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Feuerwehr-Großübung in Upen

Kreisfeuerwehr Northeim beschert Blaulichtgewitter über Upen

Ein alter Bauernhof in Upen wurde zum Übungsobjekt.

Ein alter Bauernhof in Upen wurde zum Übungsobjekt. Foto: Leifeld

Es war ein Novum für die Feuerwehren in der Gemeinde Liebenburg: Samstagvormittag rückten vier Fachzüge der Kreisfeuerwehrbereitschaft aus Northeim zu einer Großübung im kleinen Upen an. 150 Feuerwehrkräfte kamen mit über 30 Fahrzeugen angerollt.

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Von Andrea Leifeld
Montag, 21.10.2024, 13:00 Uhr

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Upen. Düster hingen die Rauchwolken über dem alten Bauernhof und zogen durch die Kirchstraße, wo sie den ersten eintreffenden Feuerwehrkräften den Weg wiesen. Der imaginäre Schein wütender Flamme im Fenster des Erdgeschosses zeigten erste Eindrücke von der Schadenslage, die mit den Worten „Unklare Rauchentwicklung“ der Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitzentrale (FERLS) in Goslar gemeldet worden war. Noch ungebändigt drohten die „Flammen“, sich in dem alten Fachwerkgebäude voranzufressen. Da tönte ein nahezu hysterischer Schrei über den Hof: „Oh, nein. Mein Sohn ist noch im Haus!“ Noch ehe die umstehenden Feuerwehrkameraden die verzweifelte Frau (Darstellerin: Andrea Bestian) zurückhalten konnten, hatte sie die Absperrung umgerissen und die Haustür erreicht. Erst dort konnte die Feuerwehr den eigenmächtigen Rettungsversuch der Frau bremsen…

Das düstere Szenerio, das den Regieanweisungen an einem Filmset hätte entsprechen können, stammte aus der Feder eines Upener Teams um Gruppenführers Tobias Bestian. Die kniffligen Abläufe hatten sie sich nicht für eine eigene Feuerwehrübung ausgedacht, sondern für eine Übung der Kreisfeuerwehrbereitschaft 1 aus Northeim.
Tricky.: Die Hydranten im Ort konnten nicht verwendet werden.

Tricky.: Die Hydranten im Ort konnten nicht verwendet werden. Foto: Leifeld

Kameradschaftliche Kontakte, Freundschaft und Flexibilität hatten die Großübung ermöglicht, die am Samstagvormittag rund 150 Feuerwehrkräfte und über 30 Fahrzeugen aus Bad Gandersheim, Einbeck, Dassel, Altgandersheim, Düderode, Lüthorst, Einbeck – und weiteren Ortschaften im Landkreis Northeim – ins kaum 350-Einwohner-kleine Dörfchen Upen zusammenkommen und den Ort im Blaulicht-Gewitter erstrahlen ließ.

Im Einsatz war die Kreisfeuerwehr 1 des Landkreises Northeim mit vier Fachzügen: denen für Brandbekämpfung /technische Hilfeleistung, Wassertransport und Wasserförderung, sowie für Logistik und Versorgung. Nicht zu vergessen, die zugehörende Führungsgruppe. Zudem begleitete ein heimischer Rettungswagen der Johanniter Unfallhilfe den imposanten Konvoi in den Nordharz.

Einsatzbesprechung am Northeimer ELW .

Einsatzbesprechung am Northeimer ELW . Foto: Leifeld

Mit dem Schwochert-Hof (Kirchstraße 6) stand auch ein geeignetes Objekt in zentraler Ortslage parat. Das Wohnhaus wird derzeit umfassend saniert. Die neuen Eigentümer hatten den Hof freundlicherweise für diese Feuerwehrübung für Verfügung gestellt.

Doch „nur“ ein brennendes Bauernhaus löschen, so einfach wollten die heimischen Organisatoren es den Feuerwehrgästen dann doch nicht machen. Viele Knackpunkte wurden in die Übungslage eingebaut. So stand im Szenario das Upener Hydranten-Netz nicht zur Verfügung. Das machte die Wasserentnahme aus der Innerste erforderlich. Nur mit Hilfe von zwei zwischengesetzten Pumpen konnte die Löschwasserförderung über die ein Kilometer lange Wegstrecke gelingen. Dort befüllte es eine Zisterne in der Nähe des Feuerwehrhauses und konnte mit gleichbleibender Fördermenge für den Löscheinsatz verwendet werden.

Eine zweite Wasserentnahme war über den Hydranten an der Mühle bei Ostharingen möglich. Etliche wasserführende Feuerwehrfahrzeuge bildeten von dort einen Ringverkehr, um das Löschwasser zu einem Faltbecken in Brandortnähe zu transportieren.

