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Lesung in der Robert-Koch-Schule in Clausthal-Zellerfeld

Autorin Antje Wagner liest aus„Unland“: Nichts für Happy-End-Fans

Die Schriftstellerin Antje Wagner liest aus ihrem Thriller „Unland“.

Die Schriftstellerin Antje Wagner liest aus ihrem Thriller „Unland“.

Zu einer Lesung war Autorin Antje Wagner jetzt in der Robert-Koch-Schule in Clausthal-Zellerfeld zu Gast. Die 47-Jährige stellte dort ihren Thriller "Unland" vor - und warnte ihr junges Publikum direkt: Ein Happy End wird es in der Geschichte nicht geben.

Von Corinna Knoke Dienstag, 02.11.2021, 19:30 Uhr

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Clausthal-Zellerfeld. Das passiert wohl auch nicht alle Tage: Eine Autorin gibt eine ausdrückliche Warnung ab, ihren Thriller zu lesen. „Wer ein Freund von Happy Ends ist, sollte die Finger von meinem Buch lassen“, sagt Antje Wagner den Siebtklässlerinnen und Siebtklässlern der Robert-Koch-Schule (RKS). Die Autorin liest aus ihrem Werk „Unland“ und schafft es, dass die Schüler ihr eine Doppelstunde an den Lippen hängen.

„Es waren zwei trostlose Jahre“, sagte Petra Stein. Darum ist die Lehrerin glücklich, dass ihre Schüler endlich wieder in den Genuss einer Lesung kommen können, wie sie vor Corona an der RKS schon zur Tradition geworden sind. Stein, die zugleich Vorsitzende des Fördervereins der Stadtbibliothek in Clausthal-Zellerfeld ist, hat den Kontakt zu der zahlreich ausgezeichneten Autorin hergestellt. Finanziert wurde die Lesung durch den Förderverein der Robert-Koch-Schule.

Ein Stück Normalität während der Pandemie an der Robert-Koch-Schule: Während einer Lesung müssen die Schüler hier dennoch eine Maske tragen.  Archivfoto: Knoke

Ein Stück Normalität während der Pandemie an der Robert-Koch-Schule: Während einer Lesung müssen die Schüler hier dennoch eine Maske tragen. Archivfoto: Knoke

Antje Wagner (47) hat eigentlich immer Bücher für Erwachsene geschrieben. Das 2009 erschienene „Unland“ ist ihr erstes Kinder- und Jugendbuch, wie sie berichtet. In diesem Thriller erzählt eine Figur aus der Ich-Perspektive – auf den ersten Seiten ist nicht ersichtlich, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt – von ihrer Zeit im Haus Eulenruh, einem Wohnprojekt für Kinder und Jugendliche.

Der Teenager muss daher von Berlin ins zwei Stunden entfernte Waldburgen ziehen. „Das ist ein richtiges Kaff“, sagt Wagner. „Wenn dort mal ein Huhn über die Straße läuft, herrscht große Aufregung.“ Doch die anfängliche Landidylle täuscht: Irgendetwas stimmt nicht mit den Leuten in Waldburgen. Wieso schweigen sie so beharrlich, wenn man sie auf das verlassene Dorf „Unland“, eine Ruinenlandschaft am Waldrand, anspricht? Warum wurde ein Elektrozaun aufgebaut, der verhindern soll, dass jemand das Gebiet betritt? Vielleicht soll er auch dafür sorgen, dass irgendetwas oder irgendjemand nicht aus „Unland“ abhauen kann?

Von ihrem „schwarzen Buch“, wie es Wagner selbst nennt, ist auf den ersten Seiten noch nicht so viel zu spüren. Das müsse aber auch so sein, schließlich würden die ersten Kapitel nur selten zum Spannungsaufbau dienen. Stattdessen sollen die drei wichtigsten W-Fragen beantwortet werden, erklärt die studierte Literatur- und Kulturwissenschaftlerin. Wer sind die Hauptfiguren? Wo spielt die Geschichte? Wann passiert die Handlung?

Ob sie einen guten Einstieg gewählt hat, testet sie gleich bei den Schülerinnen und Schülern in Clausthal-Zellerfeld. Die Fragen, wer die Protagonisten sind und wo sich die Handlung zuträgt, können die Kinder schnell beantworten. Wer aufmerksam zugehört hat, hat auch Indizien gefunden, in welcher Zeit die Geschichte ungefähr spielt. Busse weisen darauf hin, dass es keine Mittelalter-Story sein kann. Ein CD-Player und die Jugendsprache, die die Hauptfiguren sprechen, verraten, dass die Geschichte in diesem Jahrtausend spielt. Also hat Antje Wagner auf den ersten Seiten alles richtig gemacht.

Dass sie auch gruselig kann, will sie den Kindern nicht vorenthalten, sie sollen den „wahren Charakter“ des Buches kennenlernen. Düster wird es in der Mitte des Thrillers im wahrsten Sinn des Wortes. Während des Jahrmarktes hat Waldburgen mit einem Stromausfall zu kämpfen. Der Ort wird in eine beklemmende Finsternis gehüllt. Doch für die Dorfbewohner ist das nichts Ungewöhnliches, denn es kommt häufiger zu mysteriösen Stromschwankungen. Trotzdem fürchten sie sich vor irgendetwas oder irgendjemandem. Sie rennen nach Hause, als ginge es um ihr Leben.

Unland Cover

Unland Cover

Am Ende der RKS-Lesung stellen die Schüler ihre Fragen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Sie interessiert vor allem, wie die Schriftstellerin auf die Idee zu „Unland“ gekommen ist. Dieser Thriller habe viele autobiografische Elemente, sagt Wagner. Sie lasse sich davon inspirieren, was sie selbst erlebt und irgendwo aufgeschnappt habe. „Die Ideen kommen einfach auf mich zu.“ Sie vergleicht das Phänomen mit Schwangeren, die plötzlich überall Frauen mit Kinderwagen sehen würden. Die Autorin sei sehr aufmerksam, was unheimliche Themen angehe und speichere sie in ihrem Unterbewusstsein ab.

RKS-Schüler, die wissen möchten, was in „Unland“ vor sich geht, können sich noch ein Buch von Antje Wagner kaufen – inklusive eines Autogramms von ihr. Aber sie dürften sich hinterher nicht beschweren, wenn sie das Ende nicht mögen. Sie habe sie ja vorgewarnt, dass es kein Happy End gebe. Wer jedoch detektivisch ein Geheimnis lüften will, komme auf seine Kosten. Wagner verspricht eine Handlung, die die Leser wie die Faust im Magen trifft.

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