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Landessieger von „Jugend forscht“

Clausthal-Zellerfeld: Tüftler bauen Rollstuhl der Lehrerin um

Prof. Christian Bohn, Vize-Präsident der TU Clausthal, begrüßt die Gäste und Teilnehmer in der Aula Academica in Clausthal-Zellerfeld. Foto: Neuendorf

Prof. Christian Bohn, Vize-Präsident der TU Clausthal, begrüßt die Gäste und Teilnehmer in der Aula Academica in Clausthal-Zellerfeld. Foto: Neuendorf

Landesentscheid von „Jugend forscht“ in der Aula Academica: Schüler beeindrucken nicht nur die Jury mit ihren Projekten, die Lösungen für Alltagsprobleme bieten. Mehrere Nachwuchsforscher wurden jetzt für ihre bedeutende Arbeit ausgezeichnet. 

Von Emely Jenzora Mittwoch, 13.03.2024, 19:00 Uhr

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Clausthal-Zellerfeld. Proteine für glutenfreien Teig, ein selbst bremsender Rollstuhl und ein Müll aufsammelndes Fahrzeug: Auch in diesem Jahr haben Jugendliche aus Niedersachsen geforscht und sich mit ihren innovativen Ideen für den 44. Landeswettbewerb von „Jugend forscht“ qualifiziert. In der Aula Academica der TU Clausthal präsentierten sie am Mittwoch ihre Forschungsprojekte.

Insgesamt 78 Schülerinnen und Schüler haben sich in den regionalen Wettbewerben für den diesjährigen Landesentscheid qualifiziert – der Landkreis Goslar war diesmal nicht vertreten. Die Gewinner aus den verschiedenen naturwissenschaftlichen Bereichen wurden bereits vor der Ausstellung von der 30-köpfigen Jury ausgewählt. Die Auszeichnung selbst übernahm traditionell der Landeswettbewerbsleiter, Dr. Daniel Osewold: „Neben kreativen Ideen habt ihr gezeigt, dass ihr eure Zukunft selbst gestalten wollt, und das auch könnt“, richtete er sich an die jungen Forscher.

Bedeutende Arbeit

Die Regionaljurys achten laut Osewold bei ihrer Bewertung darauf, dass die Projekte wettbewerbsfähig sind. „Denn es sollen hier alle motiviert und nicht frustriert werden“, erklärte der Wettbewerbsleiter im Gespräch mit der GZ. Die Schüler sollen sich für Naturwissenschaften interessieren und danach im besten Fall ein Studium in dem Bereich anstreben. „Der Wettbewerb steht nicht für Konkurrenzkampf. Denn letztendlich leistet jeder Teilnehmer bedeutende Arbeit.“

Leon Maximilian Koehler aus Braunschweig, Sieger der Kategorie Technik, befestigt Elektrodenpaare am Arm einer Probandin. Foto: Jenzora

Leon Maximilian Koehler aus Braunschweig, Sieger der Kategorie Technik, befestigt Elektrodenpaare am Arm einer Probandin. Foto: Jenzora

Muskeln steuern, ohne dafür das Gehirn zu nutzen? Die Gewinner der Kategorie Technik haben sich mit der elektrischen Muskelstimulation beschäftigt. Darunter vorstellen kann man sich die Kontraktion eines Muskels durch ein moduliertes Stromsignal, welches normalerweise als Nervenimpuls vom Gehirn kommt. Damit wollen Leon Maximilian Koehler und Anna Katharina Pook von der Hoffmann-von-Fallersleben-Schule in Braunschweig zum Beispiel die Reaktionszeit verbessern und es auch Menschen mit Nervenschädigungen ermöglichen, wieder ein Hobby ausführen zu können. Es werden Elektrodenpaare am Unterarm angebracht und Strom mit einem Relais eingeschaltet. Die Elektrodenpaare können dann bestimmte Finger steuern. „Ich selber benutze es zum Klavierspielen, obwohl ich das Instrument gar nicht kann“, verriet Koehler. Für dieses Projekt erhielt das Team obendrein noch den Sonderpreis Elektronik, Energie- und Informationstechnik.

Den ersten Platz in der Kategorie Chemie machten Jarne Seibt und Arne Koenen vom Ubbo-Emmius-Gymnasium in Leer. Mit ihrer Erfindung können sie CO aus der Atmosphäre binden und lösen. Kai Flake und Johannes Törner von der Angelaschule Osnabrück, beschäftigen sich mit der Planetenanalyse und erhielten dafür den ersten Preis im Bereich Geo- und Raumwissenschaften.

Minke van den Nieuwendijk von der Halepaghen-Schule in Buxtehude hat Zöliakie und ist von den glutenfreien Produkten nicht wirklich überzeugt. „Das Brot ist einfach nur platt und überhaupt nicht luftig“, erzählte sie. Also hat sie mit ihrer Forschung begonnen und Reismehl durch verschiedene Proteine ersetzt.

