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Goslarer Konzertarbeitswochen

Medea-Streichquartett entdeckt Bauernhof in Immenrode

Vier Musikerinnen und ihre Gastfamilie: Ada Guarneri (von links), Joanna Patrick, Christoph Wolf, Clara Mezzanato, Jeanette Wolf, Mira Marton, Merle, Lotta und Nele. Emma ist gerade bei ihren Kühen. Fotos: Hartmann

Vier Musikerinnen und ihre Gastfamilie: Ada Guarneri (von links), Joanna Patrick, Christoph Wolf, Clara Mezzanato, Jeanette Wolf, Mira Marton, Merle, Lotta und Nele. Emma ist gerade bei ihren Kühen. Fotos: Hartmann

Zu den Gästen der Goslarer Konzertarbeitswochen gehören die vier Musiker des Medea-Quartetts. Sie erarbeiten zusammen mit Professor Oliver Wille Kompositionen von Haydn und Mendelssohn-Bartholdy und entdecken das Dorf Immenrode.

Von Petra Hartmann Donnerstag, 25.08.2022, 14:00 Uhr

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Immenrode. „Wollt ihr meine Kühe sehen?“, fragt die kleine Emma. „Ich habe drei Stück.“ Das international erfahrene Medea-Streichquartett, das zu den Konzertarbeitswochen angereist ist, hat schon viel erlebt, aber Immenrode wird den vier Musikerinnen aus mindestens zwei Gründen unvergesslich bleiben: Wegen der zupackenden Art, in der Familie Wolf half, als alle Koffer des Quartetts am Flughafen verschwunden waren. Und wegen der Radtour zu Emmas Kühen.

Seit einer Woche herrscht auf dem Hof der Wolfs der Ausnahmezustand. Geigen- und Bratschen-Klänge, das Cello, dazu die Instrumente der vier Töchter, die mit Gitarre, Klavier und Trompete gern mitmischen. Und modisch fügen sich die vier Medeen auch perfekt ins Gesamtbild ein: Mutter Jeanette und ihre Kinder plünderten sofort ihre Kleiderschränke und halfen aus, als sich herausstellte, dass die Musikerinnen nur das mitgebracht hatten, was sie auf dem Leibe trugen: Alle Koffer waren am Flughafen in München falsch verladen worden, die Ankunft in Hannover – mit sechs Stunden Verspätung – war also mehr als schockierend für die Streicherinnen. Aber: „Jeanette ist ein Engel“, sagt Bratschistin Joanna Patrick. Alle vier nicken.

Mehr als Kost und Logis für das Streichquartett

Gastmutter Jeanette Wolf strahlt. Sie ist das erste Mal Gastgeberin der Konzertarbeitswochen und hatte sich nach einem Artikel in der GZ bei den Organisatoren gemeldet. „Sie haben gesagt, wir müssten nur für Unterkunft und Frühstück sorgen“, sagt sie. Dass dazu auch Einkauf von Unterwäsche und Strümpfen und das Organisieren von Notfallmedikamenten gehört, hatte sie nicht geahnt. Trotzdem oder gerade deshalb, die Familie und das Quartett sind voneinander begeistert.

Zusammen mit Prof. Oliver Wille erarbeitet das Medea-Quartett ein Stück von Hadn.

Zusammen mit Prof. Oliver Wille erarbeitet das Medea-Quartett ein Stück von Hadn.

Medea - eine starke Frau als Namenspatronin

Aber Medea? Kann man mit Leuten, die sich nach der griechischen Heroine benannt haben, seine Töchter zusammen am Klavier sitzen lassen? Immerhin hat die Magierin dereinst ihre Söhne getötet, um sich an ihrem Mann zu rächen. „Wir töten keine Kinder“, betont Joanna Patrick. Die jungen, selbstbewussten Frauen waren einfach auf der Suche nach einem starken weiblichen Charakter, und Power hatte Medea auf jeden Fall. Außerdem sollte es ein Name sein, der auf dem internationalen Parkett nicht an Aussprachebarrieren scheitert.

Wo sitzen die Gefühle? Im Bauch!

Nach Goslar hat die vier der gute Ruf Professor Oliver Willes gelockt, der nun mit ihnen zwei Streichquartette von Joseph Haydn und Felix Medelssohn-Bartholdy erarbeitet. Die vier sind begeistert von dem Unterricht, auch weil ihr Lehrer sie auf Dinge aufmerksam macht, die nicht in erster Linie die Musik betreffen. „Er hat uns gefragt: Wo sitzen die Gefühle?“, erzählt Patrick. Im Bauch, meinte die Gruppe. Und dann haben die vier ausführlich an ihrer Haltung gearbeitet, sich höher aufgerichtet und die Schultern zurückgenommen.

Für die Familie Wolf haben die vier schon ein Privatkonzert gegeben. Und wenn sie nun in Goslar auftreten, werden sie sogar ihr richtiges Bühnen-Outfit tragen: Gestern Nachmittag klingelte endlich der DHL-Bote und brachte die verschollenen Koffer nach Immenrode. Also: Alles wieder in Ordnung bei Medea. Aber zum nächsten Besuch bei den Kühen geht es doch wieder in Straßenkleidung.

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