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Bau 270.000 Euro günstiger

Grube Samson in St. Andreasberg: Kunstrad dreht sich jetzt

Seit Juli dieses Jahres dreht sich – sehr zur Freude von Christian Barsch (links) und Hans-Günter Schärf – das Kunstrad im Bergwerksmuseum Grube Samson.  Archivfoto: Eggers

Seit Juli dieses Jahres dreht sich – sehr zur Freude von Christian Barsch (links) und Hans-Günter Schärf – das Kunstrad im Bergwerksmuseum Grube Samson. Archivfoto: Eggers

Der Besuch des Bergwerksmuseums Grube Samson in St. Andreasberg ist noch attraktiver geworden. Jetzt dreht sich auch das Kunstrad wieder, deren Ein- und denkmalgerechter Neubau insgesamt 270.000 Euro kostengünstiger war, als zunächst geplant

Von Michael Eggers Mittwoch, 26.07.2023, 05:58 Uhr

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St. Andreasberg. Freude bei Christian Barsch und Hans-Günter Schärf – und das in jeder Hinsicht. Die beiden Leiter des Bergwerksmuseums Grube Samson freuen sich, dass sich jetzt das Kunstrad dreht, und dass der Nachbau um sage und schreibe 270.000 Euro günstiger war, als zunächst geplant. Statt mit mehr als 800.000 Euro schlägt er nun noch mit 560.000 Euro zu Buche.

Das Kunstrad hat bis 1922 die Fahrkunst angetrieben, mit der die Bergleute eingefahren sind. Diese Aufgabe übernimmt heute ein Elektromotor. Dennoch ist das mächtige Wasserrad mit seinem Durchmesser von 11,60 Meter und seinem Gewicht von zehn Tonnen ein elementarer Bestandteil des Welterbes Oberharzer Wasserwirtschaft, zuletzt war es vom Ingenieur Hans-Hugo Nietzel aus Clausthal-Zellerfeld 1995 erneuert worden. Weil es seit Jahren nicht mehr funktionstüchtig war, hatte sich der Rat der Stadt Braunlage nach vielen Diskussionen in langen Sitzungen entschieden, es zu ersetzen.

Das Wasser wird per Elektromotor in eine Holzrinne gepumpt und fällt dann auf das Wasserrad.

Das Wasser wird per Elektromotor in eine Holzrinne gepumpt und fällt dann auf das Wasserrad.

Die Radstube geprüft

In enger Abstimmung mit dem niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und nach historischem Vorbild aus Anfang des 19.Jahrhunderts ist das Wasserrad von der Zimmerei Blümner aus der Altmark gefertigt worden. Die Mitarbeiter des Unternehmens haben vor allem Erfahrung mit dem Mühlenbau. Bei der Ausschreibung des Wasserradbaus hatte sie aber der Ehrgeiz gepackt, wie Firmenchef und Ingenieur Ulrich Blümner sagte.

Umgesetzt haben den Bau laut Christian Barsch im Wesentlichen die Zimmerleute Ulf Rathke und Heinz-Jürgen Rohbeck. Zunächst hätten sie das alte Wasserrad komplett abgebaut, dann haben sie das neue Rad aus den zuvor zugeschnittenen Holzteilen in der Altmark liegend zusammengesetzt. Anschließend haben die Zimmerleute es demontiert, nach St. Andreasberg transportiert und in der Grube Samson wieder zusammengebaut. Zwischendurch habe zudem die Bergsicherung Schneeberg die Radstube geprüft und wo es notwendig gewesen sei, neue Gitternetze angebracht.

Wie eine Urgewalt

Die Bauleitung habe der Statiker Konrad Brenker übernommen. Viele weitere Schritte seien quasi nebenbei aber mit viel Sachverstand ausgeführt worden: Stein- und Elektroarbeiten, Betonsanierungen für den Treppenabgang sowie der Metallbau für den Wartungssteg und die Wasserbautechnik. „Eindrucksvolle Arbeit leisteten auch die Gerüstbauer, die für die verschiedenen Aufgaben mehrmals umrüsten mussten“, meinte Christian Barsch.

