Goslarer Sparclub „Seid nett zueinander“ feiert die Geselligkeit

Das Sparhäuschen mit Schlitz im Schornstein stammt aus den Anfängen des Sparclubs. Beim symbolischen Spar-Foto machen alle mit (v.li.): Johannes Golisch, Dieter Sieburg, Gerhard Teupel, Roswitha Golisch und Marena Tuchtefeld. Foto: Kempfer
Im Sparclub „Seid nett zueinander“ wird seit 70 Jahren gespart. Die Mitglieder sind keine Sparfüchse; sie haben ein anderes Hauptziel: die Geselligkeit. Heute ist es wieder soweit: Es ist Zahltag. Und dabei wird das 70-jährige Bestehen gefeiert.
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Goslar. Menschen haben sich schon immer Träume durchs Sparen erfüllt. Wie halten sie es heute mit dem Sparen? Manche haben dafür sogar einen Club gegründet – und das Zurücklegen von Geld zur vielleicht schönsten Nebensache gemacht. So war es jedenfalls beim Goslarer Sparclub „Seid nett zueinander“, der heute 70-jähriges Bestehen feiert und zur 70. Sparauszahlung einlädt. „Wir sind immer noch nett zueinander“, versichert der Vorsitzende Johannes Golisch.
Beim Ehrenvorsitzenden Gerhard Teupel, seit 1970 dabei, ist ein kleines Pressegespräch anberaumt. Wie war das damals, als er dazu kam? „Mein Schwiegervater hat gesagt: Du gehst in den Sparclub!“ erzählt Teupel, früher leidenschaftlicher Fußballer, sowohl aktiv als auch als Trainer. Gegründet wurde die Spargemeinschaft schon früher, 1954 in der Gaststätte „Zum Claustor“ in der Bergstraße. Zehn „Sparfreundinnen“ und 26 „Sparfreunde“ aus dem Nachtjackenviertel gehörten zu den Gründungsmitgliedern, verrät eine alte Kladde, sorgfältig handschriftlich geführt, sie soll als ein Stück Stadtgeschichte einmal in den Besitz des Stadtarchivs übergehen.
Zeit der Sparkästen
Als der Sparclub, damals noch als „Sparklub“ mit „k“ und zunächst als „Sparklub zum Claustor“ gegründet wurde, befand er sich in großer Gesellschaft. Es war die Zeit der Sparkästen in den Gaststätten; die zogen damit die Kunden rein, die gleichzeitig Geld ausgaben und Geld sparten. Die Partnerschaft mit der Volksbank sicherte Zinsen – „ja, so was gab‘s damals noch“, sagt Golisch augenzwinkernd. 50 Pfennig die Woche wurden angelegt, erzählt der Ehrenvorsitzende; so wurde dem regelmäßigen Gang in die Kneipe ein zusätzlicher Sinn gegeben. Aus den Sparkästen wurde 1975 das Kontosparen – vielleicht nicht mehr ganz so sexy, aber wesentlich sicherer: Immer mehr von den Metallkästen waren Opfer von Plünderern geworden.

Hier fing alles an: In der Gaststätte „Zum Claustor“ in der Goslarer Bergstraße wurde der Sparclub vor 70 Jahren gegründet. Foto: Stadtarchiv
Die räumliche Unabhängigkeit durch die Abschaffung der fest montierten Kästen führte dazu, dass immer wieder mal der Ort der Zusammentreffen gewechselt wurde (Ritter Ramm, Zur Börse, Haus Gosetal, Lindenhof, Kinderbrunnen, Maltermeister Turm, Niedersächsischer Hof). Die Konstante war nie das Clublokal, es waren und sind die Clubmitglieder, heute 45 an der Zahl. In der Vergangenheit waren das auch schon mal doppelt so viele: „Die 100 haben wir nie erreicht“, sagt Roswitha Golisch. Wer Teil des lockeren Zusammenschlusses ist, bezahlt zusätzlich einen Obolus, denn Geselligkeit will finanziert werden – und die steht laut Marena Tuchtefeld, 2. Vorsitzende, an erster Stelle. Statt wöchentlicher Kneipentreffen (wer damals nicht kam, musste ein Strafgeld bezahlen) gibt es heute vier Veranstaltungen im Jahr, die Jahreshauptversammlung, eine Busfahrt, ein gemeinsames Grillen und die Jahresauszahlung. „Wir sind auf die Geselligkeit aus“, bestätigt Johannes Golisch.
Wünsche erfüllt
Sie sei wegen der gemeinsamen Fahrten eingetreten, bestätigt Marena Tuchtefeld – an die Weser, nach Wilhelmshöhe, in den Wörlitzer Park. Fahrten, für die der Ehrenvorsitzende eine Tapeziertafel angeschafft hat. Auf ihr wird nicht gekleistert, höchstens mal gekleckert: Sie dient als Frühstückstisch. Es gebe einen Sekt, es werde gelacht und „auch mal dummes Zeug erzählt“, sagt die 2. Vorsitzende.

So sah das damals bei Festen des Sparclubs aus: Spaß und Geselligkeit wurden früher schon groß geschrieben. Foto: Kempfer
Haben die Alibi-Sparer in ihrem Leben denn schon mal auf etwas so richtig mit Leidenschaft gespart? Das ist ganz unterschiedlich. „Die Schwiegereltern haben uns immer unterstützt“, gesteht Gerd Teupel, der sich selbst als „Glückskind“ sieht. Johannes und Roswitha Golisch haben aufs eigene Haus gespart. Marena Tuchtefeld spart immer wieder auf schöne Urlaube, demnächst stehen die Kapverden an. Partner Dieter Sieburg erinnert sich noch daran, wie er sich einen Kinderwunsch erfüllte: Damals wollte der Seesener, der hundert Meter vom Brillteich entfernt wohnte, unbedingt ein Gummiboot haben. Vom Taschengeld sparte er es sich zusammen. Später war das erste Auto sein „ganzer Stolz“, ein 700er BMW, für den er 850 Mark zurückgelegt hatte.
Das Schönste am Sparen ist wohl der (Aus-)Zahltag. Und der ist heute. Der Sparclub „Seid nett zueinander“ lädt zur 70. Sparauszahlung in den Lindenhof ein. Es wird sicher gesellig. Und ganz gewiss wird nicht an Essen und Trinken gespart.