Freiwillige Feuerwehr Nauen wendet das eigene Aus ab

In der Fahrzeughalle versammeln sich die Mitglieder, um die Weichen für die Zukunft zu stellen, die die Wehr nun doch hat. Derzeit zählt die Ortswehr 18 Aktive. Foto: Gereke
Nun kann die Freiwillige Feuerwehr Nauen doch 100 Jahre alt werden: In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Samstagabend wählten die Aktiven einen neuen Ortsbrandmeister – und wendeten damit die schon selbst beschlossene Auflösung ab.
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Nauen. Es gibt wohl viele Redewendungen, um das zu beschreiben, was sich in Nauen in den vergangenen Wochen getan hat: Von „Totgesagte leben länger“ bis zu „Wunder gibt es immer wieder“... In der Tat: Das Neiletal war wieder für ein Feuerwehr-Wunder gut. Nachdem vor Jahren die Ortsfeuerwehr Ostlutter vorm Aus stand, weil sich kein Ortsbrandmeister finden wollte, drohte dieses Schicksal nun auch der Nauener Feuerwehr.

Die Aktiven wählen Jeldrik Quint zum neuen Nauener Ortsbrandmeister. Foto: Gereke
Eine jahrelange Suche verlief erfolglos, Ende Januar stimmten die Mitglieder schon für die Auflösung der Wehr – doch dann kam er: Jeldrik Quint. Der 25-jährige Berufsfeuerwehrmann, derzeit wohnt er noch in Bad Salzdetfurth, verliebte sich in ein altes Fachwerkhaus im Ort und kaufte es. Das war Mitte Februar. Und zur selben Zeit erfuhr er von der Misere, in der die Ortswehr steckte. Etwa eine Woche überlegte er, dann rief er den noch amtierenden Ortsbrandmeister Björn Düerkop an.
„Das, was ich tun muss“
„Ich will, dass es weiterhin eine Feuerwehr im Dorf gibt. Und wenn ich mich dafür auf diese Weise engagieren muss, dann ist es das, was ich tun muss“, erzählt er im GZ-Gespräch von seinen Beweggründen, sofort als Ortsbrandmeister durchzustarten, noch bevor er überhaupt im Dorf wohnt – zunächst will er die Immobilie erst einmal sanieren.
Am Samstagabend wählten die Aktiven nun Quint zum neuen Ortsbrandmeister – eine Vorschlagswahl, aber Bürgermeister Ingo Henze kündigte mit einem Augenzwinkern förmlich an, dass ihn der Stadtrat in seiner Sitzung im Juni ebenfalls einstimmig wählen werde.
Neben der Wahl eines Ortswehrchefs stand auch die Neuwahl des restlichen Kommandos auf der Tagesordnung: Nachdem ein neuer Ortsbrandmeister gefunden war, erklärte auch der bisherige Stellvertreter Stefan Bergmann, weitermachen zu wollen und für eine dritte Amtszeit zur Verfügung zu stehen.

Die Lichter bei den Blauröcken gehen doch nicht aus. Dienstabende sind immer alle 14 Tage dienstags um 19.30 Uhr, der erste nach Ostern ist am 2. April. Foto: Gereke
Das Werben von Stadtkommando und Verwaltung hatte auch bei Björn Düerkop Erfolg: Er, der eigentlich sogar aus der Feuerwehr austreten wollte, erklärte sich bereit, als Gruppenführer zu fungieren. Ein Amt, das in Nauen jahrelang vakant war. Die Versammlung wählte beide. Die weiteren Ergebnisse: Jan Düerkop (Schriftführer), Alexandra Pilster (stellvertretende Jugendwartin), Christoph Ahrens (Gerätewart, er folgt auf Uwe Rump), Michael Pages (Kleiderwart), Jan Probst (Sicherheitsbeauftragter) sowie Heinrich Benecke (Kassenwart des Feuerwehrvereins).
Henze sprach natürlich von einem Wunder angesichts der Ereignisse in Nauen in den vergangenen Wochen. Dieser Impuls sei wie das Durchschlagen eines Knotens gewesen. „Ich freue mich, dass die Stadt weiterhin zwölf Ortsfeuerwehren hat. Eine Ortsfeuerwehr gehört einfach zu einem Dorf dazu. Sie kann in Nauen weiterhin dazu beitragen, dass das Dorfleben funktioniert.“
„Du bist jetzt schon legendär und schreibst Geschichte“, kommentierte Kreisbrandmeister Uwe Fricke in Richtung Quint. „Wir haben jemanden gefunden – oder er hat Nauen gefunden“, beschrieb Ortsbürgermeisterin Karin Rösler-Brandt. Sie dankte Quint für seine Entscheidung, nach Nauen zu ziehen und seinen Mut, gleich das Amt des Ortsbrandmeisters zu übernehmen. Das, was in Nauen passierte, verglich sie mit einer „Wiederauferstehung, aber das passt ja zu Ostern“.
„Müssen an uns arbeiten“
Angesichts der nun gelösten Stimmung in der Fahrzeughalle der Nauener Wehr erinnerte der stellvertretende Stadtbrandmeister Bernd Kerwien noch mal daran, wie es im Januar war: „So eine traurige Jahreshauptversammlung habe ich noch nicht erlebt.“ Es sei wie vor einer Beerdigung gewesen.
Mahnende Worte richtete der scheidende Ortsbrandmeister an die Nauener Blauröcke: „Wir haben mit der Wahl eines neuen Ortskommandos einen ersten Schritt gemacht. Aber, Kinder, wir müssen weiter an uns arbeiten.“ Alle hätten mit der Ortswehr in den vergangenen Wochen schon abgeschlossen, nun liege es an allen, mitzuwirken und sie zu neuen Leben zu erwecken – durch Teilnahme an Diensten und Ausbildungen.

Gruppenbild mit neuer Ortswehrführung (v.li.): Bernd Kerwien (stellvertretender Stadtbrandmeister), Stefan Bergmann (stellvertretender Ortsbrandmeister), Jeldrik Quint (designierter neuer Ortsbrandmeister), Björn Düerkop (Gruppenführer) und Langelsheims Bürgermeister Ingo Henze. Foto: Gereke
„Wir müssen die Werbetrommel rühren. Fünf bis zehn neue Mitglieder wären schön. Wo wir die in Nauen allerdings herbekommen sollen, weiß ich nicht“, fügte er wenig euphorisch an. Der Neue hofft, weil nun ein junger Externer an der Spitze der Ortswehr steht, auf positive Effekte. Aber auch der Rest des Dorfes müsse seinen Teil beitragen, dass die Feuerwehr Zukunft hat, findet er.
Übrigens: 2026 ist es so weit – dann besteht Nauens Ortswehr 100 Jahre. Noch eine Parallele zum Ostlutteraner Wintermärchen, wie es damals Lutters Gemeindebrandmeister Hans-Hermann Beltau nannte. Kurz, nachdem dort das Wehr-Aus abgewendet werden konnte, stand ebenfalls das Hundertjährige an.