Zähl Pixel
"Landwirte denken langfristig"

Landtagswahlkandidat Christoph Willeke tritt in Goslar für die SPD an

Kennt sich mit Digitalisierung und Landwirtschaft aus: Christoph Willeke aus Harlingerode will für die SPD in den niedersächsischen Landtag einziehen.  Foto: Hartmann

Kennt sich mit Digitalisierung und Landwirtschaft aus: Christoph Willeke aus Harlingerode will für die SPD in den niedersächsischen Landtag einziehen. Foto: Hartmann

Christoph Willeke tritt bei der Landtagswahl im Wahlkreis 13 für die SPD an. Der 25-Jährige ist Landwirt, hat den 510 Jahre alten Hof seines Vaters übernommen und will sein Erbe mit moderner Technologie und Künstlicher Intelligenz bewirtschaften.

Von Petra Hartmann Freitag, 05.08.2022, 08:30 Uhr

Für nur 0,99 € alle Artikel auf goslarsche.de lesen
und im ersten Monat 9,00 € sparen!
Jetzt sichern!

Goslar. Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und die sprichwörtliche Treue eines Bauern zu seiner Scholle: Für Christoph Willeke, den SPD-Kandidaten im Goslarer Wahlkreis, ist das kein Widerspruch. Der 25-Jährige hat eben seine Bachelor-Arbeit im Fach Kognitionswissenschaften abgegeben und übernimmt nun den Hof seines Vaters in Harlingerode.

„Landwirte denken langfristig und in Generationen“, sagt er und verweist stolz darauf, dass sein Hof bereits seit 510 Jahren im Ort dokumentiert ist. Trotzdem: Moderne, digitale Technologien und traditionelle Landwirtschaft, das geht durchaus zusammen auf dem Hof. Demnächst startet sogar ein Forschungsprojekt der Uni Göttingen auf einer seiner Flächen: Auf einem sechs Hektar großen Feld bei Heißum will er Laubbaum-Reihen pflanzen und dazwischen Getreide anbauen. Die Idee: Die Bäume halten das Wasser im Boden und beschatten die Feldfrüchte. So sorgen sie dafür, dass Raps, Rüben und Weizen besser gedeihen.

Landwirtschaft mit Philosophie und IT

Wann er zum ersten Mal auf einem Trecker gesessen hat, kann er nicht mehr sagen. Aber seine familiäre Prägung und die landwirtschaftliche Lehre in der Nähe von Schöppenstedt sorgten dafür, dass er auch im Studium gut über die Runden kam: Bevor er bei einem Osnabrücker Start-up unterkam, verdiente er sich als Mähdrescherfahrer etwas dazu.

Sein Studienfach, die Kognitionswissenschaften, hat er nach ausgiebiger Recherche gewählt. Es handelt sich um ein besonders vielseitiges Fach, das Themen aus Psychologie, Künstlicher Intelligenz, Informatik, Philosophie und Anthropologie miteinander verbindet. Zurzeit liegt seine Bachelor-Arbeit auf dem Schreibtisch der Prüfer. Das rund 100-seitige in englischer Sprache abgefasste Werk trägt den Titel „Optimization of Region Proposal Networks by Rotation of the Input Image and Interception of the Size Parameters of the Bounding Box for Classification.“

Politische Diskussionen im Werner-von-Siemens-Gymnasium

Wie kommt man als Hoferbe und Siemens-Schüler mit klassischem naturwissenschaftlichem Profil – Leistungsfächer: Physik, Mathe, Bio – in die Politik? Schuld war ein Politik-Lehrer, mit dem Willeke im Unterricht ausufernde Diskussionen führte. „Wir waren uns am Ende einig: Man müsste mal Lokalpolitik machen“, sagt der Harlingeröder. So trat er mit 19 Jahren erstmals zu einer Wahl an: als Parteiloser auf der Liste der Sozialdemokraten. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden, auch wenn es damals noch nicht für den Einzug in den Stadtrat reichte. Am 1. Januar 2017 machte er dann Nägel mit Köpfen und trat in die Partei ein.

Entscheidung für die SPD

Warum ausgerechnet die SPD? „Weil das Leben und die Politik in der SPD passieren“, ist der 25-Jährige überzeugt. „Und weil mir die anderen Parteien zu inaktiv sind und zu wenig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft stehen.“ Und wer das übergroße Schwarzweißporträt Willy Brandts an der Wand über seinem Laptop sieht, der kann kaum an der sozialdemokratischen Überzeugung des Landtagskandidaten zweifeln.

Mehr Daten für den ÖPNV bitte

Vor allem die Digitalisierung liegt ihm am Herzen. Und gern würde er den ÖPNV verbessern. Hierzu will er mehr Daten sammeln, um den Bedarf zu erfassen: „Wir können zählen, wie viele Menschen im Bus sitzen. Aber wir wissen nicht, wohin sie wollen“, meint er. Er könnte sich vorstellen, dass Fahrgäste gegen Vergünstigungen ihre Streckennutzung offenlegen. „Natürlich muss sichergestellt sein, dass die Daten anonym verarbeitet werden.“ Auf jeden Fall sei es wichtig, mehr Informationen zu gewinnen.

In den nächsten Wochen will Willeke auf jeden Fall noch viel Werbung für sich und seine Ziele machen. Und er ist auch noch damit beschäftigt, ein Versprechen einzulösen, das er bei seiner vorigen Kandidatur gegeben hat: Für jede Stimme einen Baum wollte er pflanzen. Das macht 707 Bäume. 218 hat er schon geschafft, der Rest soll noch folgen. Für die Landtagswahl und die ungleich größere Menge an möglichen Wählern will er aber keine neuen Pflanzungen versprechen. „Hinterher denkt noch jemand, ich würde Stimmen kaufen wollen“, sagt der Sozialdemokrat.

Zur Person

Geboren: 1997 in Goslar

Schule und Ausbildung: Werner-von-Siemens-Gymnasium Bad Harzburg, Zweijährige landwirtschaftliche Lehre, Studium der Kognitionswissenschaften in Osnabrück, Bachelorarbeit gerade abgegeben.

Beruf: Mitarbeiter eines Software- Start-ups. Übernimmt nun den Hof seines Vaters in Harlingerode.

Politik: Mit 19 Stadtratskandidatur als Parteiloser auf der SPD-Liste. Seit 2017 SPD-Mitglied. Stadtrat und SPD-Vorsitzender in Bad Harzburg.

 

Diskutieren Sie mit!
Weitere Themen aus der Region