Energiekrise: Podiumsdiskussion verdeutlicht existenzielle Nöte

Von links Jörg Kleine, Chefredakteur der Goslarschen Zeitung, Stefanie Sandau, Leiterin der Kreisstelle Goslar der Diakonie, Silke Dauert-Koch, Schuldnerberaterin der Diakonie, und Katrin Mackensen, alleinerziehende und berufstätige Mutter. Foto: Kaspert
Auf den Goslarschen Höfen fand im Rahmen der Woche der Diakonie eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Energiekrise – was nun? Wenn das Geld zum Leben nicht mehr reicht“ statt. In den Gesprächen wurden teils existenzielle Nöte deutlich
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Goslar. „Energiekrise – was nun? Wenn das Geld zum Leben nicht mehr reicht“ – so lautete der Titel einer Podiumsdiskussion auf den Goslarschen Höfen im Rahmen der Woche der Diakonie.
Katrin Mackensen, in Teilzeit berufstätig, hat sich Rat bei der Diakonie gesucht, weil sie als alleinerziehende Mutter einer zehnjährigen Tochter in finanzielle Not geraten ist. „Ich bin heute hier, weil sich unsere Situation im Alltag verbessern und leichter werden muss. Ich muss das alles unter einen Hut bringen, muss jeden Tag in allen Bereichen rechnen, rechnen, rechnen.“
„Das verursacht Stress pur“
Moderator Jörg Kleine liefert die Fakten: An der Strombörse explodierte die Megawattstunde nach dem Krieg in der Ukraine im Sommer 2022 zwischenzeitlich fast auf 600 Euro – also das Zehnfache gegenüber Sommer 2020. Der Gaspreis für private Haushalte vervierfachte sich seit 2019 (rund 6 Cent), derzeit gilt ein Preisdeckel von 12 Cent pro Kilowattstunde. Für Kassiererin Mackensen bedeutet das: „Ich habe immer schon mehr eingezahlt, damit es für mich nicht auf einen Schlag zu viel wird, aber 60 bis 80 Euro mehr sind es aktuell trotzdem. Das verursacht Stress pur.“ Als Aufstockerin (Arbeitsagentur) bekam sie den Tipp, sich bei der Schuldnerberatung der Diakonie zu melden. „Natürlich kostet es Überwindung. Es fühlt sich bettelnd an. Es gibt Tage, da wird einem das alles zu viel.“ Vor drei Jahren starb ihr Vater. Es gebe keine Großeltern, die dabei helfen könnten, Arbeit und Kind zu vereinbaren. „Ich habe einen tollen Chef, der immer wieder Verständnis zeigt, wenn etwas mit meiner Tochter dazwischen kommt, aber mehr Geld kann ich nicht bekommen. Ich mache meine Arbeit gern und brauche sie auch für mein Leben.“
Stefanie Sandau, Leiterin der Kreisstelle Goslar der Diakonie: „Bei uns landen viele Menschen, die sagen: Es geht nicht mehr weiter. Viele Berufstätige geraten in solch eine bedrohliche Lage. Niemand von ihnen möchte von Leistungen abhängig sein. Neben Beratung und finanziellen Hilfen braucht es eine helfende Hand.“ Mackensen bestätigt, dass ihr ein offenes Ohr bei der Diakonie geholfen hat.
Zulauf beim Schuldnerberater deutlich gestiegen
Silke Dauert-Koch ist Schuldnerberaterin: „Unser Zulauf ist um 30 bis 40 Prozent gestiegen. Nach der Pandemie sind wir sehr froh, dass wir uns nun wieder gegenübersitzen können. Am Telefon funktioniert Beratung längst nicht so gut. Wir können dann keine Schwingungen wahrnehmen. Bei uns landen auch viele Rentner, für die wir Formulare oder Brennstoffhilfeanträge ausfüllen, aber was unter 100 Euro liegt, wird gar nicht ausgezahlt. Wer alte Stromfresser hat, kann sich Neugeräte jetzt nicht leisten.“ Sie rät Betroffenen: „Unbedingt alles ausschöpfen, was man bekommen kann. Leider fehlt es dem System an Transparenz. Außerdem werden viele Leistungen auf eine sehr unglückliche Art verrechnet.“
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