Musik und Lyrik in den Harzburger Baumwipfeln

Auf dem Baumwipfelpfad präsentieren Thorsten und Anke Reimann sowie Sven Waida (r.) Texte aus dem Heft „Wär ich das Glück …“. Foto: Potthast
Premiere in den Wipfeln: Erstmals trat dort das Duo Asthorklang mit Musik und Lyrik auf, begleitet vom Sven Waida am Keyboard. Die Geschichten und Texte waren in der Regel selbst verfasst worden. Das Publikum amüsierte sich sehr.
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Bad Harzburg. Licht an, also Sonne hinter den Wolken hervor, zur Lesung mit Musik auf dem Baumwipfelpfad. Nach langer Zeit mal wieder so etwas da oben. Und dann noch mit Künstlern, die sich derzeit auf die Rückkehr in Harzer Gefilde vorbereiten: Thorsten und Anke Reimann als Duo Asthorklang. Begleiter seit nicht allzu langer Zeit ist Sven Waida. Sie machten es sich und den Gästen auf der Krone am Freitagabend schön – mit ihrem Geschichten- und Musikprogramm „Wär’ ich das Glück…“
Die unterhaltenden Aufgaben der Drei: Thorsten Reimann rezitiert, Anke Reimann zupft Gitarre, Sven Waida bedient Percussions und die Tasten auf dem elektronischen Piano – und alle drei singen, wobei daran den Hauptanteil Anke Reimann hat.
Melancholie und Humor
Von ihr sind auch die meisten der Texte erdacht, die am Freitagabend bei untergehender Sonne über die Wipfel getragen wurden. Texte, die in den Gästen Melancholie zum Schwingen bringen konnten, die aber auch ihren Humor anstießen – sehr oft sogar.
Dialoge zwischen Thorsten und Anke Reimann waren Überleitungen von einem Stück zum nächsten, von Rezitation zu Lied zu Rezitation. Viele Geschichten aus dem Hasenweg wurden zum Inhalt. Von dort, wo es diese Zaun-Parkplatz-Grillplatz-Zaun-Situation gibt, wo Nachbar an Nachbar wohnt, wo man sich über eben diese Siedlungs-Mitbewohner ärgert – was aber wiederum gut für die Seelenhygiene ist, laut Anke Reimann. Das Lied „Hummeln im Hintern“ zeichnet nach, welchen Drang die Nähe in einer Siedlung hervorrufen kann: „Ich geh’ raus hier…ich will ans Meer…will aufn Berg…“
Die Gäste lernen, dass Schabracke bei Tapiren „geliebte Dame“ bedeutet, dass für ein Ameisenvolk die Erde bebt, wenn ein Mensch ein Löwenzahn-Pflänzchen aus einer Gehwegritze rupft, so als würde ein Berg ein Dorf verschlingen, dass Worte, die gestern noch gesellschaftsfähig waren, heute benutzt, einen Vorwurf nach sich ziehen.
Breite Gefühlsspanne
Asthorklang bewegt sich auf einer breiten Gefühlsspanne. Dramatik und Wehmut vermittelt das Keyboardspiel bei „Am Tag der Flucht“, entstanden zur Zeit des Bosnienkrieges und das, wie Anke Reimann meinte, an Aktualität nichts verloren habe. Es vermittelt Bedrücktheit nicht nur wegen der Ereignisse in der Ukraine.
Lebensmut wird im gleichnamigen Stück transportiert und eine große Ladung Vergnügtheit oder Fröhlichkeit oder Heiterkeit mit Texten, wie dem über die verlorene Schraube fürs Motorrad und dem über Luis, Oma Hedwig und die Eiermaschine und dem mit der lispelnden Maus.
Und vor allem mit dem Text über einen nicht gewollten Buchstaben: Vor langer Zeit hatte ein Schreiber die „t“ und „T“ aus einem Brief streichen müssen, weil der des Lesens nicht kundige Auftraggeber sie für Grabkreuze hielt. Die verschmähten Buchstaben verkrochen sich in der Schreibstube und suchten sich irgendwann einen anderen Brief – den eines Grafen an eine Prinzessin. „Mein beser Geschäfsfreund“ durfte des Kaufmanns Adressat lesen, „Metine allterlitebste Lutiste“ die Prinzessin.
Famoser Vortrag
Famos der Vortrag von Thorsten Reimann. Sein schauspielerisches Vermögen, das er in den vergangenen Jahren am Noch-Wohnort bei Potsdam aufbaute, kam dabei besonders zum Tragen. Einige ließ er durch Sven Waida am E-Piano klanglich unterlegen. Mit ihm ist das Duo Asthorklang noch gar nicht so lange musikalisch liiert. Der Auftritt am Freitagabend war der dritte für das Trio. Er endete mit dem „Seebären“-Lied und reichlich Applaus.