Zähl Pixel
Fachfrau schreibt ein Buch

Bad Harzburgerin gibt Einblicke ins hassgeliebte Pflege-Chaos

Durchs Tagebuchschreiben ist Sandra Kunstmann auf die Idee für ihr Buch gekommen.  Foto: Exner

Durchs Tagebuchschreiben ist Sandra Kunstmann auf die Idee für ihr Buch gekommen. Foto: Exner

Pflegekraft Sandra Kunstmann bricht in ihrem Buch humorvoll, jedoch ungeschönt eine Lanze für ihren Beruf. Sie berichtet von Erlebnissen mit Kollegen, Pflegeheimbewohnern,  von zu kleinen Strech-Hosen oder der spontan blank ziehenden Kollegin.

Von Christoph Exner Freitag, 12.05.2023, 19:00 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Bad Harzburg. Mangelnde oder marode Ausstattung, schlechte Patienten-Versorgung, Insolvenzen und Heimschließungen – aus der Pflegebranche gibt es dieser Tage wahrlich viele schlechte Nachrichten zu lesen. Für all diejenigen – aber nicht nur die –, die selbst in dem Bereich tätig sind und darüber nachdenken, das Handtuch zu werfen, hat die Bad Harzburgerin Sandra Kunstmann jetzt ein Buch geschrieben. Die 39-Jährige ist selbst Pflegekraft – aus vollster Überzeugung.

„Lesen Sie mich durch – Kündigen könne Sie danach immer noch“ lautet der etwas sperrige Titel ihres Werks. Kunstmanns Buch ist eine Art Liebeserklärung an ihren Beruf. Darüber hinaus bricht die Autorin eine Lanze für die Zeitarbeit, die heute bei vielen eher keinen so guten Ruf besitzt. Erhältlich ist es ab sofort im Buch- beziehungsweise Online-Handel.

Aus dem wahren Leben

Nach ihrem Abitur studierte Kunstmann Pflege, machte erst ihren Bachelor, dann ihren Master in Pädagogik der Pflege- und Gesundheitsberufe. Anschließend hängte sie eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten dran. Über Umwege landete die gebürtige Hallenserin jedoch am Ende wieder im Pflegebereich. Bewusst aber ist sie nirgendwo fest in nur einer einzigen Einrichtung tätig, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt.

Sandra Kunstmann "Lesen Sie mich durch - kündigen können Sie danach immernoch" Buch Cover Foto: Exner

Sandra Kunstmann "Lesen Sie mich durch - kündigen können Sie danach immernoch" Buch Cover Foto: Exner

Kunstmann arbeitet als sogenannte externe Kraft jeden Monat in einer anderen Pflegeeinrichtung im Umkreis von 50 Kilometern um Bad Harzburg. Durch die Zeitarbeit sei sie deutlich flexibler als früher, sagt sie, hat jetzt mehr von ihrer Familie.

Über die Jahre hat Kunstmann immer fleißig Tagebuch geschrieben. Alle besonderen Situationen – Lustiges, Skurriles, vielleicht auch mal Trauriges – was sie so während ihres Arbeitstags erlebte, hat sie darin abends festgehalten. Irgendwann entstand dann die Idee, daraus ein Buch zu machen.

Leserinnen und Leser dürfen und müssen allerdings keine Fachliteratur erwarten. Kunstmanns Buch wirft vielmehr einen humoristischen, teils sarkastischen Blick aufs Thema Pflege. Es ist angenehm umgangssprachlich formuliert, die Kapitel sind kurz, jedes streckt sich nie über mehr als drei Seiten. Die Autorin berichtet von Erlebnissen mit Kolleginnen und Kollegen, Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern; von zu kleinen Strech-Hosen, dem besonderen Nikotinverlangen von Pflegekräften oder der spontan blank ziehenden Kollegin.

„Nicht straffällig werden“

Inspirieren lassen hat sie sich dabei von Autor Dr. Marco Moor, der in seinem Titel „Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt“ ebenfalls auf humorvolle Art Praxissituationen aus dem Krankenhaus schildert.

Kunstmann verschweigt aber auch nicht die Probleme, die es so in der Pflegebranche gibt. Sie schreibt von der Unterbesetzung beim Personal oder technischen Hilfsmitteln, die schon seit Jahren kaputt sind. Eben vom „Praxis-Chaos“, wie sie es liebevoll nennt, denn am Ende geht es der Autorin nicht darum, abzuschrecken, sondern – im Gegenteil – durch ihr Buch für einen Beruf in der Pflege zu begeistern. Kunstmann nimmt den Leser mit in ihre Welt, zu Situationen, in denen sie „kurz vorm Ausrasten“ war und zeigt, was hilft, „dabei nicht straffällig zu werden.“

Pflegekräfte werden sich in dem Buch wiederfinden, alle anderen werden sich prächtig unterhalten fühlen, womöglich noch das eine oder andere lernen – und den Pflegebereich künftig mit Sicherheit aus einem anderen Blickwinkel betrachten.

Sandra Kunstmann, „Lesen Sie mich durch – Kündigen können Sie danach immer noch“, BoD-Verlag, 20 Euro. ISBN: 978-3-7519-0097-3.

 

Die Goslarsche Zeitung gibt es jetzt auch als App: Einfach downloaden und überall aktuell informiert sein.

Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region