Kein Rad ist auch keine Lösung: Montanarchäologin Katharina Malek-Custodis (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege) vermisst die leere Radstube in der Grube Samson.  Archivfoto: Brabanski

Kein Rad ist auch keine Lösung: Montanarchäologin Katharina Malek-Custodis (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege) vermisst die leere Radstube in der Grube Samson. Archivfoto: Brabanski

Und sein Kollege Hans-Günter Schärf fügte hinzu, dass „unglaublich“ der wohl am häufigsten gehörte Ausruf der Gäste gewesen sei, die das neue Wasserrad bereits bewundern konnten. „So ein riesiges Wasserrad ist wie eine Urgewalt, wenn es sich dreht. Es treibt eine 16,5 Meter lange Pleuelstange und eine vier Meter hohe Schwinge an“, erklärte er. So eine Konstruktion beeindrucke große wie kleine Menschen.

Fünfmal in der Minute

Das Wasser, das über das nachgebaute Kunstrad läuft, stammt aus dem Oderteich, ist sehr moorhaltig und sauer. Es wird bei Bedarf aus dem Rehberger Graben genommen. Das dürfte aber selten geschehen, denn durch Niederschlagswasser gebe es ebenfalls Nachschub für das interne Liefersystem. Eine Elektropumpe transportiert das Wasser aus einem Becken hinauf in eine Rinne, über das es dann auf das Rad fällt und es antreibt. Das Wasser fließt dann wieder zurück in das Becken.

„Wenn wir Führungen anbieten, soll sich das Kunstrad fünfmal in der Minute drehen“, sagte Hans-Günther Schärf. Er unterstreicht auf Nachfrage, dass sich das Wasserrad künftig immer drehen soll, damit es stets feucht sei. So könne eine Unwucht vermieden werden. Wenn das Bergwerksmuseum geschlossen sei, soll die Zahl der Umdrehungen aber auf eine bis zwei pro Minute reduziert werden, kündigen die beiden Betreiber an. Derzeit steht es aber noch still, es werde auf ein neues Pumpensystem gewartet.

„Die Inbetriebnahme des Wasserrads am Donnerstag war für mich ein unglaublich schöner Termin und Abschluss eines einmaligen Projektes“, teilte Cordula Reulecke vom Landesamt für Denkmalpflege mit. Fördermittelgeber waren der Bund, das Land Niedersachsen, die Europäische Union, die Bingo-Stiftung, die Sparkassenstiftung und die Stadt Braunlage, berichtete Christian Barsch.

In den Räumen der Zimmerei Blümner in der Altmark ist das Wasserrad nach alten Vorlagen nachgebaut worden. Archivfoto: Brabanski

In den Räumen der Zimmerei Blümner in der Altmark ist das Wasserrad nach alten Vorlagen nachgebaut worden. Archivfoto: Brabanski

Verantwortlich für die Einsparungen im sechsstelligen Bereich waren verschiedene Faktoren. Unter anderem mussten nicht so viele Sicherungsnetze erneuert werden, wie zunächst gedacht. Dann sei es ein Glücksfall gewesen, dass die Stadt Braunlage als Auftraggeberin den ehemaligen Leiter der Städtischen Betriebe, Uwe Peters, aus dem Ruhestand geholt habe, meinte der Museumsleiter. Uwe Peters habe viel Leidenschaft für das Projekt entwickelt und es verstanden, das Team entsprechend zu motivieren. Die meisten Einzelausschreibungen konnten so an lokale Fachunternehmen vergeben werden.

Das alte Gleitlager

Das nachgebaute Wasserrad gehört zu den größten seiner Art in Deutschland. Die Eichenwelle trägt die gesamte Konstruktion, alle anderen Teile seien aus Fichtenholz hergestellt worden, erklärte der Museumsleiter. Die Lagertechnik, die das Kernstück des Wasserrads darstellt, sei wieder das im alten Bergbau verwendete Gleitlager.

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