Telenotfallmedizin aus Goslar wird zum Vorbild

In der Rettungsleitstelle: Innenministerin Daniela Behrens (3. v. re.) und der SPD-Landtagsabgeordnete Christoph Willeke (li.) lassen sich von den Ärzten Dr. Friederike Schlingloff (re.) und Dr. Tobias Steffen (2. v. li.) sowie Landrat Dr. Alexander Saipa (2. v. re.) die Telenotfallmedizin erklären. Foto: Stade
Seit die Telenotfallmedizin beim Rettungsdienst in Goslar eingeführt wurde, ist sie ein Erfolg. Immer mehr Regionen kooperieren mit dem Landkreis Goslar. Jetzt soll das Konzept in ganz Niedersachsen etabliert werden, um dem Ärztemangel zu begegnen.
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Die Telenotfallmedizin, die 2021 im Landkreis Goslar als Pilotprojekt eingeführt wurde, um bei Notfällen auch ohne Arzt an Ort und Stelle Hilfe leisten zu können und knappe Fachkräfte gezielter einzusetzen, hat Vorbildcharakter. Am Dienstag informierte sich Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) über das Vorhaben, dem sich immer mehr Landkreise anschließen und das landesweit umgesetzt werden soll.
Die beim Rettungsdienst des Landkreises angesiedelte Telenotfallmedizin funktioniert mit Videotechnik: Der aus der Leitstelle zugeschaltete Arzt hilft den Sanitätern, wenn sie Fragen haben. Per Videoschaltung ist er dicht am Geschehen. Das spart dem Arzt den Weg zum Einsatzort, dem Patienten kann schneller mit medizinischem Rat geholfen werden, und der Arzt ist rasch wieder einsatzbereit.
Dr. Tobias Steffen, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, und die Ärztin Dr. Friederike Schlingloff erklärten der Ministerin und dem Bad Harzburger SPD-Landtagsabgeordnetem Christoph Willeke während eines simulierten Einsatzes, wie die Telekommunikation zwischen Arzt und Sanitätern abläuft. Seit dem Start im Januar 2012 expandiert das Pilotprojekt stetig: Im Juli 2021 wurde der Kreis Northeim Partner einer gemeinsamen virtuellen Leitstelle.
1,1 Millionen Menschen
Ein Jahr später kamen Stadt und Kreis Hildesheim hinzu, und seit Anfang dieser Woche ist auch der Kreis Emsland dabei. Der Kreis Schaumburg hat ebenfalls bereits Interesse signalisiert. Goslars Landrat Dr. Alexander Saipa berichtete, dass Anfragen aus ganz Niedersachsen vorliegen. Fachbereichsleiter Frank-Michael Kruckow sagte, wenn alle angebahnten Kooperationen laufen, würden 1,1 Millionen Menschen mit dem Konzept der Telenotfallmedizin aus Goslar versorgt. Die Einsätze werden den Angaben zufolge über die Krankenkassen abgerechnet.
Für den Landkreis ist die Telenotfallmedizin ein Weg, die eigene Rettungsleitstelle zu erhalten. Das ist Saipa angesichts der Geografie im Harz wichtig. Nicht ohne Grund ist der Landkreis die einzige Region Niedersachsens mit eigener Bergwacht, berichtete Kruckow. Nach wie vor aber fahren im Landkreis Notärzte zu Einsätzen raus, erklärte Tobias Steffen. Das sei der überwiegende Teil ihrer Tätigkeit.
Behrens lobte das Konzept in hohen Tönen, nannte es „großartig“, „sehr beeindruckend“ und sprach von einem „guten Projekt“, um dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel von Ärzten zu begegnen. Um das Projekt in ganz Niedersachsen zu etablieren, müsse das Rettungsdienstgesetz geändert werden. Dazu wolle sie eine Vorlage in den Landtag einbringen.
Acht Standorte geplant
Acht Standorte für Rettungsdienste mit Telenotfallmedizin sind geplant, um flächendeckend ein weiteres Mittel der Notfallmedizin bereitzuhalten. Pro Standort sollen eine Million Menschen versorgt werden. Das Land wolle eine Anschubfinanzierung von 332.000 Euro und dazu jährlich 1,8 Millionen Euro bereitstellen.
Daniela Behrens ist derzeit auf ihrer Sommerreise unterwegs. Vor ihrem Stopp in Goslar hat sie in Clausthal-Zellerfeld die Akademie des Sports besucht (ausführlicher Bericht folgt), von Goslar aus fuhr sie nach Braunschweig weiter.
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