Linienbus-Verkehr im Harz: „Viel Luft nach oben“

Selbstversuch: Die Grüne-Landtagskandidatin Almut Mackensen fährt mit dem Linienbus von Clausthal-Zellerfeld nach Braunlage und braucht für die 4,40 Euro teure Tour an einem Sonntag knapp zwei Stunden. Foto: Eggers
Wer mit dem Linienbus im Harz unterwegs ist, muss sich laut der Grünen-Landtagskandidatin Almut Mackensen auf eine Fahrzeit einstellen, die zwei- bis dreimal so lang wie mit dem Auto ist. Die 57-Jährige fuhr am Sonntag von Osterode nach Braunlage.
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Braunlage/Clausthal-Zellerfeld. Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist traditionell eines der Themen, für die sich die Grünen engagieren. Kein Wunder also, dass Landtagskandidatin Almut Mackensen den Selbstversuch startete und am Sonntag – begleitet von einigen Parteifreunden – von Osterode über Clausthal-Zellerfeld nach Braunlage mit dem Linienbus fuhr. Ihre Erkenntnis: „Da ist noch viel Luft nach oben.“
Laut Almut Mackensen sind es oft nur Kleinigkeiten, die verbessert werden müssten. „Und da fehlt auch der politische Wille“, sagt sie. Zudem funktioniere die Abstimmung zwischen den verschiedenen Verkehrsverbünden oft nicht. Die Folge: Den Fahrgästen würden oft falsche Strecken und falsche Preise angezeigt, wenn sie sich im Internet informieren wollen.
Turnschuhverbindung
Allein ihr seien für die Tour von Osterode nach Braunlage Fahrzeiten von 90 Minuten bis 4 Stunden und 20 Minuten angezeigt worden. Die Bahn-App habe ihr das Niedersachsen-Ticket als Fahrkarte vorgeschlagen, das 24 Euro koste. Tatsächlich habe sie für die Fahrt 8Euro gezahlt, von Clausthal-Zellerfeld – dem offiziellen Start der Linienbus-Tour mit den Parteifreunden – nach Braunlage kostet es 4,40 Euro.
Doch dafür musste Almut Mackensen am Sonntag erst einmal den Anschluss-Bus in der Unistadt nach Bad Harzburg erreichen. „Dabei handelt es sich nämlich um eine sogenannte Turnschuhverbindung“, sagt die Landtagskandidatin. Das heißt, am ZOB in Clausthal-Zellerfeld steht den Fahrgästen nur eine Minute Zeit zur Verfügung, um von einem in den anderen Bus umzusteigen. „Gibt es da nur ein paar Sekunden Verspätung, funktioniert das nicht mehr“, meint sie. Deshalb sei es wichtig, dass die Busfahrer untereinander kommunizieren. Zu Zeiten, in denen nahezu jeder ein Handy habe, dürfte das kein Problem sein. „Es passiert aber leider sehr oft, dass Fahrgäste den Anschlussbus knapp verpassen“, sagt sie.
Eigentlich wäre Almut Mackensen dann von Clausthal-Zellerfeld über St. Andreasberg nach Braunlage weiter gefahren, wo sie eine Wahlkampfveranstaltung im Relexa-Hotel Harzwald besuchen wollte. „Doch am Wochenende, wenn keine Schule ist, fährt dieser Bus nicht“, sagt sie. Also ging es über Bad Harzburg in die Hochharzstadt.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt von Clausthal-Zellerfeld nach Braunlage erreichte Almut Mackensen schließlich den ZOB in Braunlage, das Ziel dieser Linienbustour. Dort holte ihr Mann sie mit dem Wagen ab und brachte sie zu der Veranstaltung ins Relexa. „Der schnellste Weg von Osterode nach Braunlage wäre übrigens über Herzberg und Bad Sachsa gegangen“, sagt die Kandidatin. Da hätte die Fahrt 90 Minuten gedauert, aber weil sie zusammen mit den Clausthaler Parteifreunden fahren wollte, habe sie diesen Weg gewählt.
Unkompliziertes Reisen
„Ich will mit dieser Tour auf die entscheidende Bedeutung des ÖPNV für Verkehrswende und Klimaschutz aufmerksam machen“, betont Almut Mackensen im GZ-Gespräch. Ihrer Ansicht nach habe die große Koalition in Hannover kein Interesse an einer Verbesserung des ÖPNV, die gerade auf dem Land wichtig sei. „Deshalb ist eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket dringend notwendig“, betont die 57-Jährige. Damit könne erreicht werden, dass die Grenzen der einzelnen Verkehrsverbünde keine Rolle mehr spielen. „Dann wären auch Reisen über Kreis- und Bundeslandesgrenzen unkompliziert möglich“, meint sie.
Die Landtagskandidatin unterstreicht, dass die Verbesserung des ÖPNV eng mit der Verbesserung des Klimaschutzes verbunden sei. „Der Verkehrssektor hat in der Vergangenheit nicht zur Reduktion der CO-Emissionen beigetragen“, meint sie und berichtet, dass die Emissionen laut dem Verkehrsclub Deutschland seit 1995 gegenüber heute sogar um fünf Prozent angestiegen seien.