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Adventsserie „Weihnachten mit Herz“

15. Dezember: Mit dem Ziegenbockgespann der „King“

Ein Ziegenbock kann ein treuer Begleiter sein – wie für Albert Ahäuser in seinen Kindertagen auf dem kleinen Bauernhof seiner Großeltern in Schlewecke. Symbolfoto: dpa

Ein Ziegenbock kann ein treuer Begleiter sein – wie für Albert Ahäuser in seinen Kindertagen auf dem kleinen Bauernhof seiner Großeltern in Schlewecke. Symbolfoto: dpa

In der GZ-Adventsserie „Weihnachten mit Herz“ schreiben Leser Geschichten, die Freude machen, nachdenklich sind und Hoffnung geben. Albert Ahäuser aus Bad Harzburg erzählt die Geschichte von einem tierischen Weihnachtsgeschenk.

Donnerstag, 15.12.2022, 16:00 Uhr

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Bad Harzburg. „Weihnachten mit Herz“ heißt in diesem Jahr der Titel unserer GZ-Adventsserie. Leserinnen und Leser schreiben Geschichten, die Freude machen, nachdenklich sind, Hoffnung geben oder Erinnerungen wecken – gerade auch in schwieriger Zeit. Albert Ahäuser aus Bad Harzburg erzählt die Geschichte von einem tierischen Weihnachtsgeschenk:

Bei dem jetzigen unfriedlichen politischen Weltgeschehen vergleiche ich diese Zeit oft unwillkürlich mit meinen Kindheitsjahren – und stelle viele Ähnlichkeiten fest: Nachdem wir 1943 in Braunschweig ausgebombt worden waren, hatte man uns „ausgebuddelt“, und wir erreichten mit dem Zug Schlewecke. Ich war gerade erst drei Jahre alt und verstand den Ernst der Lage noch nicht so richtig.

Auf dem Harzburger Bahnhof angekommen, freute ich mich angeblich riesig auf den Besuch bei meinen Großeltern, die in Schlewecke einen ganz kleinen Bauernhof betrieben, und uns – ohne mein Wissen – nun ein neues Zuhause geben wollten. Sie nahmen uns sehr herzlich auf und halfen meiner Mutter, wo sie nur konnten. Mein Vater war ja noch Soldat. Organisieren und sparen waren angesagt, ähnlich wie heute. Nur meine ich, dass uns das etwas leichter fiel, da der Lebensstandard einfach unkomplizierter war.

Ich erinnere nur zum Beispiel an die Körperpflege: Statt Dusche gab es ein Bad in der Zinkwanne auf dem Küchentisch. Die Speisen waren einfacher, Autos waren selten. Wir Kinder trafen uns zum sogenannten Kitscheln mit selbst gefertigten Tonkugeln, die sich bei Regen auflösten. Oder wir spielten Karten mit zertrennten Zigarettenschachteln. Aber wir waren glücklich damit.

Ein Junge mit Ziege

Eine intensive Erinnerung habe ich an ein Weihnachtsfest einige Jahre später. Mein Großvater schenkte mir ein komplettes Ziegenbocksgespann zum Fest: mit einem kleinen Handwagen dazu – und einem hübschen Ziegenbock samt Geschirr.

Bei Freunden im Dorf war ich „King“, denn wer besaß schon so etwas? Nun fuhr ich mit dem Ziegenbockgespann beispielsweise täglich unsere Milchkannen zum Sammelplatz. Alle bewunderten mich! Nach einigen glücklichen Jahren war aber mein Ziegenbock ganz plötzlich verschwunden. Die Nachfrage bei meinen Großeltern ergab die fürsorgliche Antwort, dass der Bock zu groß und stark geworden sei, und ich ihn nicht mehr halten könne. Er sei verkauft worden.

Ich war zwar traurig, doch einsichtig. Wie enttäuscht war ich aber dann, als ich das Fell meines Lieblings zum Trocknen auf dem Dachboden entdeckte! Der hatte also der Ernährung an einem Weihnachtsfest zur Abhilfe dienen müssen, und ich hatte sein Fleisch selbst mit verzehrt. Ich sehe heute gern den Film „Giganten“, in dem eine ähnliche Szene vorkommt, als die Kinder beim Weihnachtsschmaus ihren Lieblingsputer als Braten auf dem Esstisch entdecken. Ein paar Tränchen fließen jedesmal wieder!

 

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