Letzter Wunsch einer schwer kranken Goslarerin wird erfüllt

Andreas Herzenswunsch geht im Tierheim Eckertal in Erfüllung. Die Tierheim-Mitarbeiterinnen sorgen dafür, dass sich auch die Katzen wohlfühlen. Foto: Wünschewagen Niedersachsen
Die Palliativpatientin Andrea kann ihr Haus ohne Hilfe nicht verlassen. Der ASB-Wünschewagen Niedersachsen brachte sie nun zum Tierheim Eckertal, wo sich ihr Herzenswunsch erfüllte. Die Rückreise lief anders als geplant und trotzdem emotional.
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Eckertal. Sie erfüllen sterbenskranken Menschen ihren letzten Wunsch: Die Mitglieder des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Niedersachsen waren jetzt in Bad Harzburg unterwegs, um Andrea aus Goslar den letzten Wunsch zu erfüllen. Sie wollte unbedingt noch einmal Katzen streicheln, das flauschige Fell berühren und das leise Schnurren hören. Diesen Wunsch hatte das Tierheim Eckertal ihr am vergangenen Sonntag erfüllt.
Andrea ist schwer krank, leidet an der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose, erzählt Julia-Marie Meisenburg, Projektleiterin des ASB-Wünschewagens Niedersachsen. Sie habe nicht viele Kontakte und sei durch ihre schwere Erkrankung auf fremde Hilfe angewiesen. Seit dem Tod ihrer Eltern im November 2022 wohnt sie in einer Pflegerichtung in Goslar, die sie eigenständig nicht verlassen kann.

Die Samtpfoten sind Andreas absoluten Lieblingstiere. Foto: Wünschewagen Niedersachsen
„Sie hatte große Sehnsucht nach ihrem Zuhause und viele schöne Erinnerungen an die Katzen, mit denen sie dort früher zusammengelebt hat“, sagt Meisenburg gegenüber der GZ. Die Samtpfoten gehörten zu ihrer Familie, hätten ihr Kraft und Trost gespendet. Auch an das Tierheim Eckertal könne Andrea sich noch erinnern, die Mutter der MS-Patientin sei dort oft zum Katzenstreicheln gewesen.
Tüte voller Leckerlis
Die Anfrage des Wünschewagen-Teams kam für das Tierheim relativ überraschend, für die Mitarbeiter war es der erste Besuch dieser Art. Die Wunscherfüller Marion, Manuela und Stephan hatten sich vergangene Woche also auf den Weg gemacht, um die 57-Jährige abzuholen. Die begleitenden Tierpflegerinnen Anna-Lena Thormann und Birgit Hellmisch hatten einige Vorbereitungen getroffen, zum Beispiel die Wege barrierefrei gemacht und auch Termine verschoben, damit sie sich „nur auf Andrea konzentrieren können“. Aber auch die MS-Patientin war laut Meisenburg gut vorbereitet: „Mit einer großen Tüte voller Leckerlis für die Katzen ist sie in den ASB-Wünschewagen gestiegen“.

Andrea verteilt ihre Leckerlis an die Katzen. Foto: Wünschewagen Niedersachsen
„Die Erfahrung ist wirklich sehr schwer zu beschreiben“, erzählt das Tierheim-Team. Auf der einen Seite habe sie es unheimlich gefreut, Andrea diesen letzten Wunsch erfüllen zu können, auf der anderen Seite sei der Moment sehr emotional und traurig gewesen. „Für die Tiere war die ungewohnte Situation ebenfalls aufregend. Sie kennen keinen Rollstuhl. Aber auch scheue Katzen hatten sich nach einiger Zeit getraut, ihn zu inspizieren“, berichtet das Tierheim-Team der GZ.
Aufregende Rückreise
Die Mühe hatte sich auf jeden Fall gelohnt: Nach der ersten Berührung mit einer Katze seien Andrea die Tränen gekommen, sie habe den Katzen leise Worte zugeflüstert und jede Sekunde genossen. Obwohl sie anfangs gegenüber den Wunscherfüllern sehr zurückhaltend gewesen sei, sei sie im Laufe des Tages immer weiter aufgetaut.

Auch die Hunde bekommen Streicheleinheiten von der tierlieben Andrea. Foto: Wünschewagen Niedersachsen
„Sie hat viel von ihrer Vergangenheit, ihren Tieren und guten Zeiten erzählt. Es war eine ausgesprochen berührende Wunschfahrt“, berichtet Meisenburg. Die Palliativpatientin sei nach der Zusammenkunft im Tierheim „so guter Dinge“ gewesen, dass sie mit den Wunscherfüllern noch bei dem italienischen Restaurant „Da Mimmo“ in Bad Harzburg eingekehrt sei. „Sie wollte unbedingt noch eine Lasagne essen“, schreibt das Wünschewagen-Team auf seiner Facebookseite. Auf einen Grappa sei sie vom Restaurant-Chef eingeladen und regelrecht hofiert worden, heißt es weiter. Auf dem Rückweg hatte die Gruppe noch Halt bei Andreas ehemaligem Elternhaus gemacht. Zum Aussteigen hätte ihr allerdings die Kraft gefehlt.
Wunscherfüller Stephan hatte stattdessen einen Zweig von dem Lebensbaum vor der Tür abgeschnitten und Andrea geschenkt – zum Riechen, Fühlen, in Erinnerungen schwelgen, ist vom Wünschewagen-Team zu erfahren. Für das ASB-Team war Andreas Herzenswunsch der vierte eines Sterbenskranken in diesem Jahr, berichtet Projektleiterin Meisenburg. Insgesamt wurden seit Projektbeginn im November 2017 insgesamt 391 Wunschfahrten organisiert. Der Wünschewagen Niedersachsen ist in Hannover stationiert, startet von dort aus zu Palliativpatienten aus ganz Niedersachsen, um sie noch einmal an einen Sehnsuchtsort zu begleiten.