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Internationale Konzertarbeitswochen

Sommerliche Hausmusik bei Dr. Christoph Engelhardt

Jede Party endet in der Küche (v.li.) Alexandar Tomov, Christoph Engelhardt, Pablo Moleno, Charmaine Yang, Iury Santos und Caspar Hesprich.

Jede Party endet in der Küche (v.li.) Alexandar Tomov, Christoph Engelhardt, Pablo Moleno, Charmaine Yang, Iury Santos und Caspar Hesprich. Foto: Kempfer

Seit 15 Jahren ist der Goslarer Kardiologe Dr. Christoph Engelhardt Gastvater der Internationalen Konzertarbeitswochen. Die zwei Wochen im Jahr sind fest reserviert. Ein besonderes Ereignis: Zusammen mit seinen Studenten lädt er zum Hauskonzert ein.

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Von Sabine Kempfer
Samstag, 31.08.2024, 09:52 Uhr

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Goslar. Hauskonzert bei Dr. Christoph Engelhardt. Seit 15 Jahren ist das ein feststehendes Ereignis nicht nur im Kalender des erprobten Gastvaters der Internationalen Konzertarbeitswochen, sondern auch vieler Musikfreunde und Freunde des umtriebigen Paares Christoph Engelhardt und Uschi Anger, stets auf Achse, immer kommunikativ. Für die vielen Gaststudenten, die in dem Haus in der Werenbergstraße seit Jahren ein- und ausgehen, ist es vor allem eines: unkompliziert. Meistens nimmt der Kardiologe mehrere Musiker gleichzeitig auf; der Platz ist da, sie sind willkommen. Die Einladung, ein Privatkonzert zu geben, nehmen sie gerne an, hinterher geht der obligatorische Hut für sie rum. Jedes Konzert übt, und es sei genau das, was sie lieben, erklären sie hinterher – zusammen Musik machen und Spaß daran haben. Für diesen Abend vergessen sie den „knallharten Wettbewerb“, für den sie so „viel Fortuna“ brauchen – Christoph Engelhardts bester Freund „Mockel“ hat deshalb Schlüsselanhänger mit echten Glückspfennigen gebastelt, schenkt ihnen die „lucky pennies“, auch für viel „Felicitas“, das Glück, das man persönlich empfinde.

Hitziger Spätsommerabend

Alle Fenster und Türen zum Garten sind an diesem immer noch hitzigen Spätsommerabend geöffnet, überall gibt es Sitzmöglichkeiten, auch draußen – durch die offenen Fenster können die mit Weinschorlen ausgestatteten Gäste die Geigen und Klavierklänge bei lauem Lüftchen auch im Grünen hören, ein ungewöhnliches und genau deshalb so kostbares Erlebnis. Selbst Hund Paul ist ganz still. Manchmal setzen sich die Motorengeräusche von der Werenbergstraße durch; mit der Zeit wird es ruhiger. Nicht nur die drei jungen Musiker, die für zwei Wochen hier eingezogen sind, machen Musik, es haben sich noch Freunde gefunden, insgesamt erlebt die Zuhörerschar gleich fünf Studenten: Alexandar Tomov (aus Bulgarien) aus dem Pianokurs, Iury Santos (aus Brasilien) und Caspar Hesprich aus Köln sind in der Violinenklasse; gesprochen wird im Hause Engelhardt also englisch? „Kauderwelsch“, antwortet Engelhardt und lacht.
Der Gatvater greift auch zum Instrument: Dr. Christoph Engelhardt spielt Querflöte und zusammen mit Caspar Hesprich ein Andante von Bach.

Der Gatvater greift auch zum Instrument: Dr. Christoph Engelhardt spielt Querflöte und zusammen mit Caspar Hesprich ein Andante von Bach. Foto: Kempfer

Mit von der Partie ist an diesem Abend noch ein anderes Musikerpärchen, Charmaine Yang (Kanada) und Pablo Moleno (Kolumbien) aus der Pianoklasse. Sie spielen auf abwechselnd auf dem Hausflügel, auch mal zusammen, immer „wunderbar, exzellent, zum Teufel – bravo!“. Christoph Engelhardt ist für Ausbrüche dieser Art bekannt – er spart nicht mit Lob, wo er es für angebracht hält und bringt die Umstehenden damit zum Lächeln. Von Musik hat der Mediziner Ahnung; er spielt selber Querflöte und lernt bei Bogdan Izdebski gerade Jazz. Beim Hauskonzert macht er natürlich selber mit. Seit er vor 15 Jahren auf Vermittlung von Annette van Rahden das erste Mal Gastvater wurde, sind die zwei Wochen im Jahr für die Konzertarbeitswochen reserviert. „Wir halten und das jedes Jahr frei“, sagt er, einige Musiker sind schon mehrmals bei ihm gewesen.

Alaaf, helau, ahoi

Erst warten die Auftretenden im Treppenhaus, bis sie dran sind, später wagen sie sich in die Küche vor, nehmen sich von dort aus gegenseitig beim Spielen mit den Handys auf. Mit einem Andante von Bach beginnen Christoph Engelhardt und Caspar Hesprich den Abend – und auch, wenn der junge Mann aus Köln „alaaf“ sagt und sein Gastgeber „helau“ – in der Musik sind sie sich einig. Und am Ende hat der Gastgeber sowieso das letzte Wort, und das kann bei Christoph Engelhardt nur eines sein: Ahoi! Nein, aus seiner Zeit in Rostock stamme das nicht, sagt er, dort wurde er in eine musikalische Familie hinein geboren; der Vater spielte Bratsche, die Mutter Klavier, das Instrument steht heute in der Werenbergstraße. Die Schwestern spielten Cello und Geige. Weihnachten ereilte die Kinder das Schicksal aller Musizierenden: „Wir mussten erst spielten, danach durften wir die Geschenke auspacken.“ In Mainz machte Christoph Engelhardt sein Abitur, in Freiburg studierte er, bevor er nach Goslar kam führte ihn der Weg über Bremen, Atlanta und Hannover in den Harz.
Der Flügel der Mutter spielt eine wichtige Rolle im Hause Engelhardt – hier wird er wunderbar gespielt von Alexandar Tomov aus Bulgarien.

Der Flügel der Mutter spielt eine wichtige Rolle im Hause Engelhardt – hier wird er wunderbar gespielt von Alexandar Tomov aus Bulgarien. Foto: Kempfer

Alexandar Tomov (Klavier) und Iury Santos (Geige) spielen zusammen eine Sonate von Beethoven, als würden sie nie etwas anderes machen; dabei haben sie, in verschiedenen Klassen übend, erst am Vortag das erste Mal zusammen geprobt. Die Freude über das Gelingen ist groß. „Bravo, bravissimo, ohlala“ schallt es aus der Küche. Viele Momente bleiben im Gedächtnis, jemand spricht von „Glücksmomenten“. Vielleicht ist es einer, als Caspar mit dem Singen beginnt? „Die Liebe ist‘s allein“ schallt es mit beeindruckendem Volumen aus Mozarts Zauberflöte. Und dann der schwermütige Rachmaninoff, Klavier vierhändig von Pablo Moleno und Charmaine Yang, hinreißend wie der Rausschmeißer, bei dem alle noch einmal vereint zu den Instrumenten greifen: „Imagine“ von John Lennon.

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