtheiten.
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Braunschweig. Die Beweisaufnahme im Prozess gegen einen 29-jährigen Mann aus Goslar, dem man Vergewaltigung, Bedrohung und versuchte sexuelle Handlungen zum Nachteil seiner Ex-Freundin vorwirft, wurde gestern abgeschlossen. Die Entscheidungsfindung bleibt für die 9. Strafkammer des Landgerichts Braunschweig schwierig, denn für die Tathandlungen gibt es keine Zeugen. Da der Angeklagte alle Vorwürfe abstreitet, steht Aussage gegen Aussage.
Die Anklage fußt auf den Angaben der Geschädigten, wonach diese von ihrem ehemaligen Lebensgefährten im November 2021 vergewaltigt worden sein soll. Drei Tage zuvor habe es der 29-Jährige schon einmal versucht, habe aber von seinem Vorhaben Abstand genommen, weil das im Schlafzimmer befindliche erkältete Kleinkind einen Hustenanfall bekam.
Beischlaf „gegen ihren Willen“
Auch sollen diese Übergriffe nicht die einzigen gewesen sein. Bereits im September 2021 sei es zum Beischlaf gekommen, obwohl ihm die 24-Jährige mehrfach erklärt hatte, nicht mit ihm schlafen zu wollen. Der Vorfall im September war allerdings in diesem Prozess nicht Teil der Anklage.
Doch da sie ihm nach dieser Nacht per Chat vorwarf, „es gegen ihren Willen getan zu haben“, bildet dieser Vorfall einen wichtigen Baustein im nicht ganz ungetrübten Glaubwürdigkeitsgerüst der Hauptbelastungszeugin. Die Durchführung der angeklagten Vergewaltigung, nämlich durch den Schnitt in einer Leggings hindurch, warf Fragen auf. Auch dass sich die Geschädigte erst zwei Monate nach der Tat an die Polizei wandte und dann lediglich mit dem Vorwurf, von dem Angeklagten bedroht zu werden, ist nicht alltäglich. Die Vergewaltigung erwähnte die 24-Jährige gegenüber der vernehmenden Polizeibeamtin eher beiläufig. Die sorgte dann dafür, dass die Tat von Amts wegen angeklagt wurde.
Angeklagter soll auf Möbel eingeschlagen haben
An diesem Verhandlungstag kamen weitere Freundinnen der Geschädigten zu Wort, denen die 24-Jährige von den sexuellen Übergriffen erzählte. Alle glaubten der jungen Mutter, die durchweg als freundlich und ruhig beschrieben wurde. Auch der Polizeibeamtin war aufgefallen, dass die junge Frau ihre Aussage ruhig und ohne Belastungstendenz machte. An dem Angeklagten ließen die Freundinnen hingegen kein gutes Haar. Übereinstimmend gaben diese an, dass es viel Streit gegeben hätte, infolgedessen der Angeklagte zuweilen sehr unbeherrscht reagierte und auf Möbel eingeschlagen habe.
Ein ganz anderes Bild zeichneten die Familienmitglieder des Angeklagten. Sie bezeichneten die Vergewaltigungsvorwürfe als „Racheakt“. Als Grund dafür gaben Vater, Bruder und Schwägerin an, dass es die Geschädigte nicht habe hinnehmen wollen, dass der 29-Jährige sie verließ. Die Schmutzkampagne, über die sich besonders der Bruder des Angeklagten echauffierte, habe weite Kreise gezogen und auch zu beruflichen Nachteilen geführt. Der Bruder und auch dessen Frau behaupteten, der 29-Jährige habe den Tatabend bei ihnen in der Wohnung verbracht. Dass es hier viele Nachfragen vonseiten des Gerichtes gab, ist nicht verwunderlich, steht doch der Verdacht eines Gefälligkeits-Alibis im Raum.
19 Einträge im Vorstrafenregister
Was den Angeklagten und fünffachen Vater jedoch am meisten belastet, ist dessen 19 Einträge umfassendes Vorstrafenregister. Dieses weist mit einem schweren sexuellen Missbrauch in minderschwerem Fall, für den der 29-Jährige eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bekam, sogar eine einschlägige Vorstrafe auf. Weitere Strafen gab es unter anderem für Diebstahl, Betrug und auch für Körperverletzungsdelikte. Für sechsfachen Betrug verurteilte ihn das Amtsgericht Goslar gerade erst zu einer Strafe von einem Jahr und zwei Monaten.