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Verein „Spurensuche“

15 neue Stolpersteine in Goslar geplant

Im Oktober 2021 wurden die ersten Stolpersteine in Goslar verlegt. Nun sollen 15 weitere folgen.  Archivfoto: Hartmann

Im Oktober 2021 wurden die ersten Stolpersteine in Goslar verlegt. Nun sollen 15 weitere folgen. Archivfoto: Hartmann

Zur Erinnerung an Goslarer Juden, die von den Nazis ermordet, zur Zwangsarbeit gezwungen oder aus dem Land vertrieben wurden, will der Verein "Spurensuche" 15 neue Stolpersteine setzen. Eine Informationsveranstaltung dazu gibt es im November.

Von Petra Hartmann Samstag, 13.08.2022, 16:00 Uhr

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Goslar. Der Verein Spurensuche plant, für 15 jüdische Goslarer Stolpersteine zu setzen. Angepeilt ist ein Termin Ende Februar. Der Künstler Gunter Demnig habe bereits zugesagt und werde die Steine selbst ins Pflaster einpassen, informiert der Verein. Bei der ersten Verlegung im vergangenen Jahr hatte Demnig der Stadt die Genehmigung erteilt, die Steine durch eigene Mitarbeiter setzen zu lassen.

Besonders wichtig war den Vereinsmitgliedern, die Schicksale der 15 Personen genau zu klären und ihre Hinterbliebenen ausfindig zu machen, betont Dr. Stefan Cramer. Inzwischen wurden einige Nachkommen identifiziert. Bei ihrer Suche fanden die Vereinsmitglieder Angehörige oder deren Spuren in den USA und Großbritannien. Für vier der Goslarer Juden habe die betreffende Familie bereits ihre Zustimmung gegeben, einen Gedenkstein zu setzen. Der Verein plant, so weit möglich, die Angehörigen zu der Zeremonie nach Goslar einzuladen.

Stolpersteine an sechs Orten 

Die 15 Steine sollen an sechs Stellen im Stadtgebiet verlegt werden. Standorte sind vor den Häusern Fischemäkerstraße 8 (Familie Heilbrunn und Löwenthal), Petersilienstraße 3/4 (Selmar Hochberg), Obere Schildwache 8 (Familie Winter), Kornstraße 6 (Familie Levy), Kornstraße 96 (Louis Meyer) und Rosentorstraße 31 (Familie Lebach).

Stefan Cramer hat für die Suche nach Spuren der Goslarer Juden auch auf das Archiv seines Onkels Hans Donald Cramer zurückgreifen können. Dieser hatte nicht nur das Buch „Das Schicksal der Goslarer Juden 1933-45“ veröffentlicht, sondern auch seine Unterlagen in Buchform gebunden hinterlassen. Von diesem Archiv gibt es drei Ausgaben à sechs Bände. Eine Ausgabe ist in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem in Jerusalem zu finden, eines besitzt das Goslarer Stadtarchiv, das dritte die Familie Cramer. „Darin sind unglaubliche Schätze enthalten“, sagt der Neffe. Unter anderem finden sich darin über 100 Berichte von Augenzeugen.

Digitale Recherche nach Stammbäumen

Aber auch moderne Recherchemethoden nutzt der Verein. „Diese genealogischen Webseiten hatte mein Onkel damals noch nicht zur Verfügung“, sagt Stefan Cramer. Die Digitalisierung habe hier viele neue Möglichkeiten eröffnet. Unterstützt wird der Verein auch von Corinna Meiß, die aktuell mit der Erforschung jüdischer Stammbäume in Goslar beschäftigt ist.

Mit den 15 neuen Stolpersteinen werde die Arbeit des Vereins nicht beendet sein, kündigt Cramer an. Insgesamt gehe es vermutlich um 30 jüdische Mitbürger. Auch viele Grabstellen auf dem jüdischen Friedhof seien noch nicht erforscht. Längerfristig will sich der Verein auch anderen Opfern der Nationalsozialisten widmen. Cramer nennt hier Sinti und Roma, Homosexuelle, Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“, aber auch Opfer der Krankenmorde und politisch Verfolgte.

Inzwischen hat der Verein schon die Zustimmung des Stadtrates zur Verlegung erhalten und die Zusage von Unterstützung durch die Stadt. Der Verwaltungsausschuss stimmte zu, dass Goslar die Kosten für die baulichen Maßnahmen und für die Anreise der Familienangehörigen übernimmt.

Ein Spendentopf für alle Stolpersteine

Die Steine selbst – sie kosten etwa 120 Euro pro Stück – sollen nach Vorstellung von „Spurensuche“ private Spender finanzieren. Allerdings: Es soll ein gemeinsamer Spendentopf geschaffen werden, aus dem alle Steine gemeinsam bezahlt werden. So werde nicht ein einzelner Stein einen konkreten Stifter haben, sondern von allen gemeinsam finanziert werden. Der Verein will so Auseinandersetzungen darüber vermeiden, wer für wen einen Stein setzen darf. Es sollen aber später Pflegepatenschaften möglich sein, bei denen einzelne Bürger jeweils einen bestimmten Stein betreuen können.

Wie die weiteren Pläne aussehen, will der Verein bei einer Informationsveranstaltung am Montag, 7. November, vorstellen. Die Bürger sind ab 19 Uhr in den Kulturmarktplatz eingeladen, Treffpunkt ist der Raum „Arcachon“.

 

Folgende 15 Personen sollen in Goslar einen Stolperstein erhalten:

  • Willy (Willi) Heilbrunn. Er wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Henny (Hanny) Heilbrunn, geborene Löwenthal. Sie wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Kurt Heinz Heilbrunn, später Kenneth Richard Carey. Er konnte fliehen und überlebte.
  • Richard Löwenthal. Er wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Selmar Hochberg. Er wurde in Goslar ermordet.
  • Helene Winter, geborene Stern. Sie wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Gertrud Heilbronn, geborene Winter. Sie hat überlebt.
  • Louis Meyer. Er wurde zur Zwangsarbeit verurteilt, ins KZ gebracht und überlebte.
  • Helene Lebach, geborene Frank. Sie wurde deportiert, ins Konzentrationslager Theresienstadt gebracht und ermordet.
  • Alfred Lebach. Er wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Ernst Lebach. Er wurde deportiert, nach Riga gebracht und ermordet.
  • Lucie Lebach. Sie konnte fliehen und überlebte.
  • Kurt Lebach. Er wurde deportiert, ins Konzentrationslager gebracht und ermordet.
  • Dagobert Levy. Er wurde ins Konzentrationslager gebracht und überlebte.
  • Margarete Levy. Sie wurde ins Konzentrationslager gebracht und überlebte.
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