Martin Frank nimmt Harzburger mit nach Niederbayern

Martin Frank in seinem Element beim kabarettistischen Seiltanz mit heiklen Themen in Mundart und mit Gesang. Foto: S. Weber
Kabarettist Martin Frank ist auf der Bühne in seiner Komfortzone. Auch in Bad Harzburg, wo er auf Einladung des Kulturklubs zu Gast ist. Sein Publikum im Bündheimer Schloss nimmt er trotzdem mit auf einen Ausflug – in seine niederbayrische Heimat.
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Bad Harzburg. Der Blick in die „gute Stube“ der Stadt ließ einem am Freitagabend das Herz aufgehen. Das Bündheimer Schloss war voll bestuhlt und fast ausverkauft. Über 260 Menschen waren gekommen, um den zu erleben, mit dem vor fast drei Jahren – am 7. März 2020 – erst einmal alles geendet hatte: Martin Frank!
Er war seinerzeit der letzte Künstler gewesen, der vor dem Lock-Down im Schloss gespielt hatte. Nun stand er wieder auf Einladung des Kulturklubs an Ort und Stelle und wurde aufs Herzlichste empfangen. Vor allem für die, die Frank noch nie erlebt hatten, war der Überraschungseffekt, den der Künstler naturgemäß mitbrachte, besonders schön. Da kam ein recht junger Mann auf die Bühne, schlank, modern und dann macht der den Mund auf und es kommt uriges Niederbayrisch raus.
Wie man in Unterhose vor einem Bildschirm Geld verdienen kann
Tja, und auch, wenn er behauptete, humormäßig pandemiebedingt nicht mehr auf der Höhe zu sein (dahoim muss i net luschtig soa, da lachts eh koina), saßen natürlich trotzdem alle Gags aufs Genauste. Egal also, ob er „während der Covidl vor derna Tür stoand“ nun tatsächlich den Haushalt in der heimischen Landwirtschaft gemeistert hatte oder nicht, man wollte es ihm einfach glauben.
Franks Beschreibung seines Lebens auf einem niederbayrischen Bauernhof war eine kabarettistische Schatztruhe, wie es halt so sei, „wenn soana Künschtler wird und dann, wenns a Pandemie hat nich sytemrelevant“ ist, wenn die Oma fragt, ob er aus dem Homeoffice zum Essen pünktlich wieder „dahoim“ sei und sie nicht verstehe, wie man in Unterhose vor einem Bildschirm Geld verdienen könne. Wer ohne Gummistiefel vor die Tür ginge, der könne doch gar nicht arbeiten. Aber Angst und Panik seinen ja noch nie gute Berater gewesen, also raus der Komfortzone Bühne, rein in den Haushalt und zurück in die Landwirtschaft.
Mit Kakao kann man in Bayern kein Bürgermeister werden
Zum Glück hat es nicht zum Bürgermeister des Heimatortes gereicht, denn Martin Frank gehört einer Minderheit an: „I moag halt koa Bier net.“ Da er mit diesem Outing in Bayern quasi Hofverrat begangen habe und man nach der Ratssitzung an der Bar mit einem Kakao in der Hand nun mal nicht Bürgermeister werde, ist er wieder auf Tour. Offiziell wahrscheinlich immer noch nicht systemrelevant aber zur großen Freude von allen, die ihn auf der Bühne erleben und das nicht nur des Kabaretts wegen.
Die nächste Überraschung für alle „Unbefleckten“ im Saal, also die, die Martin Frank bisher nicht kannten, zeigte nämlich: Der Kerl kann auch noch singen! Egal, ob die Arie des Schweinefürsten aus der Operette „Der Zigeunerbaron“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ (aus „Land des Lächelns“), da kam sehr viel beeindruckender Ton aus der niederbayrischen Kehle. Kein Wunder, denn wenn dahoim am Hof a Händl verrecke, dann moche ma füra die Feriengäschte ena Tiertrauerfeier. Natürlich mit einer Arie von „Händl“.
Als veganer Mensch Urluab auf einem Bauernhof machen
Es blieb allerdings nicht bei Hof, Haushalt und Pandemie am Freitag. Künstlerkollegen, Minderheiten und solche, die es der Political Correctness wegen gerne wären, wurden unter die kabarettistische Lupe genommen. Fazit: Es bringe nichts, sich aufzuführen „wie oanawarms Bier“, sondern einfach das Beste aus der Situation machen und die Welt aus der Sicht der Anderen sehen, zum Beispiel als veganer Mensch mal Urlaub auf einem niederbayrischen Bauernhof machen, denn es brauche Extreme, um sich in einer gesunden Mitte zu treffen.