Vor Konferenz in Wernigerode: Wutwelle gegen Robert Habeck

Robert Habeck (Grünen), Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler.
Eigentlich ein schöner Termin: In Wernigerode tagt die Energieministerkonferenz, mit dabei ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Gegen den Grünen, der sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen soll, hat sich aber eine Wutwelle formiert.
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Eigentlich ein Termin, über den sich Wernigerode freuen könnte: An diesem Mittwoch und am Donnerstag tagen die Energieminister der Länder mit Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck, der ebenfalls für Energie zuständig ist, in der Harzstadt. Aber gegen den Grünen-Minister hat sich vor seinem Besuch in der Stadt große Wut aufgestaut.
Die „Volksstimme“ berichtet sogar von Hass. Dokumentiert sind mittlerweile zahllose wütende Äußerungen auf Facebook. Wer Wernigerode in die Suchmaske einträgt, dem wird gleich die Verknüpfung mit „Habeck“ vorgeschlagen.
Auf der Internet-Plattform formiert sich Widerstand dagegen, dass der Vizekanzler sich am Mittwoch auf dem Schloss ins Goldene Buch der Stadt eintragen soll. „Wer organisiert eine Demo“ fragt eine Nutzerin. „Wir sagen Nein“, schreibt eine Initiative, die sich gegen den Termin formiert hat. Die Nachrichten werden zigfach kommentiert und geteilt.
Nichts geleistet?
Woher kommt die Wut? Offenbar richtet sie sich nicht nur gegen das Heizungsgesetz, es geht offenbar grundsätzlich um grüne Politik. „Was hat dieser Mann für Deutschland geleistet?“, fragt jemand in einem Facebook-Beitrag. Ein anderer schreibt: „Ich verstehe das nicht, dass jemand, der die Wirtschaft systematisch ruiniert, auch noch zu solcher Ehrung kommt.“
Von Facebook schwappte die Wutwelle vorigen Donnerstag über die Einwohnerfragestunde in den Stadtrat von Wernigerode, die „Volksstimme“ hat „tumultartige Szenen“ beobachtet. Fraktionen wie Linke und CDU wollen, dass Habeck, sich nicht ins Goldene Buch einträgt, sondern nur ins Gästebuch, also protokollarisch eine Stufe niedriger.
„Empörungswelle“
Robert Habecks Besuch im Harz könnte sogar dazu führen, dass in Wernigerode eine Richtlinie verändert wird: Die Linke schlug, so berichtet es die „Volksstimme“, im Stadtrat vor, die Regelung zu ändern, wonach der Oberbürgermeister allein entscheiden kann, wer sich ins Goldene Buch der Stadt einträgt.
Die Entrüstung darüber, dass Habeck wie ein hoher Gast behandelt wird, ist jedenfalls enorm. Die CDU-Fraktion etwa „distanziert“ sich von dem Termin, seine persönliche Einladung dazu habe er ausgeschlagen, schreibt Fraktionschef Matthias Winkelmann auf Facebook. Der Goldschmiedemeister will aber nicht von „Hass“ sprechen, er nennt es „Empörungswelle“, was sich in Wernigerode abspielt. Der 53-Jährige wirft den Grünen eine „ideologische Klimapolitik“ und eine „Klientelpolitik“ für Besserverdienende vor. „Ganz gravierend“, sagt er zu den Gründen für den Wernigeröder Volkszorn, sei das „Heizungsgesetz“.
Keine Lust Hof zu halten
Auf Facebook findet auch CDU-Ratsherr Winkelmann deutliche Worte. „Unerträglich“ sei es für ihn, „der Veranstaltung auf dem Schloss Wernigerode zur Eintragung in das Goldene Buch beizuwohnen und Herrn Habeck zu hofieren und zu beklatschen“. Daher habe er den Termin abgesagt. Andere Fraktionen, Grüne und SPD, würden ihn deswegen als „Undemokrat hinstellen“. Oberbürgermeister Tobias Kascha (SPD) hält derweil am Ablauf des Habeck-Besuchs fest: Die Energieminister der Länder und der Bundeswirtschaftsminister werden an diesem Mittwoch um 14 Uhr von ihm und Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) im Harzer Kultur- und Kongresshotel begrüßt, um 17.30 Uhr besichtigen die Minister das Schloss Wernigerode. Und um 19 Uhr soll Minister Robert Habeck sich dann in Wernigerodes erhabenster Immobilie ins Goldene Buch eintragen. Am Donnerstag folgt zum Abschluss eine Pressekonferenz zu den Inhalten der Ministertagung.
Stadt hat Minister nicht eingeladen
Wernigerodes Oberbürgermeister verweist in der Auseinandersetzung mit den Protestlern darauf, dass die Stadt den Minister nicht einmal eingeladen habe, er sei Gast der Ministerkonferenz. Der Eintrag sei zudem „keine Auszeichnung“, sondern eine „gute Übung“ und darüber hinaus ein Ausdruck für „Willkommenskultur sowie ein Stück Respekt“.
Hochrangige Gäste trügen sich zur Begrüßung eben ins Goldene Buch der Stadt ein. Kascha erinnert daran, dass sich zuvor unter anderem so verschiedene Politiker wie die Regierungschefs Gerhard Schröder (2002) und Angela Merkel (2013) sowie die Bundesminister Hans-Dietrich Genscher (1991), Otto Schily (2002), Norbert Röttgen (2011) und Jens Spahn (2020) in dem Ehren-Buch verewigt haben.
„Sachliche Fragen“ und „Gebrüll“
Aber die Zeiten scheinen mittlerweile andere zu sein: In der Ratssitzung habe es bei der Diskussion, ob Robert Habeck sich ins Goldene Buch eintragen dürfe „Gebrüll“ gegeben, aber auch „sachliche Fragen“, berichtet Kascha.
Ein Brückenstrompreis
Während der Tagung sollen übrigens Themen wie ein Industriestrompreis diskutiert werden. Willingmann, der in Wernigerode lebt, hatte vorige Woche dazu eine Initiative für einen „Brückenstrompreis“ mit dem Land Nordrhein-Westfalen angekündigt. Am Dienstag kündigte der Sozialdemokrat an, während des Treffens „Schutzmaßnahmen für Solarindustrie, Unternehmen und Verbraucher“ zu fordern. Willingmann ist dieses Jahr Vorsitzender der Energieministerkonferenz.
Dass die ohnehin hohen Sicherheitsvorkehrungen zum Ministerbesuch angesichts der „Wernigeröder Wutwelle“ verstärkt werden, ist im Magdeburger Umweltministerium von Armin Willingmann nicht bekannt.
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