Einsatzbesprechung am Northeimer ELW .

Einsatzbesprechung am Northeimer ELW . Foto: Leifeld

Die „unklare Rauchentwicklung“ mutierte im Übungsverlauf zu einer „B 3 – Y“-Schadenslage, heißt: „Brand groß – mit vermissenden Personen“. Neben dem Sohn der aufgeregten Frau galten noch fünf weitere Personen im Brandgebäude als vermisst. Auch hatte sich die aufgebaute „Riegelstellung“, eine präventive Maßnahme, nahestehende Gebäude vor Funkenflug und einem Übergriff der Flammen zu schützen, als vergeblich erwiesen. Ein weiteres Scheunendach „hatte Feuer gefangen“, so die Schadenslage. „Wenn wir als Feuerwehr gerufen werden, ist unsere Aufgabe die Rettung von Leben, Hab und Gut“, erklärte Upens stellvertretender Ortsbrandmeister Gunter Arnecke, beim Blick auf die alte Scheune. Es sei nicht die Aufgabe der Feuerwehr, die Wertigkeit eines Gebäudes zu ermessen. „Wenn wir als Feuerwehr gerufen werden, löschen wir!“, machte er deutlich.

Kameradschaftlichen Kontakte führten die Feuerwehren zusammen: v.l. Der Goslarer Kreisbrandmeister Uwe Fricke, Gunter Arnecke (stell. Ortsbrandmeister Upen) Tobias Bestian (Gruppenführer Ortsfeuerwehr Upen) und Heiko Wechenberger und Jan-Eric Loy (Kreisfeuerwehr Northeim).

Kameradschaftlichen Kontakte führten die Feuerwehren zusammen: v.l. Der Goslarer Kreisbrandmeister Uwe Fricke, Gunter Arnecke (stell. Ortsbrandmeister Upen) Tobias Bestian (Gruppenführer Ortsfeuerwehr Upen) und Heiko Wechenberger und Jan-Eric Loy (Kreisfeuerwehr Northeim). Foto: Leifeld

Und das könne durchaus auch mal über die Grenzen des Landkreises hinweg sein, wie diese Übung in einem zweiten Stepp zeigen sollte. „Es muss ja nicht gleich der Katastrophenalarm in einem Landkreis ausgelöst werden“, verdeutlichte der Goslarer Kreisbrandmeister Uwe Fricke als Zaungast der Übung. Auch „außergewöhnliche Ereignisse“, gemeint sind besondere Großschadenslagen, machen es ihm möglich, feuerwehrtechnische Hilfe aus anderen Landkreisen anzufordern. In solchen Fällen würden auch die Feuerwehrkräfte aus dem Landkreis Goslar zu Hilfeleistungen in andere Landkreise ausrücken. Das Ausrufen eines „außergewöhnlichen Ereignisses“ regele auch die Frage der Kostenstellung, hielt Fricke mehr am Rande fest.

Löschwasser musste per Ringverkehr von einem Hydeanten an der Mühle bei Ostharingen geholt werden.

Löschwasser musste per Ringverkehr von einem Hydeanten an der Mühle bei Ostharingen geholt werden. Foto: Leifeld

Zurück zum Übungsgeschehen: Dort zeigte sich der Einsatzleiter der Feuerwehr Northeim, Heiko Wechenberger, am Ende des ereignisreichen Vormittags zufrieden mit den Abläufen. Knifflig zeigte sich die Situation für ihn mit den engen Straßenzügen im alten Ortskern und dem Aufstellen der Einsatzfahrzeuge.

An einem Faltbecken konnte das Löschwasser entnommen werden.

An einem Faltbecken konnte das Löschwasser entnommen werden. Foto: Leifeld

„Es ist eine Herausforderung, auch mal dort zu üben, wo wir uns nicht auskennen.“ Bei Objekten im eigenen Landkreis sei in den Reihen der Kreisfeuerwehrbereitschaft immer ein Kamerad mit Ortskenntnissen dabei. „In der Formation der Kreisfeuerwehr fahren wir zirka drei Übungen im Jahr“, so Wechenberger. Doch die Übung in einem anderen Landkreis sei auch für ihn ein neues Format. „Upen ist toll“, schwärmte er schließlich. Und kündigte kameradschaftlich an: „Wir kommen bestimmt wieder.“ Auch für die Gemeinde Liebenburg war eine Übung dieser Art absolutes Neuland. Die heimischen Führungskräfte aus dem Gemeindekommando hielten sich zurück und fungierten lediglich als Beobachter.

Insgesamt sechs Personen wurden aus dem „brennenden Bauernhaus“ gerettet.

Insgesamt sechs Personen wurden aus dem „brennenden Bauernhaus“ gerettet. Foto: Leifeld

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