Ehemaliger Leiter des Goslarer Ratsgymnasiums wird 75 Jahre alt

„Goslar ist unsere Heimat“: Ernst und Elita Steinecke wechseln 1992 aus der Uni-Stadt Göttingen auf die andere Seite des Harzes und genießen das Leben am Georgenberg. Heute feiert der frühere Direktor des Ratsgymnasiums seinen 75. Geburtstag. Foto: Heine
Mehr als 21 Jahre war er der Direktor des Goslarer Ratsgymnasiums: Ernst Steinecke wird am Dienstag 75 Jahre alt. Doch nicht nur für seine ehemaligen Schüler ist der Jubilar eine Institution. Musical-Fans schätzen auch sein Engagemt für Bühnenreif.
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Goslar. Wie es ihm so geht? „Altersgemäß“, antwortet Ernst Steinecke auf diese Frage. Aus den wachen Augen blitzt wie stets ein wenig der Schalk. Auch wenn er von seinem „neuen Physiotherapeuten“ erzählt. Labrador Ben ist 15 Monate alt. Mit ihm dreht Steinecke viermal am Tag seine Runde am Georgenberg. Am Dienstagmittag setzt das Duo vielleicht einmal aus. Denn der Mann, der in seinen mehr als 21 Jahren als Direktor des Ratsgymnasiums rund 1300 junge Menschen zum Abitur begleitet hat, feiert seinen 75. Geburtstag.
Bravouröse Musicals
Für Gäste steht ab 10 Uhr die Käseplatte bereit. Wer kommen mag, mag kommen – ganz zwanglos. Mit der Familie und Freunden wird erst am Sonntag in der „Alten Münze“ gefeiert. Mit Sicherheit sind an beiden Tagen noch einmal die bravourösen Musical-Aufführungen des Vereins Bühnenreif am Rammelsberg vor einem Monat ein großes Thema. Nicht nur, dass Sohn Philipp wie schon so oft in einer der Hauptrollen sein Talent unter Beweis gestellt hat. „Was die Stadt an diesen jungen Leuten und ihren Leistungen auf der Bühne hat, kann sie gar nicht genug wertschätzen“, sagt Steinecke. Was dort jetzt wieder geboten wurde und regelmäßig geboten wird, sei bewundernswerte Musical-Qualität.

Bühnenreife „Bühnenreif“-Ansagen vor den Musicals: 2014 greift Ernst Steinecke für „Hair“ zu Perücke und Abendkleid ...
Ihren Ursprung hat diese Geschichte – wie sollte es anders sein – im Juni 2001 am Ratsgymnasium, als Steinecke Wege freiräumte und den Anschieber gab. Die Musical-AG führte „Grease“ im Odeon auf. Ministerpräsident und RG-Ehemaliger Sigmar Gabriel saß als Schirmherr im Saal. Steinecke wird Gründungsvorsitzender für Bühnenreif und bleibt es noch lange über seine Direktorenzeit hinaus.
Jedem ehemaligen Ratsgymnasiasten ein Begriff
„Wenn wir einen Ehemaligen nachts wecken und fragen, was ihm zum Ratsgymnasium einfällt, sagt der: Ernst Steinecke.“ Goslars Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk sagt diesen Satz, der unwidersprochen bleibt, als das Stadtoberhaupt Steinecke im April 2016 für dessen Verdienste nicht nur um Schule und Musical-Highlights, sondern auch um den Museumsverein, dem er 16 Jahre lang vorstand, das Bundesverdienstkreuz im Großen Heiligen Kreuz überreicht. Was Junk sagt, passt schon so ungefähr. Steinecke selbst würde anders formulieren: Im besten Fall bleibt ein Chef als Coach im Hintergrund und lässt seine Lehrer machen und muss nie eingreifen. Aber wenn es denn doch pressiert, dann sind ein Direktor und seine Durchsetzungskraft eben schon gefragt – ja unverzichtbar.
Wie alles anfing? Mit 28 Jahren wird Steinecke stellvertretender Direktor am Göttinger Abendgymnasium und der jüngste Vize in Niedersachsen. 1992 ruft das Ratsgymnasium in Goslar, das nach einem Nachfolger für den pensionierten Hans Kopp sucht. Steinecke zieht mit Ehefrau Elita, mit der er seit 1970 verheiratet ist, sowie den beiden Söhnen Christian und Philipp konsequent in die Stadt seines neuen Wirkungskreises.
Im Innern des Zirkels

Ein Jahr später zur Premiere von Pinkelstadt gibt er den formvollendeten Klomann. Archivfotos: Epping
Personalrat Karsten Behr erklärt bei Steineckes Verabschiedung im Juni 2013, wie der neue Chef seinerzeit vorging: Es wird ein Zirkel hervorgekramt, ein Radius von einem Kilometer eingestellt, auf der Karte ein Kreis rund ums RG gezogen und innerhalb der Linie ein Haus gekauft. Von seiner Schule will Steinecke nicht weit(er) weg wohnen. Eine optimale Schule, das verrät er im GZ-Interview zu seinem Abschied, zeichnen nach seinem Dafürhalten ein hohes Maß an einem gemeinsamen Wollen, so viel Transparenz wie möglich, nachvollziehbare Entscheidungen, Engagement und Beteiligung aller Schüler, Lehrer und Eltern sowie viel Eigenverantwortung aus. „Es kommt nicht auf die einzelne Unterrichtsstunde an, sondern darauf, am Ende richtige Menschen verabschieden zu können.“
Sammler von Kult-Kameras und prächtigem Porzellan
Das Sammeln von kultigen Kameras und prächtigem Porzellan, die Aquarellmalerei oder mit Öl auf Leinwand, das Pflegen des Weinkellers oder die leider viel zu seltenen Treffen mit Enkelin und Augenstern Viola (3), die mit Papa Christian und Mama Etta in Norditalien lebt – dem immer wissbegierigen Mann ist im Ruhestand nun wirklich nicht langweilig.
Und heute verrät er sogar noch etwas: Damals, als er mit seiner Elita und den Kindern aus der wuseligen Universitätsstadt Göttingen ins doch eher beschauliche Goslar gezogen sei, sei die Gefühlslage doch gemischt gewesen. „Aber Goslar hat uns mit seiner Kultur und Geschichte so begeistert“, sagt Steinecke, „dass wir uns immer wohlgefühlt haben – Goslar ist unsere Heimat.“