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Grüne wirbt für neue Vorschriften

Keine Angst vor dem Heizungsgesetz?

Die Mitarbeiterin eines Heizungsbaubetriebs inspiziert vor einem neu gebauten Wohngebäude eine Wärmepumpe.  Foto: dpa

Die Mitarbeiterin eines Heizungsbaubetriebs inspiziert vor einem neu gebauten Wohngebäude eine Wärmepumpe. Foto: dpa

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ulrike Täck hat in Goslar auf Einladung des Kreisverbandes über das umstrittene Heizungsgesetz informiert. Ihr war daran gelegen, Ängste zu nehmen. Sie betonte, niemand werde gezwungen, sofort eine neue Heizung einzubauen.

Von Oliver Stade Montag, 30.10.2023, 06:00 Uhr

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Goslar. Das Heizungsgesetz der Ampelkoalition, das bei der Energiewende helfen soll, hat die Grünen Stimmen und Sympathien gekostet. Hass und Hetze, die der Kreisverband Goslar kürzlich beklagte, hängen wohl auch mit dem Gesetz zusammen, das Hausbesitzer zu Investitionen zwingt. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ulrike Täck aus Schleswig-Holstein war jetzt in Goslar zu Gast, um zu beruhigen.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ulricke Täck (l.) aus Schleswig-Holstein erklärt in Goslar auf Einladung der Grünen-Kreisverbandssprecherin Agnes Eberhard (r.) das Heizungsgesetz.  Foto: Haeseler

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ulricke Täck (l.) aus Schleswig-Holstein erklärt in Goslar auf Einladung der Grünen-Kreisverbandssprecherin Agnes Eberhard (r.) das Heizungsgesetz. Foto: Haeseler

Betont sachlich und an Zahlen und Daten orientiert stellte Täck (55), energiepolitische Sprecherin ihrer Fraktion aus dem Wahlkreis Segeberg, das Gesetz vor, beschrieb die Möglichkeiten, klimaneutral zu heizen und wies auf die Förderungen hin. Vor rund 30 Gästen, überwiegend aus dem grünen Milieu, präsentierte Ulricke Täck Eckpunkte der wichtigsten Änderungen, die von 2024 an gelten. Grundsätzliche Ablehnung gegen das Gesetz schlug der gebürtigen Gifhornerin nicht entgegen, es gab aber skeptische Anmerkungen.

Die Nachbarn

So bemerkte ein Zuhörer, dass die vielen Förderungen, die die Landtagsabgeordnete lobte, auf Investitionen von maximal 30.000 Euro begrenzt sind. Dann stehen im günstigsten Fall, wenn mehrere Richtlinien greifen, 21.000 Euro in Aussicht. Ein anderer Punkt, an dem ein Zuhörer einhakte, betraf den Geräuschpegel von Wärmepumpen: Eben mal eine Anlage an einem Reihenhaus aufzustellen, sei nicht so einfach, weil es Nachbarn gebe, die über Geräuschbelästigungen klagen würden.

Die Schleswig-Holsteinerin war voriges Jahr als Nachrückerin in den Landtag eingezogen, zuvor arbeitete sie als Professorin für Werkstoffkunde an der Technischen Hochschule Lübeck, mit Technik kennt sie sich also aus. Ihr war deutlich daran gelegen, Ängste vor dem neuen Gesetz zu nehmen, so blickte sie auf einige Kernpunkte des Gesetzes:

Niemand ist gezwungen, sofort eine neue Heizung einzubauen.

Nur für Anlagen, die älter als30 Jahre sind, besteht eine Austauschpflicht, die stammt noch aus der Zeit der Großen Koalition.

Eine Erneuerungspflicht gilt zunächst nur für Neubauten, in ihnen müsse jede Heizung zu 65 Prozent mit regenerativer Energie laufen.

Das Aus für Heizungen mit fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas ist für das Jahr 2045 vorgesehen.

Ulrike Täck gab einige Empfehlungen: Wer mit einer alten Anlage heize und sie jetzt erneuere, habe Aussicht auf Fördergeld. Darüber hinaus gibt es aus ihrer Sicht einen weiteren Grund, nicht lange zu warten, um sich von Öl und Gas zu verabschieden und die Heizung auf erneuerbare Energien umzustellen: „Irgendwann werden die Heizkosten zu hoch.“

Täck, die auf den Austausch oder die Erneuerung alter Heizungen nicht drängte, sie aber dringend empfahl, gab einen weiteren Hinweis für „Bestandsbauten“, die sie als „das große Sorgenkind“ beschrieb: Wer sich nicht sicher sei, ob in einem alten, mäßig gedämmten Haus eine Wärmepumpe ausreichend Leistung bringt, solle die Vorlauftemperatur seiner Heizung begrenzen (empfohlen werden 45 bis 50 Grad) und die Heizkörper voll aufdrehen. Wenn das Haus warm wird, könne sich eine Wärmepumpe auch im Altbau lohnen.

Einige Ratschläge

Wer sich in solchen und weiteren Fragen beraten lassen möchte, kann sich im Landkreis an die Energie-Ressourcen-Agentur wenden. In der Sparkassen-Passage am Jakobikirchhof in Goslar geben Experten dienstags von 14.30 Uhr bis17.30 Uhr und freitags von 9 Uhr bis 12 Uhr Auskunft. Eine erste Beratung erfolgt kostenlos.

Berater konsultieren

Die Grünen-Abgeordnete empfahl grundsätzlich, einen offiziell akkreditierten und erfahrenen Energieberater ins Haus zu holen und Wärmeverluste nicht nur außen, sondern auch innen zu messen, um zu sehen, „wo die Kälte reinkommt“. Oftmals würden schon „punktuelle Wärmedämmungen“ helfen. Grundsätzlich riet sie zu individuellen Lösungen, sie nannte etwa Wärmenetze und Solarthermie, Hybridheizungen oder „in gut gedämmten Gebäuden“ Stromdirektheizungen. Sie selbst wohne in einem Blockbohlenhaus und habe nicht vor, es mit Styropor auszukleiden. Außerdem wolle sie ihren Kaminofen festhalten, der übernehme aber nicht „das grundständige Heizen“.

Die Energieexpertin sprach auch über kommunale Wärmepläne, zu denen die Kommunen verpflichtet sind und für die individuelle Überlegungen wichtig sind, etwa dann, wenn sich eine Kommune dafür entscheidet, Fernwärme zu beziehen, Geothermie zu nutzen oder auf Biogas zu setzen. Sie stellte viele Beispiele für solche Lösungen aus Schleswig-Holstein vor. Auch Wasserstoff wird vielfach als Alternative genannt. Den Aufwand, eine Gasheizung auf Wasserstoff umzurüsten, hält Ulrike Täck allerdings für größer als vielfach beschrieben.

Wärmeplanung in Arbeit

Im Landkreis Goslar steht die kommunale Wärmeplanung noch am Anfang, bis Mitte 2028 ist Zeit. Für die Region haben sich die Bürgermeister und der Landrat darauf verständigt, dass die Kreisverwaltung eine koordinierende Aufgabe übernimmt. Im November ist dazu ein Treffen geplant.

Und wie kommt es, dass eine Grünen-Abgeordnete aus Schleswig-Holstein in Niedersachsen das Gebäudeenergiegesetz und dessen Folgen erklärt? Täck promovierte an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, die Kontakte zur TUClausthal unterhält. Über eine Mentorentätigkeit ist sie mit der Clausthaler Doktorandin Agnes Eberhard bekannt, sie ist neben Mathias Schlawitz Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes Goslar.

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