Oberharz: Klimawandel gefährdet Camping-Wintersaison

Karin und Rüdiger Landers betreiben den Campingplatz Prahljust, schön gelegen an der Prahljustwiese und dem Pixhaier Teich. Foto: Berg
Stürme, Starkregen, schneelose Winter, Hitze-Sommer – Campingplatzbetreiber wie Karin und Rüdiger Landers müssen mit den Widrigkeiten der Gegenwart umgehen lernen, um eine Zukunft zu haben. Eine ihrer Ideen: Charterbusse ins Goslarer Welterbe.
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Clausthal-Zellerfeld. Es ist wie bei einem Brennglas. Die Probleme der sich stark wandelnden Welt fokussieren sich beispielhaft auf diesen ganz bestimmten Plätzen, auf den Campingplätzen. Und das besonders stark, wenn es sich um den vielleicht größten Campingplatz im Harz handelt, den „Campingplatz Prahljust“ in Clausthal-Zellerfeld mit bis zu 600 Stellplätzen. Der Urlaubsort ist schön gelegen an der Prahljustwiese, die dem 1959 von Reinhard Struve gegründeten „Zeltplatz an der Prahljustwiese“ seinen Namen gab.
Kaffee „Bei Georgios“
„Die ganze Gesellschaft ist im Wandel“, sagt Rüdiger Landers, der „reingeheirat“ hat. Seine Frau, Karin Landers, geborene Struve, ist die Tochter des Platzgründers. Das junge Paar hat sich vorgenommen, den Platz in die Zukunft zu führen und mit den Wechselfällen der Gegenwart klar zu kommen. Sie bestellen im platzeigenen Restaurant „Bei Georgios“ Kaffee und das ist schon keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Glückfall, seit viele Gastronomen von der Corona-Pandemie gebeutelt aufgeben mussten. Karin und Rüdiger Landers sind bereit, über ihr Metier zu reden, über das Schwierige, auch über das Schöne, das die Arbeit in der Natur mit sich bringt. „Es macht Spaß, etwas zu gestalten“, sagt Karin Landers.

Neue Übernachtungsangebote: Camping im Fass. Foto: Berg
„Der ganze Tourismusbereich ist im Wandel“, sagt Rüdiger Landers, das Geschäft sei instabil geworden. Sie und ihre zehn Mitarbeiter müssten ein Höchstmaß an Flexibilität an den Tag legen, um ein positives Jahresergebnis einzuspielen, wie dies im 2023 gelingen werde. Trotz eines schlechten Augusts, aber wegen eines sehr guten Zeitraumes zwischen Mai und Juni.
Das Kriterium Nummer eins für den Erfolg ist das Wetter. Und das ist im Zuge des Klimawandels extremer und wechselhafter geworden. Die Platzbesucher haben sich darauf eingestellt, auch dank digitaler Apps. Ist das Wetter schlecht, ist wenig los auf dem Platz. Scheint die Sonne, wie etwa jüngst am Tag der Deutschen Einheit, „stehen plötzlich 150 Campingwagen vor der Rezeption und wollen bedient werden“. „Es ist ein schwankendes Geschäft“, sagt Landers, „wir müssen viel kurzfristiger entscheiden“.
Alles ändert sich, wenn das Wetter nicht nur schlecht, sondern ganz schlecht ist, wie in diesen Tagen. Bei Stürmen, gar Orkanen, wie schon gehabt, sind die Campingplatz-Betreiber in einer besonderen Verantwortung, der gerecht zu werden nicht leicht ist. Landers: „Sie können den Leuten aus der Stadt nur ganz schwer vermitteln, dass sie hier bei Sturm in Gefahr sind.“ Das Angebot, im festen Haus zu übernachten, werde oft abgelehnt und erklärt, man bleibe „auf eigene Gefahr“ im Campingwagen. Dabei besteht dort bei Sturm akute Lebensgefahr; Bäume könnten in die Camper stürzen. Deshalb hat das Paar Landers fast alle ältere Fichten auf dem Campingplatz fällen lassen. Doch ganz ohne Bäume und ihren kühlenden Schatten in überheißen Sommern geht es nicht. Zumal ja die Camper die Natur suchen und auch finden sollen. Deshalb muss Karin Landers bei Sturm auch bisweilen so argumentieren: „Die Bäume sind 30 Jahre hier – Sie nur drei Tage.“
„Wir chartern Busse“
Das Campingplatzgeschäft ist längst ein Ganzjahresgeschäft geworden – gerade in einem Wintersportgebiet wie dem Harz. Nur: „Früher war hier weiße Weihnacht“, sagt Karin Landers lächelnd, aber mit leichter Wehmut in der Stimme. Sie ist praktisch auf dem Campingplatz aufgewachsen. Spielend kann sie die Bilder einer weißen Camping-Weihnacht vor ihr inneres Auge holen.
Doch die winterliche Gegenwart ist nicht selten grau. Sie sagt: „Wir merken hier auch den Klimawandel.“ Er ergänzt: „Wir versuchen, die Wintersaison aufrecht zu erhalten“. Schließlich wollen die Mitarbeiter ganzjährig beschäftigt und bezahlt werden. Ist der Campingplatz mit Schnee „ein Selbstläufer“, weil er auf 590 Meter Höhe gelegen ein Dorado für Nordic-Skifahrer ist, müssen sich Karin und Rüdiger Landers ohne die weiße Pracht etwas einfallen lassen. Rüdiger Landers: „Wir chartern Busse.“

„Wir merken hier auch den Klimawandel.“ – Palmen vor der Rezeption. Foto: Berg
Mittlerweile gibt es für Nutzer des Campingplatz Prahljust ein regelrechtes Weihnachtsprogramm – mit Fackelwandern, Bergwerksführungen, Wildtierfütterungen und Busfahrten zum Goslarer Weihnachtsmarkt. „Der Bus pendelt sechs Mal zwischen dem Parkplatz Kaiserpfalz und dem Campingplatz.“ Camper, die wissen wollen, was wann los ist, können sich auf der Homepage unter dem Stichwort „Camping im Weltkulturerbe“ informieren. Dort ist auch zu lesen, dass Platznutzer in die Sauna gehen können, wenn sie möchten. Das Schwimmbad allerdings, früher beliebt bei den Campern, hat kein Wasser und ist stillgelegt, der gestiegenen Energiekosten wegen.
Bei einem abschließenden Spaziergang zum Pixhaier Teich wird klar, wie schön der Platz ist, zu jeder Zeit, bei jedem Wetter. Karin und Rüdiger Landers sind sich sicher, dass die Sehnsucht der Menschen nach der Natur dem Campingplatz auch weiterhin eine Zukunft geben wird.