Zugelaufene Tiere: Kümmern ja, füttern nein

Diese drei nur wenige Wochen alten Kätzchen wurden jüngst bei Liebenburg gefunden. Sie und ihre Mutter sind sehr wahrscheinlich besitzerlos. Foto: Exner
Wie verhält man sich, wenn man streunende Katzen im Garten hat? Und mit welchen rechtlichen Folgen muss man rechnen, wenn man diese Tiere mit Futter versorgt? Genau das zeigt aktuell wieder ein Fall aus der Gemeinde Liebenburg.
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Bad Harzburg. Streunende Tiere sind auch heutzutage und selbst in Deutschland noch immer ein echtes Problem: Mindestens 200.000 besitzerlose Katzen soll es allein in Niedersachsen geben, schätzt der Landestierschutzverband. Im Tierheim Eckertal nahm man im vergangenen Jahr 235 Fundtiere auf – mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Und 95 Prozent jener Vierbeiner seien nicht abgeholt worden, was stark dafür spreche, dass sich niemand mehr für sie verantwortlich fühlt, berichten die Vorsitzende des Bad Harzburger Tierschutzvereins, Doreen Lüders, und die Leiterin des Tierheims Eckertal, Stefanie Hendrysiak.
Städte und Gemeinden sind verpflichtet, für die Unterbringung solcher besitz- beziehungsweise herrenloser Tiere zu sorgen und dafür aufzukommen. Sie zahlen den Tierheimen eine jährliche Pauschale, die sich an den Fundtierzahlen des jeweiligen Vor-Vorjahres orientiert.
„Beißt sich in den eigenen Schwanz“
Oft sei den Findern solcher Tiere nicht klar, was sie tun sollen, sagen Lüders und Hendrysiak. Und nicht immer herrsche zwischen Gemeinden und Tierheimen Einigkeit darüber, ab wann ein Fundtier überhaupt als Fundtier gilt.
Stefanie Hendrysiak Foto: GZ-Archiv
Dort hatte eine Frau eine Mutterkatze sowie drei Jungtiere gefunden. Sie alle seien krank gewesen und hätten Hilfe benötigt, schildern Lüders und Hendrysiak. Die Frau habe die Katzen von einem Tierarzt versorgen lassen und auch die Gemeinde über den Fund informiert. Zu einer Aufnahme im Tierheim sei es allerdings zunächst nicht gekommen. Die Gemeinde sei nämlich nicht davon überzeugt gewesen, dass es sich tatsächlich um herrenlose Vierbeiner handelt, trotz ihres offenkundig schlechten gesundheitlichen Zustands sowie der Tatsache, dass sie weder gechipt, noch kastriert gewesen sind. Sie habe die Tiere der Finderin zugeschrieben.
Für den Tierschutzverein Bad Harzburg unverständlich. „Die Gemeinde beißt sich doch in den eigenen Schwanz“, sagt Doreen Lüders. „Sie möchte eine unkontrollierte Vermehrung verhindern, gleichzeitig aber für die Streuner nicht verantwortlich sein.“
Aufgenommen wurden die Liebenburger Katzen nun trotzdem – Geld für deren Versorgung erhält das Tierheim Eckertal allerdings entsprechend keins von der Gemeinde. „Uns geht es darum, dass die Tiere versorgt werden. Wir versuchen, insbesondere die Kleinen aus dem Verkehr zu ziehen“, sagt Lüders. Die Finderin der Katzen überlege derweil, ob sie die Tiere nun adoptiere.
Besser nicht füttern
Nicht zuletzt wegen jenes Falls sprechen sich die beiden Frauen für eine einheitliche Katzenschutzverordnung aus. Die hat das Land Niedersachsen im vergangenen Jahr beschlossen: Katzen, die sich auch draußen aufhalten, müssen künftig gekennzeichnet, registriert und kastriert werden.
Doreen Lüders Foto: GZ-Archiv
Problem: Nicht jeder Tierhalter erfüllt diese Pflicht. Das macht es schwer, direkt zu erkennen, ob es sich bei einem Fundtier tatsächlich um einen herrenlosen Vierbeiner oder eben doch um einen mit einem Zuhause handelt. Noch problematischer wird es, wenn fremde Tiere angefüttert werden. Dann nämlich können sie einem zugeschrieben werden.
Wie oft man ein Tier versorgt haben muss, damit das passiert, darüber gibt es keine klare rechtliche Regelung, heißt es von Tierheimseite. Lüders rät deshalb dazu, überhaupt erst gar nicht mit dem Füttern fremder Tiere anzufangen. Abgesehen davon, dass das Füttern mit falschem Futter womöglich zu Ärger mit dem wahren Besitzer des Tieres führen könnte.
Fund und Suche melden
Wem ein Tier zulaufe oder wer ein Tier als herrenlos ausmache – etwa durch dessen äußerlichen Zustand – solle sich an die Polizei oder direkt an das zuständige Tierheim wenden, rät Lüders. Das Tierheim Eckertal ist neben Liebenburg auch für die Städte Bad Harzburg, Clausthal-Zellerfeld, Oberharz am Brocken und Langelsheim verantwortlich. Das Tierheim in Goslar wiederum ist Ansprechpartner für die Kaiserstadt sowie für Seesen. Mittlerweile dürfen Fundtiere von ihren Findern auch direkt im Tierheim abgegeben werden.
Dort werde zunächst geprüft, ob das gefundene Tier gechippt ist, erklärt Lüders. In diesem Fall sei ein Besitzer in der Regel schnell ausgemacht und könne seinen Liebling abholen. Falls sich jedoch kein Besitzer finde, bleibe das Tier erst einmal im Heim, bis sich dieser melde.
Wer sein Tier vermisse, sagt Lüders, solle ruhig im nächstgelegenen Tierheim anrufen und fragen, ob es dort nicht womöglich abgegeben wurde. Es habe schon Fälle gegeben, da seien über Wochen Vermisstenaufrufe in den sozialen Netzwerken gepostet worden, dabei habe sich das gesuchte Haustier schon seit Tagen im Heim befunden.
Meldet sich jedoch im Zeitraum von sechs Monaten kein Besitzer im Tierheim, lassen dessen Mitarbeiter das Tier impfen, kastrieren und chippen und versuchen, es im Anschluss zu vermitteln.