Stille Zeitzeugen schlimmer Ereignisse aus Braunlage

Dr. Rainer Bendick, Landrat Dr. Alexander Saipa, Zeitzeugin Juliane Barner, Dr. Friedhart Knolle und Bürgermeister Wolfgang Langer (v.li.) weihen die Geschichts- und Erinnerungstafel am sowjetischen Ehrenmal auf dem Bergfriedhof Braunlage ein. Foto: Jung
Insgesamt 59 Gräber mit verstorbenen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern aus der ehemaligen Sowjetunion sowie aus Polen gibt es auf dem Bergfriedhof. An das Schicksal der Verstorbenen erinnert eine Tafel, die jetzt aufgestellt worden ist.
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Braunlage. Auf dem Friedhof in Braunlage am sowjetischen Ehrenmal steht jetzt eine Geschichts-und Erinnerungstafel. Sie soll die Erinnerung in die Zukunft tragen. Am Ehrenmal sind 56 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion sowie drei Zwangsarbeiter aus Polen bestattet. Die Tafel ist das Ergebnis eines Kooperationsprojektes des Vereins Spurensuche Harzregion mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bezirksverband Braunschweig.
„Ich denke, für eine Region, für eine Stadt, ist es wichtig, sich an diese schlimmen Ereignisse zu erinnern“, sagte Bürgermeister Wolfgang Langer in seiner Ansprache. Auch Landrat Dr. Alexander Saipa, Vorsitzender des Kreisverbandes Goslar im Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, stellte die Wichtigkeit solcher Tafeln heraus. „Diese sind stille Zeitzeugen, gerade in der jetzigen politischen Zeit mit dem Krieg in Europa.“
Methylalkohol getrunken
Dr. Friedhart Knolle, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Spurensuche Harzregion, gab einen kurzen Abriss aus dem Inhalt der Geschichts- und Erinnerungstafel. Dazu gehörte unter anderem die Zeit der Zwangsarbeiter in Braunlage, deren Arbeitsbedingungen mit schlechter Unterkunft und Ernährung. Er berichtete auch über die Unterbringung der Kriegsgefangenen im Sanatorium Dr. Barner.
1945 haben die Alliierten in dem Jugendstil-Gebäude ein Lazarett für befreite sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingerichtet, die an Tuberkulose erkrankt waren. 28 ehemalige Häftlinge verstarben dort und ruhen ebenfalls am Ehrenmal. Weitere 20 verstarben am 3. Juni 1945 nach einer Hochzeitsfeier im ehemaligen Lager des Sägewerks am heutigen Buchholzplatz, weil sie Methylalkohol getrunken hatten.
In Hohegeiß befand sich seit August 1942 ein Arbeitskommando sowjetischer Kriegsgefangener, die in der Forstwirtschaft arbeiteten. Von den etwa 100 Gefangenen starben mindestens elf in Hohegeiß und wurden vor Ort beerdigt. Die Gräber befanden sich auf gemeindefreiem Gebiet in der Nähe des ehemaligen Kreisjugendheims Heimathütte. Die Forstverwaltung habe 1963 auf die Umbettung der Toten gedrängt, und weil sich auf dem Friedhof des Bergdorfs kein Platz fand, seien die elf Verstorbenen in Braunlage beerdigt worden.
Zeitzeugin äußert sich
Dr. Friedhart Knolle richtete seinen Dank an die Stadt Braunlage für die Möglichkeit der Einsicht der Akten aus der damaligen Zeit, an die Familie Barner und an den Bildungsreferenten des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Bezirksverband Braunschweig, Dr. Rainer Bendick, für die Mitarbeit an dem Projekt.
An der Einweihung der Tafel hat auch die mittlerweile 95-jährige Zeitzeugin Juliane Barner teilgenommen, die Volksbund und Verein Spurensuche von ihren persönlichen Erlebnissen berichtete. Die damals 17-Jährige war zu der Zeit in Braunlage, als die ehemaligen sowjetischen Zwangsarbeiter im Sanatorium medizinisch behandelt wurden. Sie ist die Tochter von Annie und Dr. Wiegand Barner und die Tante des heutigen Geschäftsführers Johann Barner.
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