Botero hinterlässt ein üppiges Erbe in Goslar
Aus dem Goslarer Stadtbild sind die beiden Botero-Figuren am Rosentor nicht wegzudenken. Foto: Sowa
Der kolumbianische Künstler Fernando Botero ist am Freitag im Alter von 91 Jahren gestorben. In Goslar hinterlässt er ein üppiges Erbe: Seine Bronzen „Mann mit Stock, Frau mit Schirm“ am Rosentor gehören zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt – und haben eine lange Geschichte.
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Goslar. Zugegeben: Das Kunstwerk ist unter Einheimischen eher unter dem Namen „Die beiden Dicken“ bekannt. Botero erlangte seinen Weltruhm vor allem durch die Darstellung üppiger Frauen. Er selbst soll das laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (DPA) aber anders betrachtet haben: Er gebe allem Volumen, egal ob Mensch, Tier oder Landschaft. Für ihn sei es eine Verherrlichung der Sinnlichkeit.

Der kolumbianische Künstler Fernando Botero ist gestorben. Archivfoto: dpa
Volumen haben die beiden Botero-Figuren in Goslar reichlich zu bieten. Das Kunstwerk ist 2,20 Meter hoch, zwei Meter breit und 70 Zentimeter tief.
Die gemeinsame Geschichte von „Mann mit Stock, Frau mit Schirm“ und der Stadt Goslar beginnt Ende der 1980er Jahre. Zunächst kommen die beiden als künstlerische Leihgabe in den Garten des Mönchehauses in den Harz.
Kauf im Jahr 1988
Kurz vor Weihnachten 1988 gibt die Stadt dann bekannt, dass es in einem gemeinsamen Kraftakt mit der Sparkassenstiftung und dem Kunstmäzen Peter Schenning gelungen sei, die Skulptur zu erwerben. Das Botero-Kunstwerk findet schließlich als Dauerleihgabe der Niedersächsischen Sparkassenstiftung an den Verein zur Förderung moderner Kunst seinen Platz in Goslar. Der Preis bleibt jedoch stets Geheimsache. Aus einer Dokumentation Goslarer Kunstwerke geht zumindest hervor, dass im Jahr 2005 eine Versicherungssumme von 125.000 Euro festgeschrieben war.

Der Schirm der Botero-Frau musste schon mehrfach repariert werden. Foto: Stadtarchiv
Doch zurück ins späte Jahr 1988: Die Standortfrage beschäftigt zunächst die Goslarer Politik und Kunstszene. Zur Wahl stehen der Bahnhofsvorplatz und das Rosentor, direkt vor dem Standesamt. Der zweite Standort macht das Rennen, weil nicht nur Zugreisende die Kunst bestaunen dürfen sollen.
Die GZ wirft die Frage auf, ob der Anblick des üppigen Pärchens für zukünftige Generationen von frisch vermählten Ehepartnern eher ein gutes oder schlechtes Omen ist. Heute spielt das keine Rolle mehr, das Standesamt befindet sich mittlerweile in der Kaiserpfalz. Feierlich und ganz offiziell enthüllt wird das Botero-Pärchen im Rahmen des Tages der Niedersachsen am 10. Juni 1989. Der Künstler ist nicht vor Ort. Er hat übrigens auch nie den Kaiserring erhalten.
Noch vor den Feierlichkeiten am Tag der Niedersachsen wird der Schirm der Botero-Dame beschädigt und muss geschweißt werden. Es ist nicht das letzte Mal, dass es jemand auf den bronzenen Regenschutz abgesehen hat. Im Juni 1990 berichtet die GZ über eine „Brachialgewalt“, mit der die Täter den Schirm komplett abgerissen hätten. Überhaupt kriegt Kunst im öffentlichen Raum in dieser Zeit einiges ab: Der güldene Marktbrunnen-Adler lässt gleich mehrfach seine Schwanzfedern, vor der Jakobikirche wurde die Jakobussäule zweimal binnen kurzer Zeit zerschlagen.
Schirm-Probleme
Das Problem beim Botero-Schirm sind anscheinend der lange Stock und das schwere Ende. Dadurch ist es relativ einfach, das Kunstwerk zu beschädigen. Doch es sind nicht immer nur Kriminelle am Werk. Im September 1998 kommt heraus, dass der wieder einmal seit Monaten verschwundene Schirm beim Bauhof liegt. Die Polizei hatte zu der Zeit die Suche schon aufgegeben, eine Mitteilung des Bauhofs an das Mönchehaus war anscheinend in den Verwaltungsuntiefen verloren gegangen. Das Mönchehaus plant, einen Gipsabdruck des wieder aufgetauchten Kunstwerkteils anzufertigen, um auf zukünftige Verluste vorbereitet zu sein.
Die Figuren haben auch heute, mehr als 30 Jahre nachdem sie am Rosentor aufgestellt wurden, nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Kein Goslarer Fotomodell ist ähnlich gefragt, wie das bronzene Duo. Botero zieht die Menschen an, das wird auch sein Tod nicht ändern.
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