„Es gibt bereits Ansätze, doch niemand kann sie erklären. Ich habe mich daher auch mit der Theorie beschäftigt.“ Und sie ist zu einem Ergebnis gekommen: Wenn man einer glutenfreien Mehlmischung Molkenproteinpulver oder Flohsamenschalenpulver hinzufügt, erhält man einen luftigen Teig. An ihrem Stand konnte man sich anhand ihrer selbst gebackenen Brote davon überzeugen. Für ihr Projekt bekam sie den zweiten Preis in der Kategorie Arbeitswelt.

Hilfe für kranke Lehrerin

Den ersten Platz machten Lotte Luise Goldenstein und Finja Hars vom Gymnasium Papenburg. Sie wollen mit ihrem Projekt Leuten mit Einschränkungen in Kraft und Koordination die Teilnahme am sozialen Leben und Arbeitsalltag ermöglichen. Dafür haben sie einen Rollstuhl mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) ausgestattet. Sie interpretiert erfasste Bewegungsmuster und löst dann die Bremsen. „Unsere Lehrerin ist an Multiple Sklerose erkrankt. Wir wollen einfach, dass sie noch so lange wie möglich am Leben teilnehmen kann“, erklärte Goldenstein.

Gewinner im Bereich Arbeitswelt: Lotte Luise Goldenstein und Finja Hars aus Papenburg erfinden einen Rollstuhl für Menschen mit eingeschränkter Kraft und Koordination. Foto: Jenzora

Gewinner im Bereich Arbeitswelt: Lotte Luise Goldenstein und Finja Hars aus Papenburg erfinden einen Rollstuhl für Menschen mit eingeschränkter Kraft und Koordination. Foto: Jenzora

Alexander Reimer und Matteo Friedrich vom Gymnasium Eversten in Oldenburg haben sich mit programmierbaren Materialien beschäftigt, welche verschiedene Verhaltensweisen lernen können und damit den ersten Platz in der Kategorie Mathematik gemacht und einen Sonderpreis des niedersächsischen Kultusministeriums bekommen. Den ersten Preis im Bereich Physik bekamen Johanna Pluschke und Finn Bartels vom Gymnasium Johanneum in Lüneburg. Das Ziel ihrer Arbeit ist, Ionentriebwerke in Computersimulationen näher zu untersuchen.

Einsatz für das Klima

Den ersten Platz im Bereich Biologie machte Julia Lenger vom Mariengymnasium Papenburg. Sie forscht seit Mai 2023 an ihrem Projekt und ist seit 25 Jahren die erste Teilnehmerin ihrer Schule bei „Jugend forscht“. Während ihrer Forschungszeit hat sie die positiven Eigenschaften von Bakterien für das Klima untersucht und gleichzeitig versucht, diese mit technischen Anwendungen zu optimieren. Dazu hat die 18-Jährige eine technische Zelle gebaut, mit der sie Polyhydroxybuttersäure „wesentlich günstiger herstellen kann, als die Industrie“. „Zusätzlich habe ich es geschafft, dabei das CO nachhaltig zu fixieren“, berichtete die 18-Jährige stolz. Auch den Sonderpreis Energiewende und Klimaschutz erhielt sie für ihr aufwendiges Forschungsprojekt.

Jannes Janzer, Tim Trautzsch und Mattis Franz Harling vom Campe-Gymnasium in Holzminden haben einen Roboter gebaut, der alleine Müll aufsammeln kann. Foto: Jenzora

Jannes Janzer, Tim Trautzsch und Mattis Franz Harling vom Campe-Gymnasium in Holzminden haben einen Roboter gebaut, der alleine Müll aufsammeln kann. Foto: Jenzora

Jannes Janzer, Tim Trautzsch und Mattis Franz Harling vom Campe-Gymnasium in Holzminden haben ein autonomes „Trash Collecting System“ erfunden. Also einen kleinen Roboter, der von alleine Müll aufsammeln kann. „Es gibt viele innovative Ideen, die sich mit Umweltverschmutzung beschäftigen, aber keine davon beschäftigt sich mit Rasenflächen“, klagen die 18-Jährigen. „Unser Roboter soll zum Beispiel ein Festivalgelände über Nacht ganz alleine säubern“, erklärt Harling.

Durch die eingesetzte KI könnten sogar die Mülltypen erkannt werden, also könne gleichzeitig so eine Mülltrennung ermöglicht werden. Der Roboter kann durch eine Schaufel den Müll in den eigenen Abfallbehälter werfen. „Nächstes Jahr wollen wir damit nochmal bei Jugend forscht teilnehmen“, sagt Janzer. Für ihre innovative Idee erhielt das Trio den Sonderpreis Umwelttechnik.

Die Gewinner, die das Bundesland Niedersachsen vertreten, dürfen ihre Projekte erneut beim Bundeswettbewerb in Heilbronn vom 30. Mai bis 2. Juni präsentieren.,

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